Vor genau 100 Jahren wurde in Bremen die Focke-Wulf Flugzeugbau A.G. aus der Taufe gehoben. Zu den Namensgebern der Aktiengesellschaft zählte der Konstrukteur Henrich Focke, der weit über die Grenze der Hansestadt hinaus Berühmtheit erlangen sollte.

Vorausschauend waren sie, die Bremer Stadtväter, als sie sich 1920 dafür aussprachen, dem Flugzeugbau an der Weser eine Chance zu geben. Denn im Luftverkehr sahen sie ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten. Allerdings wurden die ausgewiesenen Kaufleute von dem einen oder anderen Hansestädter auch für verrückt erklärt, hatte der nach dem Ersten Weltkrieg geschlossene Versailler Vertrag (1919) doch den Deutschen den Aufbau einer zivilen Luftfahrt extrem erschwert. Hintergrund war die Furcht vor einer Wiederaufrüstung.

Der Ingenieur Henrich Focke, neben dem Roland zweifellos einer der berühmtesten Söhne der Stadt, war jedoch in seinem Element. Das erste Nachkriegs-Flugzeug aus der Feder des Konstrukteurs, die A VII mit Namen „Storch“, entstand noch im Keller des Focke-Museums. Georg Wulf flog die Maschine 1921 ein. Der Praktiker galt schnell als das ideale Pendant zum Theoretiker Focke. Das Saatkorn war gelegt.

Die A VII „Storch“ 1921 in Bremen. Georg Wulf, rechts im Bild, flog das erste Nachkriegsflugzeug aus Henrich Fockes Feder ein.
Die A VII „Storch“ 1921 in Bremen. Georg Wulf, rechts im Bild, flog das erste Nachkriegsflugzeug aus Henrich Fockes Feder ein. Bild: Airbus

Am 24. Oktober 1923 gründeten die Kaufleute Otto Bernhard, Otto Schurig und Ludwig Roselius sowie Henrich Focke als Konstruktionsleiter, Georg Wulf als Erprobungsleiter und Dr. Werner Naumann als kaufmännischer Leiter die Bremer Flugzeugbau A.G., die am 1. Januar 1924, also vor genau 100 Jahren, in Focke-Wulf Flugzeugbau A.G. umbenannt wurde.

In der A 16 sitzen drei Passagiere in einer geschlossenen Kabine

Bereits im Sommer konnte das auf dem Neuenlander Feld ansässige Unternehmen sein erstes Passagierflugzeug auf den Markt bringen: die A 16. In ihr saßen drei Passagiere in einer geschlossenen Kabine – ein Luxus in jener Zeit. Lediglich der Pilot fror sich weiterhin die Nase ab. Angetrieben wurde der Eindecker von einem 75 PS starken Sternmotor von Siemens & Halske, der für Höchstgeschwindigkeiten um die 135 km/h sorgte. Sogar die frisch gegründete Luft Hansa, die sich in frühen Tagen noch in zwei Wörtern schrieb, flottete einige A 16 ein.

Die A 16 der Bremer Focke-Wulf Flugzeugbau A.G. war das erste in Bremen entwickelte Verkehrsflugzeug und kam im Sommer 1924 auf den Markt. Der Eindecker überraschte die Experten, denn er galt als untermotorisiert, aber passagierfreundlich. Die junge Luft Hansa kaufte einige Exemplare.
Die A 16 der Bremer Focke-Wulf Flugzeugbau A.G. war das erste in Bremen entwickelte Verkehrsflugzeug und kam im Sommer 1924 auf den Markt. Der Eindecker überraschte die Experten, denn er galt als untermotorisiert, aber passagierfreundlich. Die junge Luft Hansa kaufte einige Exemplare. Bild: Airbus

Berühmt aber wurden andere Modelle Fockes, dessen Unternehmen bereits 1926 in Norddeutsche Luftverkehr AG umbenannt worden war. Beispielsweise die 1927 vorgestellte F 19 „Ente“ – bei einem Erprobungsflug verunglückte Georg Wulf tödlich. Oder der erste brauchbare Hubschrauber, die Fw 61, den die glühende Hitler-Anhängerin Hanna Reitsch unter anderem 1938 in der Berliner Deutschland-Halle im Flug präsentierte. 1932 hatte Henrich Focke mit der Konstruktion begonnen, allerdings schied er selbst 1933 aus der Unternehmensführung aus, und die technische Leitung übernahm Kurt Tank.

Das 1937 fertiggestellte viermotorige Großflugzeug Fw 200 „Condor“ fiel schon nicht mehr in Fockes Ägide, sondern war von Andreas von Faehlmann und Ludwig Mittelhuber entwickelt worden. Mit diesem Flugzeugtyp flog eine Lufthansa-Besatzung 1938 ohne Tankstopp von Berlin-Staaken nach New York – in Weltrekordzeit.

Airbus übernahm Focke-Wulf Flugzeugbau

Nach dem Zweiten Weltkrieg räumten die Alliierten die Werkshallen aus, ab 1947 zog Nordmende ein. 1951 nahm das Flugzeugbau-Unternehmen wieder seine Produktion auf, zunächst entstanden Segelflugzeuge, ab 1955 dann auch Motorflugzeuge. 1963 fusionierte der Hersteller mit der Weser-Flugzeugbau GmbH zu den Vereinigten Flugtechnischen Werken (VFW), die wiederum später in der EADS und schließlich in Airbus aufgingen.