Berlin Ein Untersuchungsausschuss soll endlich das Chaos beim Bau des Hauptstadtflughafens entwirren. Ausgerechnet den Piraten fällt die Leitung zu. Sie setzen auf den «Aktenzeichen XY»-Effekt. Bislang haben sie vor allem mit Gezänk und Skandälchen geglänzt – jetzt stehen die Berliner Piraten vor ihrer großen parlamentarischen Bewährungsprobe. Ausgerechnet den Parlamentsneulingen fällt die Leitung des Untersuchungsausschusses zum […]

Berlin

Ein Untersuchungsausschuss soll endlich das Chaos beim Bau des Hauptstadtflughafens entwirren. Ausgerechnet den Piraten fällt die Leitung zu. Sie setzen auf den «Aktenzeichen XY»-Effekt.

Bislang haben sie vor allem mit Gezänk und Skandälchen geglänzt – jetzt stehen die Berliner Piraten vor ihrer großen parlamentarischen Bewährungsprobe. Ausgerechnet den Parlamentsneulingen fällt die Leitung des Untersuchungsausschusses zum Hauptstadtflughafen zu, der an diesem Freitag seine Arbeit aufnimmt. Das Gremium soll aufklären, wer Schuld ist am Chaos um den Flughafen Schönefeld und was das Berlin wirklich kostet. Im Mittelpunkt: die von den Piraten vielbeschworene Transparenz.

Die inzwischen dreimal verschobene Eröffnung des Flughafens und das Planungschaos sind zum Steckenpferd der Parlamentsneulinge geworden. Zu kaum einem Thema stellten sie so viele Anfragen. Mindestens 25-mal verlangten sie Informationen, bekamen aber «hohle Phrasen und immer die selben Mantren» zu hören, wie der Ausschussvorsitzende Martin Delius kritisiert. Auch Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop meint: «Herr Wowereit und die Flughafengesellschaft glänzen bisher nicht in Sachen Transparenz.»

Damit sollte es im Untersuchungsausschuss eigentlich vorbei sein. Die Piraten – ganz «Generation 2.0» – haben eine Internet-Plattform eingerichtet, auf der Protokolle und Baupläne veröffentlicht werden sollen. Dazu gibt es einen elektronischen Briefkasten für anonyme Tippgeber. Delius rechnet mit einem «Aktenzeichen XY»-Effekt. Keiner soll Angst haben, die Wahrheit zu sagen. Ur-Piraten hoffen sogar, dass sich die Fraktion an ihre alte Ablehnung gegenüber geheimen Sitzungen erinnert und «leakt» (durchsickern lässt), was nur geht.

Doch die frischen Ideen sorgen nicht nur für Begeisterung. Auch die Grünen seien für Öffentlichkeit, eine «seriöse Arbeitsweise» müsse aber sein, betont Ausschussmitglied Andreas Otto. Längst nicht alle Dokumente dürften veröffentlicht werden. «Wir erwarten, dass Herr Delius sich bemüht, seriöse Arbeit an den Tag zu legen.»

Die Senatskanzlei hat einen Großteil der Dokumente – vor allem Protokolle der Gremien – bereits als vertraulich eingestuft. Delius kommentiert das trocken: «Mal sehen.» Ihm dürfte nicht gefallen, dass der Ausschuss oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen muss.

Die Piraten wollen es anders machen als die etablierten Parteien. Und sie haben einen Vorteil: Als Einzige hatten sie mit der Planung des Hauptstadtflughafens überhaupt nichts zu tun. Doch von Parteipolitik im U-Ausschuss hält Delius ohnehin nicht viel. Er hat eine Idee, wie er das verhindern will, sagt er. Die ist aber noch geheim.

Theresa Münch, dpa