Haben Boeing und sein Daten-Provider Bloomberg NEF recht, steht es 2033 in Deutschland nicht gut um die von der EU geforderte SAF-Beimischungsquote. Was ist das Problem?

Wenige Wochen nachdem die Europäische Union sich auf die Beimischungsquoten für nachhaltige Kraftstoffe (SAF) im europäischen Luftverkehr einigte, präsentierte Boeing sein „SAF Dashboard“. Dessen Daten lassen berechtigte Zweifel am SAF-Fahrplan der EU-Staatengemeinschaft aufkommen. Der US-Flugzeughersteller hat mit dem Dashboard nach eigenen Angaben ein Instrument geschaffen, um die erwarteten Kapazitäten für nachhaltigen Flugtreibstoff im kommenden Jahrzehnt aufzuzeigen.

Deutschland bei SAF-Produktion nur Mittelmaß

Die Analyse erfolgt auf Grundlage von Datenmaterial, das der Anbieter strategischer Forschung BloombergNEF bei SAF-Produzenten rund um den Globus gesammelt hat. Wer sich die öffentlich verfügbare, interaktive Grafik auf der Website ansieht, kann das jährlich erwartete SAF-Angebot nach Produktionsart, Standort und anderen Aspekten filtern – und sich in diversen Maßeinheiten anzeigen lassen. Die einzelnen Produktionswege umfassen die Wasserstoff-, Gas-, Alkohol- und strombasierten Arten, um SAF zu generieren.

Sollte sich die Vorhersage von BloombergNEF erfüllen, würde Deutschland selbst in zehn Jahren nicht mehr als 200 Millionen Liter SAF im Jahresdurchschnitt produzieren können. Das ist genauso viel wie die ebenfalls weit im globalen Maßstab auf die hinteren Plätze verwiesenen Staaten Australien, China oder Brasilien. Im Vergleich dazu: 2019 lag die Menge des von deutschen Airlines verbrauchten Kerosins laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft bei 11,88 Milliarden Litern. Die von der EU vorgegebene Beimischung von rund zehn Prozent SAF im Jahr 2030 wäre zumindest aus heimischer Produktion nicht zu realisieren. Der Anteil würde mit diesen Zahlen nur rund zwei Prozent betragen – ohne das prognostizierte Wachstum des Luftverkehrs in den kommenden Jahren zu berücksichtigen.

SAF-Produktion laut Boeing deutlich zu niedrig

Hat die Boeing-Prognose recht, läge die im Jahr 2033 weltweit hergestellte SAF-Produktionsmenge bei weniger als 20 Milliarden Litern. Weltweit führender Hersteller wären die USA mit geschätzten 7,4 Milliarden Litern – gefolgt von Singapur mit 1,4 Milliarden Litern. Boeing hat seinen SAF-Kalkulator entwickelt, um die Diskussion und das Handeln aller Beteiligten der Branche in Bezug auf die SAF-Verfügbarkeit anzuregen.

Die Grafik verdeutlicht, dass dies dringend erforderlich ist, um das Ziel der kommerziellen Luftfahrtindustrie zu erreichen, ab 2050 keine Netto-CO2-Emissionen mehr zu verursachen. Gibt es keine entscheidende Erhöhung der Produktionsmenge, könnte der Wunsch, ab 2050 klimaneutral zu fliegen, ein solcher bleiben. „SAF reduziert die CO2-Emissionen um bis zu 85 Prozent, und bietet damit das größte Potenzial, die Luftfahrt in den nächsten 30 Jahren zu dekarbonisieren“, meint Chris Raymond, Chief Sustainability Officer von Boeing. Wenn es denn verfügbar sein wird …