Berlin Berlins Regierungschef Wowereit kann weiterregieren. Doch wie geht es jetzt weiter? Die Probleme des Flughafens sind nicht gelöst. Er verschlingt weitere Steuergelder. Und angezählt ist Wowereit allemal. Klaus Wowereit nimmt das Ergebnis mit gefalteten Händen entgegen. Sein Gesicht bleibt regungslos, als am Samstag das Berliner Abgeordnetenhaus über seine Zukunft als Regierender Bürgermeister abgestimmt hat. […]

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Berlins Regierungschef Wowereit kann weiterregieren. Doch wie geht es jetzt weiter? Die Probleme des Flughafens sind nicht gelöst. Er verschlingt weitere Steuergelder. Und angezählt ist Wowereit allemal.

Klaus Wowereit nimmt das Ergebnis mit gefalteten Händen entgegen. Sein Gesicht bleibt regungslos, als am Samstag das Berliner Abgeordnetenhaus über seine Zukunft als Regierender Bürgermeister abgestimmt hat. Das Misstrauensvotum gegen den SPD-Regierungschef wegen der beispiellosen Pannenserie am Flughafen ist so klar gescheitert wie von der rot-schwarzen Regierungskoalition vorausgesagt. Erleichterung oder Freude sind bei Wowereit nicht zu erkennen. Er weiß, dass die Probleme am fehlgeplanten und -gebauten Flughafen durch den überstandenen Abwahlantrag weder für ihn noch das Milliardenprojekt gelöst sind.

Doch öffentlich muss wieder Stärke und Geschlossenheit demonstriert werden. So eilt der 59-Jährige nach den ersten Gratulationen ins Parlamentsfoyer, um seine Botschaften zu verkünden. «Ich hatte keinen Zweifel, dass die Mehrheit des Abgeordnetenhauses mir das Vertrauen ausspricht» und «Der Flughafen muss jetzt schnell zu Ende gebaut werden». Wowereit ist nach außen hin wieder oben auf.

Der heftig kritisierte Regierungs- und Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft weist erneut Spekulationen zurück, er könnte früher als 2016 abtreten. «Ich bin für die volle Legislatur gewählt und werde das Amt auch ausüben», sagt er – unbeirrt von bohrenden Nachfragen – in Kameras und Mikrofone.

Rückendeckung erhält der deutliche angeschlagene SPD-Politiker am Wochenende auch von oberster Stelle. SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigt zwar Verständnis für die Kritik an Wowereit. Denn der Flughafen belaste den Steuerzahler und die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt, sagt er im Deutschlandfunk. Aber die Vorwürfe gegen Wowereit seien auch ein Stück unfair. «Ein Aufsichtsratsvorsitzender führt nicht die Geschäfte eines Unternehmens», so Gabriel.

Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer – gewiss kein Freund des schillernden SPD-Politikers – nimmt Wowereit als Chef des Aufsichtsrates indirekt in Schutz. Auch er könne den Ärger der Steuerzahler verstehen, sagt der CSU-Politiker der «Bild am Sonntag». Doch die Aufsichtsräte – vor allem des Bundes – seien nach Untersuchungen der Sonderkommission in seinem Hause bisher ihren Pflichten nachgekommen. «Unsere Soko hat festgestellt, dass der Aufsichtsrat fehlerhaft bzw. nicht umfassend vom Flughafen-Management unterrichtet worden ist.»

Doch Wowereit ist deutlich angezählt. Vor der Bundestagswahl 2009 noch als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt, ist davon schon lange keine Rede mehr. Auch in der Landespartei ist seine bis zum Flughafen-Chaos unangefochtene Autorität beschädigt. Sein dramatischer Popularitätsabsturz bei den Berlinern und sein letztlich hilfloses Krisenmanagement beim Flughafen-Desaster haben sein Gewinner- und Macherimage ruiniert.

Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU standen zwar so geschlossen zu Wowereit wie angekündigt. Doch das hat auch strategische Gründe: Die SPD hat keinen Nachfolger. Wowereit hat keinen «Kronprinzen» zugelassen, der ihm hätte gefährlich werden können. «Alles Lachnummern außer Klaus», titelte die Tageszeitung «taz» kürzlich.

Und die CDU traut sich den offenen Putsch nicht zu. Sie muss das Regieren nach zehn Jahren in der Opposition erst wieder lernen. Zwei für die CDU angetretene Senatoren mussten schon ihren Hut nehmen. Und CDU-Chef Frank Henkel zeigte sich als Innensenator bei der Aufklärung des NSU-Skandals um die Nichtweitergabe von Informationen Berliner Sicherheitsbehörden wenig souverän. Zudem fehlt der CDU ein alternativer Koalitionspartner. Die Grünen können sich für die Konservativen nach wie vor nicht erwärmen.

So bleibt Wowereit Frontmann auf Zeit. Die mit ihrem Abwahlantrag gescheiterte Opposition denkt nun über ein Volksbegehren zur Erzwingung einer Neuwahl nach.