Kein Flughafen ohne Lärm

Leipzig/Berlin Immer wieder haben sie vor Gericht gegen den neuen Berliner Hauptstadtflughafen gekämpft – und verloren. Nun bleibt den Anwohnern noch die Hoffnung, dass es nicht ganz so schlimm wird. Sie haben Petitionen geschrieben, Bürgerinitiativen gegründet, Demonstrationen organisiert und sind vor Gerichte gezogen. Genützt hat es nichts. Die Gegner des neuen Berliner Hauptstadtflughafens haben am […]
Leipzig/Berlin
Immer wieder haben sie vor Gericht gegen den neuen Berliner Hauptstadtflughafen gekämpft – und verloren. Nun bleibt den Anwohnern noch die Hoffnung, dass es nicht ganz so schlimm wird.
Sie haben Petitionen geschrieben, Bürgerinitiativen gegründet, Demonstrationen organisiert und sind vor Gerichte gezogen. Genützt hat es nichts. Die Gegner des neuen Berliner Hauptstadtflughafens haben am Dienstag zum dritten Mal eine Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erlitten. Die höchsten Verwaltungsrichter haben die Klagen zurückgewiesen, mit denen sie die Betriebsgenehmigung für den Airport kippen wollten. Das Genehmigungsverfahren muss nicht wieder aufgerollt werden.
Die Kläger fühlen sich ausgetrickst und machtlos. «Wir sind enttäuscht. Für den Bürger entsteht der Eindruck, dass jahrelang getäuscht werden kann ohne Konsequenzen», sagte Kläger-Anwältin Lisa Teichmann. «Das Gericht hat unter seiner Robe kein Herz, sondern möglicherweise einen Flughafen», murrt Michael Lippoldt, Sprecher der Bürgerinitiative Kleinmachnow.
Die Anwohner hoffen nun auf das Bundesverfassungsgericht. «Die Karlsruher Richter sind näher an den Menschen dran», meint Lippoldt. Auch wenn sich das höchste deutsche Gericht der Sache annehmen sollte – für die Eröffnung ist das bedeutungslos. «Die Beschwerde hätte keine aufschiebende Wirkung», erklärt Jörg Berkemann, früherer Richter am Bundesverwaltungsgericht. Letztlich wird es damit in Karlsruhe nur um mehr Lärmschutz gehen.
Jahrelang waren die Kläger davon ausgegangen, dass sie nicht unter dem Fluglärm leiden würden. Darum hatten sie zunächst nicht – wie nachweislich Betroffene – gegen den Airport geklagt. Doch als die Deutsche Flugsicherung (DSF) die Flugrouten vor einem halben Jahr vorstellte, kam das böse Erwachen. Plötzlich waren tausende Berliner und Brandenburger betroffen, die auf Stille im Grünen gehofft hatten.
Die Anwohner sprechen von Täuschungen bei den Flugrouten und bezweifeln, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig zustande gekommen ist. Das Genehmigungsverfahren sollte zurück auf Start, um noch für eigene Interessen in Sachen Lärmschutz kämpfen zu können. «Wir wollen, dass der Flughafen so in Betrieb genommen wird, wie er geplant, beantragt und genehmigt worden ist», erklärt Lippoldt.
Die Richter widersprachen jedoch Verschwörungstheorien: «Für den Vorwurf der Arglist sieht der Senat keine Anhaltspunkte», sagt der Vorsitzende des 4. Senats, Rüdiger Rubel. «Die Möglichkeit der Betroffenheit ergab sich aus der Nähe der Grundstücke zum Flughafen.» Damit sprechen die Richter etwas aus, was eigentlich der normale Menschenverstand sagt – und was sich auch in der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts findet. «In dieser Deutlichkeit hat es der Senat allerdings zum ersten Mal gesagt», erklärt Gerichtssprecher Wolfgang Bier.
Laut Urteil hätten die Betroffenen deshalb bereits 2004 gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen können. Eine Aussage, die für die Anwohner wie Hohn wirkt. «Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen», ins Blaue hinein zu klagen», so Lippoldt.
Das Urteil verdeutlicht ein bekanntes Problem: Betriebsgenehmigung und Flugrouten-Planung werden generell nicht zusammen im Planfeststellungsverfahren festgelegt. Damit bleibt immer unsicher, wer letztlich vom Fluglärm betroffen sein wird. «Im Prinzip muss jeder, der in der Nähe eines Flughafens lebt, damit rechnen, dass sich Flugrouten im Laufe der Zeit einmal verändern werden. Das ist keine statische Veranstaltung», befindet Flughafen-Chef Rainer Schwarz.
Marion van der Kraats, dpa