Vom Prestige-Objekt zum „Fluchhafen“

Berlin Es droht eine unendliche Geschichte zu werden. Die Hiobsbotschaften über den Berliner «Pannenflughafen» reißen nicht ab. Größte Baustellen: Der neue Eröffnungstermin und das liebe Geld. Der einst so hochgelobte Hauptstadtflughafen im Süden Berlins ist zum «Fluchhafen» geworden. Eröffnung schon zweimal verschoben, Brandschutz durchgefallen, Vertuschungsvorwürfe, Kostenexplosion und teure Nachbesserungen beim Lärmschutz. Jetzt findet die Pannenserie […]
Berlin
Es droht eine unendliche Geschichte zu werden. Die Hiobsbotschaften über den Berliner «Pannenflughafen» reißen nicht ab. Größte Baustellen: Der neue Eröffnungstermin und das liebe Geld.
Der einst so hochgelobte Hauptstadtflughafen im Süden Berlins ist zum «Fluchhafen» geworden. Eröffnung schon zweimal verschoben, Brandschutz durchgefallen, Vertuschungsvorwürfe, Kostenexplosion und teure Nachbesserungen beim Lärmschutz. Jetzt findet die Pannenserie ihren vorläufigen Höhepunkt: Der neue – inzwischen dritte – Eröffnungstermin im März 2013 scheint in Gefahr. Und das kurz bevor der Aufsichtsrat an diesem Freitag wohl auch noch eine Hiobsbotschaft in Sachen Kosten verkünden muss.
Was kann eigentlich noch alles passieren?, mag man sich fragen. Der Flughafen, das musste auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zugeben, sei wahrlich «kein Ruhmesblatt» mehr. Schon vor dem Eröffnungsdebakel explodierten die Kosten, inzwischen sind es knapp drei Milliarden Euro; ursprünglich waren 2,4 Milliarden bewilligt worden. Grobe Planungsfehler, lautet der Vorwurf von Branche und Politik. Die große Frage: Wer ist schuld?
Doch viel gewichtiger sind die Zweifel eines Brandenburger Landrats. Der Flughafen bekomme die Probleme mit dem Brandschutz offenbar nicht in den Griff, sagt Stephan Loge vom Landkreis Dahme-Spreewald. Der Kreis habe daher «vorsorglich seine Bedenken zum Betriebsaufnahmetermin am 17.03.2013» mitgeteilt, hieß es diese Woche lapidar. Das sollten die Flughafen-Planer ernst nehmen, denn genau dieser Landkreis, auf dessen Gebiet der Airport liegt, hatte im Frühjahr die Unterschrift für die Eröffnung am 3. Juni verweigert und das Desaster aufgedeckt.
Er habe derzeit «keine Erkenntnisse, dass dieser Termin nicht steht», sagt Aufsichtsratschef Wowereit am Donnerstag. Was das Landratsamt schreibe, habe wenig Substanz. «Grundsätzlich nehmen wir die Äußerungen des Landkreises ernst», kündigte Flughafensprecher Ralf Kunkel an. Aus Sicht des Flughafens sei der Eröffnungstermin nicht gefährdet.
Fest steht aber: Beim Termin im März gibt es zeitlich kaum Puffer. Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) nannte den Zeitplan schon vor Wochen «ehrgeizig». Jede weitere Verschiebung droht nicht nur dem bröckelndem Image der Hauptstadt zu schaden, sie kostet auch. Allein entgangene Gebühren und Mieteinnahmen reißen bei der Flughafengesellschaft jeden Monat ein Minus von 15 Millionen Euro. Dazu kommen Schadenersatz-Forderungen beispielsweise von Airlines. Genaue Summen werden wohl kaum vor März feststehen.
Bei der Flughafengesellschaft ist der Finanzpuffer jedoch längst aufgebraucht. Zeitungen spekulieren sogar, sie könnte Pleite gehen. Geschäftsführung und Aufsichtsrat hätten den Überblick über die Kosten verloren, sagt die Berliner Opposition. Einspringen müssen dann wohl die Gesellschafter – die Länder Berlin und Brandenburg, die je 37 Prozent der Anteile halten, sowie der Bund (26 Prozent).
Summiert man die Pannen am Hauptstadtflughafen, kommt schnell der Vorwurf totaler Fehlplanung auf. «Wenn man sich anschaut, dass der Flughafen nahezu doppelt so groß geworden ist, wie ursprünglich geplant, kann man sich schon fragen, wie man jemals glauben konnte, den Kosten- und Finanzrahmen einzuhalten», spottet die Berliner Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Dabei gilt der Airport schon vor seiner Eröffnung als viel zu klein. Check-In-Schalter in Zelten, Gepäcktransporte über das Rollfeld und zu wenig Flugzeug-Parkplätze am Terminal – die Kritikliste ist lang.
Doch mit seiner scheinbar unendlichen Pannenliste ist der Hauptstadtflughafen noch nicht einmal eine Ausnahme. Turbulenzen vor dem Start, das gab es auch schon bei Großprojekten wie Stuttgart 21 oder der Elbphilharmonie in Hamburg. Fast schon vergessen: das gescheiterte Prestige-Projekt Transrapid. Bleibt der Trost, dass es so schlimm beim Berlin-Brandenburger Flughafen nicht kommen kann.
Quelle: Theresa Münch, dpa