Mit einem komplett neuen Terminal hat sich der internationale Flughafen von Kansas City für die Zukunft gerüstet. Die 1,5 Milliarden US-Dollar teure Investition gilt als die größte in der Geschichte der im US-Bundesstaat Missouri gelegenen Stadt.

Zugegeben, est ein bisschen kompliziert. Zur Erklärung könnte deshalb ein Blick auf die Karte der USA helfen: Im Mittleren Westen – dort, wo sich Rinderzüchter und Maisfarmer „Gute Nacht“ sagen könnten, wenn der nächste Nachbar nicht so fern wäre – liegen die Bundesstaaten Kansas und Missouri. Direkt aneinandergrenzend, von West nach Ost betrachtet und vom Fluss Missouri getrennt. So weit, so gut.

Zwei Städte namens Kansas City

Wäre da nur nicht folgende Kuriosität: In beiden Bundesstaaten ist eine Stadt namens Kansas City zu finden. Beide, ebenfalls lediglich einen Steinwurf voneinander entfernt, werden nur vom bereits angesprochenen Fluss getrennt. In Deutschland vergleichbar mit dem rheinland-pfälzischen Mainz und dem hessischen Wiesbaden, die der Rhein trennt, die sich allerdings, das war das Mindeste, unterschiedliche Namen gegönnt hatten. In den USA dagegen ging im 19. Jahrhundert bei der Besiedlung gen Westen offenbar die Fantasie aus.

Das 1853 in Missouri gegründete Kansas City und das 1868 entstandene Kansas City, Kansas, verweisen heute mit Stolz auf ihre unterschiedlichen Historien und Administrationen, feiern ihre Individualität. Doch dass das inzwischen mit 500000 Einwohnern deutlich größere Kansas City, Missouri, Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre eine bestehende Infrastruktur zum heutigen Kansas City International Airport ausgebaut hat, kommt heute der gesamten Metropolregion mit ihren zwei Millionen Einwohnern zugute – über alle Bundesstaatengrenzen hinweg.

Kansas City Airport IATA-Code: MCI

Die Wurzeln des Flughafens reichen bis in die fünfziger Jahre zurück. Weil bei einer Flut 1951 wichtige Gebäude und Einrichtungen des in den zwanziger Jahren entstandenen Fairfax Airports zerstört worden waren, sollte ein Neubau nordwestlich in Platte County, Missouri, her, zumal der innerstädtische Flughafen insbesondere mit Blick auf das kommende Jetzeitalter keine langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten bieten konnte.

Mehrgeschossige Bauweise des neuen Terminals: Ganz unten befindet sich die Ankunftsebene, darüber die Abflugebene. Links im Bild: das Parkhaus mit 6200 Pkw-Stellflächen. Bild: Foto: Sebastian Thoma

1954 starteten die Bauarbeiten, 1956 konnte bereits die erste Start- und Landebahn des Mid-Continent International Airports – benannt nach dem einstigen Homecarrier – eingeweiht werden. Daher auch der bis heute gültige IATA-Code MCI. Nur: Kaum eröffnet, standen zunächst einmal keine Linienflüge auf dem Programm. Platzhirsch Mid-Continent Airlines war längst von Braniff übernommen worden. Lediglich Trans World Airlines (weltbekannt als TWA) nutzte den Airport zunächst für Wartungsarbeiten.

Geschichte des Flughafens

Bis 1966 sahen sich die Bürger von Kansas City den partiellen Leerstand an, dann hatten sie genug und votierten für einen Ausbau der Anlage zum Hauptflughafen der Stadt. Bereits 1972 knallten vor Ort die Sektkorken. Der damalige Vizepräsident Spiro Agnew gratulierte persönlich zur Einweihung des nun Kansas City International Airport heißenden Flughafens.

Klar, man kann auch laufen. Doch Laufbänder rechts und links erleichtern den Passagieren den Fußmarsch zu den Concoursen A und B. Bild: Foto: Sebastian Thoma

Stolz waren die Verantwortlichen auf ihre drei neuen, eingeschossigen Abfertigungsgebäude, die in ihrer Konzeption stark an Berlin-Tegel erinnern. Die Wege waren kurz. TWA warb mit dem „Drive to Gate“-Prinzip, mit nur „23 Meter Strecke von der Straße bis zum Flugzeug“. Überhaupt war die Airline während der Konzeption stark in alle nur denkbaren Design-Entscheidungen involviert worden. Allerdings setzte der Carrier sein ursprüngliches Vorhaben, in Kansas City ein Drehkreuz einzurichten und vor Ort Boeing 747 zu stationieren, dann doch lieber anderswo um. Für den Hub-Verkehr eigneten sich die existenten Terminals nun wirklich nicht – erst recht nicht, als in den siebziger Jahren in den USA nach diversen Flugzeugentführungen Sicherheitskontrollen eingeführt werden mussten.

Kansas City WM-Spielort

Kaum gebaut und schon veraltet: Über Jahrzehnte hinweg galt der Kansas City International Airport somit als Kompromiss mit vielen Notlösungen. Erst vor einem Jahr folgte die Zeitenwende. Am 28. Februar 2023 eröffnete der Betreiber, das Kansas City Aviation Department, nach vier Jahren Bauzeit offiziell das neue Terminal, mit dem der Flughafen in der Neuzeit angekommen ist.

Der Low-Coster Southwest ist mit einem Marktanteil von annähernd 50 Prozent die klare Nummer eins am Kansas City International Airport. Bild: Foto: Sebastian Thoma

Und das mehr als rechtzeitig vor der 2026 anstehenden Fußballweltmeisterschaft. Kansas City ist eine von elf US-amerikanischen Spielstätten des in Nordamerika stattfindenden Events. Der Welt möchte sich die Stadt schließlich von ihrer besten Seite präsentieren.

Was steckt hinter dem Hype um Taylor Swift?

Nun stellt sich natürlich die Frage, wieso und was hat der derzeit größte Pop-Star der Welt etwas mit dem Kansas City Airport zu tun? Eigentlich ist das aber relativ einfach: Taylor Swift datet seit einiger Zeit den NFL-Star Travis Kelce. Dieser spielt in Kansas und lockte die berühmte Sängerin daher immer wieder zu den Spielen des Teams. Das Spektakel der Anreise verfolgten meist hunderttausende Fans über Flightradar24. Eine so hohe Aufmerksamkeit dürfte dem Kansas City Airport sonst nicht zu Teil werden.

Vorbild für ähnliche Projekte

Das neue Tor zur Region entstand dort, wo einst das Terminal A zu finden war, das für das Projekt 2019 abgerissen werden musste. Mit annähernd 120 000 Quadratmetern Nutzfläche und einem Budget von 1,5 Milliarden US-Dollar gilt der von SOM Architects designte Bau als das größte einzelne Infrastrukturprojekt der Stadt. Und er dient als gutes Beispiel: „Dieser Flughafen ist in vielerlei Hinsicht ein Vorbild für ähnliche Projekte im ganzen Land“, erklärte dieses Mal der zur Gratulation eingeflogene US-Verkehrsminister Pete Buttigieg.

Im Osten des Flughafengeländes sind die Wartungshangars zu finden. Bild: Foto: Sebastian Thoma

Kosten- als auch Zeitrahmen seien eingehalten worden, hob der Politiker hervor. Derweil ergänzte der Bürgermeister der Stadt Quinton Lucas: „Dank dieses Projekts werden wir Millionen, wenn nicht gar Milliarden US-Dollar an neuer wirtschaftlicher Entwicklung nach Missouri und Kansas bringen.“

Moderne Technologie, Fluggastbrücken der Zukunft

Aus drei wurde eins gemacht: Nun ist alles unter einem Dach zu finden. Mit dem neuen H-förmigen Single-Terminal schuf Kansas City einen Garanten für effizienteren Flugbetrieb, ausgestattet mit modernster Technologie und Equipment. Und einen Ort von besonderer Aufenthaltsqualität für jene Passagiere, die ihn nutzen.

Die Terminals B und C werden abgerissen, lediglich die zu ihnen gehörenden Parkhäuser bleiben vorerst erhalten. Bild: Foto: Sebastian Thoma

Ausreichend Platz ist im Mittleren Westen bekanntlich noch nie das Problem gewesen. Das Flughafenareal misst immerhin 4311 Hektar, und so sind auch die lichtdurchfluteten Abfertigungsbereiche des neuen Komplexes ausgesprochen geräumig gestaltet. Die bislang 40 Gates mit aktuell 39 Fluggastbrücken können in der Zukunft unkompliziert auf bis zu 50 Boardingbereiche erweitert werden. Der Flughafen Kansas betont in diesem Zusammenhang gern, dass er derzeit einer von nur wenigen US-Airports sei, der über gläserne Fluggastbrücken verfüge.

Sicherheitskontrolle sollen Flughafenverkehr ermöglichen

Die zentrale Sicherheitskontrolle mit 16 Spuren wurde flexibel konzipiert, um mit dem erwartbar steigenden Passagieraufkommen Schritt halten zu können. Etwa 50 regionale und internationale Restaurants, Bars und Shops zählen zum Angebot. Eine Delta-Sky-Club-Lounge mit Platz für rund 200 Wartende darf natürlich auch nicht fehlen. Im Ankunftsbereich wird das Gepäck an sieben Bändern herausgegeben. Die gesamte hochmoderne Förderanlage kann 3000 Koffer und Gepäckstücke pro Stunde sortieren und transportieren. Laufbänder zwischen den Concoursen A und B erleichtern den Fluggästen den Weg.

Im Bereich Fracht hat FedEx in Kansas City klar die Nase vorn. Bild: Foto: Sebastian Thoma

Zu den inneren Werten des Terminals zählen darüber hinaus zahlreiche installierte Kunstobjekte in einem Gesamtwert von etwa fünf Millionen US-Dollar. Das wohl Auffälligste ist eine riesige LED-Installation unmittelbar hinter der Sicherheitskontrolle – eine Hommage an Kansas City, die gemeinhin als Stadt der Wasserfontänen gilt. Von echtem Nass hatten die Verantwortlichen Abstand genommen, steht das Kunstobjekt doch direkt über der Gepäckförderanlage. Ein Wasserschaden könnte schnell den gesamten Flughafen lahmlegen.

Genderneutrale Toiletten und Inklusionsprojekte

Aufhorchen lassen zudem die umgesetzten Inklusionsprojekte. Genderneutrale Toiletten? Spezielle Wartebereiche für reizempfindliche Passagiere wie beispielsweise autistische Menschen? All das bietet der Kansas City International Airport. Selbst an flugängstliche Passagiere wurde gedacht: Im Terminal steht ein A320-Kabinen-Simulator, in dem sich Flugbegleiter und Piloten um die Betroffenen kümmern.

Die alten Gebäude – in Terminal B wurden zuletzt rund zwei Drittel des Fluggastaufkommens abgefertigt – sind seit der Eröffnung den neuen Abfertigungsgebäudes geschlossen und sollen nun sukzessive abgerissen werden. Das Parkhaus des Terminals B dient derweil als Mitarbeiterparkplatz. Das Parkhaus des Terminals C wird künftig als öffentlicher Parkplatz genutzt.

FedEx nutzt Frachtumschlag

Weiter nördlich der Passagierabfertigung ist der Frachtumschlag zu finden. Die Nummer eins vor Ort ist mit einem Marktanteil von fast 45 Prozent FedEx, gefolgt von UPS (23 Prozent) und Atlas Air (6,4 Prozent). Im Osten des Geländes stehen nach wie vor die Maintenance-Anlagen. Hier werden A320 zu Frachtern umgebaut oder die 737-Flotte der Delta Air Lines mit neuen Kabinen ausgestattet, allerdings auch ältere Flugzeuge ausgeschlachtet und verschrottet.

2022 wurden am Kansas City International Airport rund 9,8 Millionen Passagiere abgefertigt, 28 Prozent mehr als 2021, allerdings noch deutlich weniger als im Vor-Coronajahr 2019 (11,8 Millionen) und im Rekordjahr 2018 (11,9 Millionen). Doch der Aufwärtstrend hält an. Zwischen Anfang Januar und Ende Oktober 2023 konnten am Airport bereits wieder 9,7 Millionen Passagiere begrüßt werden, was schon einmal auf ein gutes Ergebnis für das Gesamtjahr 2023 hinweist.

Southwest fördert Standort Kansas City

Die meisten Passagiere flogen zwischen September 2022 und August 2023 an Bord von Southwest, immerhin fast fünf Millionen. Der Marktanteil des Low-Cost-Carriers beträgt in Kansas City 46 Prozent; er steht somit unangefochten an der Spitze des Airline-Rankings. Delta Air Lines kommt auf

rund 1,6 Millionen Reisende und somit einen Marktanteil von 15 Prozent, American Airlines folgt auf Platz drei mit annähernd 1,5 Millionen Passagieren und einem Anteil von fast 14 Prozent. Die passagierstärksten Ziele hießen in diesem Zeitraum Denver, Atlanta, Dallas/Fort-Worth, Phoenix und Chicago-O’Hare.

Und auch Neukunden konnten dank des neuen Terminals akquiriert werden. Sun Country Airlines beispielsweise hat im Mai saisonale Flüge zwischen Kansas City und Minneapolis-St. Paul aufgenommen. Zum Einsatz kam zweimal pro Woche eine Boeing 737-800. Die Airline war somit die elfte Linienfluggesellschaft im Portfolio des Airports.

Tatsächlich lag es jedoch am Platzhirschen Southwest, den Rückenwind des neuen Terminals zu nutzen, um international zu klotzen, statt zu kleckern. Der Low-Cost-Carrier nahm inzwischen Nonstopflüge nach Montego Bay, Jamaika, und San José del Cabo, Mexiko, ins Programm. Darüber hinaus erhöhte das Unternehmen seine Frequenzen nach Cancun, Mexiko, auf tägliche Flüge.

Neue Verbindungen sichern dem Flughafen die Zukunft

Im kommenden Sommer möchte Southwest außerdem Verbindungen zum Hollywood Burbank Airport (tägliche Flüge) sowie zum John Glenn Columbus International Airport (einmal pro Woche) anbieten, somit ihr Angebot im Vergleich zum vergangenen Sommer um sechs tägliche Abflüge erweitern und die Frequenzen zu bestehenden Zielen erhöhen. Dazu gehören die Verbindungen zum Baltimore/Washington International Thurgood Marshall Airport, nach Nashville, Pensacola und zum St. Louis Lambert International Airport.

Keine Frage: Southwest sorgt dafür, dass der Kansas City International Airport mit mehr und mehr Städten in Nordamerika verknüpft wird und immer stärker ins Bewusstsein der Menschen rückt. Übrigens: Ein kleiner Hinweis für jene Fußball-Fans, die in knapp zweieinhalb Jahren ein WM-Spiel in Kansas City besuchen möchten: Das Stadion befindet sich in Kansas City, Missouri. Nicht in Kansas City, Kansas.

Text: Astrid Röben