Platzeck verteidigt Strategieschwenk
Potsdam/Berlin Auch wenn Wowereit schimpft, Brandenburg mache sich vom Acker – Platzeck bleibt dabei: Er will mehr Nachtruhe am Hauptstadtflughafen. Nach Brandenburgs Kehrtwende hin zu mehr Nachtruhe am neuen Hauptstadtflughafen ist noch unklar, wie Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sich durchsetzen will. Ein Kompromiss mit Berlin scheint unwahrscheinlich. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schimpfte im […]
Potsdam/Berlin
Auch wenn Wowereit schimpft, Brandenburg mache sich vom Acker – Platzeck bleibt dabei: Er will mehr Nachtruhe am Hauptstadtflughafen.
Nach Brandenburgs Kehrtwende hin zu mehr Nachtruhe am neuen Hauptstadtflughafen ist noch unklar, wie Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sich durchsetzen will. Ein Kompromiss mit Berlin scheint unwahrscheinlich. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schimpfte im Abgeordnetenhaus: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass sich Brandenburg hier im wahrsten Sinne des Wortes vom Acker macht.“ Brandenburg will das bisher geplante Flugverbot von 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr ausweiten. Anlass ist ein erfolgreiches Volksbegehren, das Nachtruhe von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr fordert.
„Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg“, sagte Rechtsanwältin Franziska Heß gestern im Infrastrukturausschuss des Landtags. Die Initiatoren des Volksbegehrens hatten sie in den Ausschuss geschickt. Der Flughafenkoordinator des Landes, Rainer Bretschneider (SPD), äußerte sich dazu jedoch zurückhaltend.
Nach Ansicht der Juristin Heß könnte Brandenburg Berlin etwa zu einer Änderung des Landesentwicklungsplans zwingen oder im Alleingang den Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen ändern. Das sei möglich, wenn sich die Sachlage verändert habe. Bretschneider sagte am Rande der Sitzung: „Wir teilen die Auffassung der Expertin, jedoch liegt keine veränderte Sach- und Rechtslage derzeit vor.“ Für einen Alleingang brauche das Land wirklich gute Gründe.
Der Sprecher des Aktionsbündnisses für ein striktes Nachtflugverbot, Matthias Schubert, sagte, ein neuer Ansatz könne es sein, den Fluglärm zu kontingentieren. Der Flughafen müsse dann durch technische Veränderungen den Lärm um einen gewissen Prozentsatz pro Jahr mindern. Mit einem Lärmkontingent arbeitet auch der Flughafen München.
Die Fraktionen von SPD und Linkspartei hatten am Mittwochabend erklärt, sich ohne Einschränkungen dem Volksbegehren gegen Flüge in den Nachtzeiten anschließen zu wollen und einen entsprechenden Antrag im Landtag zu stellen. SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher stellte klar, was das bedeutet: „Nachtzeiten hat das Bundesverwaltungsgericht auch einmal so definiert, 22 bis 6 Uhr, das heißt, das ist erst mal der Auftrag.“
Platzeck verteidigte sich erneut gegen Kritik. Den Vorwurf, er verletze mit seinem Nachtflug-Kurs seine Pflichten als Flughafen-Aufsichtsratschef, wies er zurück. In der Funktion habe er auch dafür zu sorgen, dass die Menschen in der Region mit diesem Projekt leben können, sagte Platzeck im RBB-Inforadio.
Der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, forderte Platzeck im „Tagesspiegel“ auf, den Aufsichtsratsvorsitz wieder aufzugeben. Schubert wies die Berliner Empörung zurück. „Die Brandenburger sollen die Lasten tragen, und den vermeintlichen Nutzen eines Hauptstadtflughafens mit Nachtflugbetrieb verbucht Berlin.“ Es gebe keinen Bedarf für Nachtflüge.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen sprach sich gegen weitere Nachtflugeinschränkungen aus.
Quelle: dpa