Deutlich langsamer als erhofft erholte sich die Nachfrage nach Flugreisen im ersten Halbjahr laut der jüngsten BDL-Untersuchung. Schuld war die Omikron-Variante des Coronavirus.

„Eine so deutliche Abweichung der realen Nachfrage gegenüber den Planungen und Vorhersagen ist beispiellos. Das volatile Infektionsgeschehen und das damit verbundene Hin und Her bei Reisebeschränkungen und Reisewarnungen hat eine verlässliche Kalkulation des Reiseverhaltens unmöglich gemacht“, erklärte Jost Lammers, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Anfang August.

Er bezog sich damit auf eine Besonderheit der Halbjahresbilanz 2022 des BDL: Während das Flugangebot im ersten Quartal noch lediglich 51 Prozent des 2019er-Werts erreichte, stieg es mit dem Sommerflugplan um 24 Prozentpunkte auf 75 Prozent an.

Schwaches erstes Quartal für die deutsche Luftverkehrswirtschaft

Die Bilanz weist ein coronabedingt schwaches erstes Quartal für die deutsche Luftverkehrswirtschaft aus, auf das dann aber ein sprunghafter Anstieg der
Nachfrage an Flügen folgte, wie man ihn zuvor so noch nicht erlebt hat. Für die Bilanz zog der BDL von vornherein die Zahlen aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 zum Vergleich heran, da die Veränderungen zu den beiden Coronajahren 2020 und 2021 mit ihren Lockdowns kaum als Maßstab gelten können.

Recht reges Treiben herrscht auch wieder an kleineren Verkehrsflughäfen wie Weeze.

Jetzt wieder auf die Beine zu kommen, ist natürlich auch aus BDL-Sicht eines der Hauptprobleme. Engpässe werden aber nicht nur beim Personal, sondern auch im Luftraum konstatiert. Wegen Luftraumsperrungen in Russland im Zuge des Angriffs auf die Ukraine und der zugleich reduzierten Kapazitäten der französischen Flugsicherung ächzt es am Himmel über Deutschland. Hierzulande müssen deutlich mehr Überflüge abgewickelt werden als gewohnt, obwohl an vielen Stellen das nötige Personal dafür fehlt.

Bedarf an innerdeutschen Flügen ist stark zurückgegangen

Lösungen könnten sich aus Sicht Lammers in einem erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen aus Drittstaaten, einer beschleunigten Verwaltungspraxis der Zuverlässigkeitsüberprüfungen sowie einer organisatorischen und technischen Weiterentwicklung der staatlich durchgeführten Sicherheitskontrollen eröffnen. Die Abläufe beim Check-in, beim Boarding und über kurz oder lang auch bei den Grenzkontrollen wolle die gesamte Branche mittels Digitalisierung und Biometrie beschleunigen.

Interessant für die Luftverkehrsentwicklung ist darüber hinaus die jüngste Verkehrsstromanalyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Seitdem die allgemeine Nachfrage wieder anzieht, ist der Bedarf nach innerdeutschen Flügen gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 laut DLR überproportional zurückgegangen. Lediglich 24 Prozent der Passagiere aus dem Vor-Corona-Jahr seien für die Flüge mit Start und Endziel in Deutschland gezählt worden. Insbesondere sei das auf eine Verlagerung dieses Verkehrs auf die Schiene zurückzuführen, heißt es.

Deutscher Luftverkehr entwickelt sich langsamer als andere europäische Staaten

Die BDL-Bilanz für das erste Halbjahr weist ein Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen von durchschnittlich 59 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 aus, bei einem Flugangebot von 65 Prozent dessen aus dem Vergleichshalbjahr. Die Corona-Reisewarnungen des ersten Quartals im Zuge von Omikron hätten dazu geführt, dass sich der deutsche Luftverkehr im Vergleich zu dem in anderen europäischen Staaten langsamer entwickelt habe.

Etwas Zuversichtliches hat der BDL auf Basis seiner Untersuchung aber auch zu berichten: „Im deutschen Luftverkehr wurden am Ende des ersten Halbjahres 92 Prozent der Strecken des Jahres 2019 wieder bedient, gleichzeitig lag das Sitzplatzangebot bei 75 Prozent“, wird festgestellt.

Text: Henrik Bruns