Warum wählt UFO gerade diese Streiktaktik?

Frankfurt am Main Die zweite Streikwelle der Flugbegleiter der Lufthansa ist noch heftiger ausgefallen als die erste. Beide Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der Ton wird rauer. Im Flugbegleiter-Streik bei der Lufthansa hat die Kabinengewerkschaft Ufo die Gangart verschärft. Nach dem heutigen Staffelstreik an drei wichtigen Flughäfen droht nun ein flächendeckender Ausstand. Wichtige Fragen und […]
Frankfurt am Main
Die zweite Streikwelle der Flugbegleiter der Lufthansa ist noch heftiger ausgefallen als die erste. Beide Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der Ton wird rauer.
Im Flugbegleiter-Streik bei der Lufthansa hat die Kabinengewerkschaft Ufo die Gangart verschärft. Nach dem heutigen Staffelstreik an drei wichtigen Flughäfen droht nun ein flächendeckender Ausstand. Wichtige Fragen und Antworten zur Lage:
Warum streikt Ufo jetzt zeitversetzt an drei Standorten?
Zum einen geht es der Gewerkschaft um eine Steigerung gegenüber der ersten Streikwelle vom vergangenen Freitag. Das ist mit mehr als 300 Flugausfällen gegenüber der ersten Welle mit 190 Streichungen bereits eindeutig gelungen. Mit den Ausständen an den beiden Drehkreuzen Frankfurt und München soll zudem eine möglichst starke Auswirkung auf den Flugplan erzielt werden. Berlin ist ein symbolischer Ort der Tarifauseinandersetzung, weil dort erstmals Leihstewardessen eingesetzt wurden. Die Bedeutung des Flughafens Tegel für den Flugverkehr ist dagegen geringer.
Welche Auswirkungen hat die Taktik, den Streik über den ganzen Tag an verschiedenen Flughäfen laufen zu lassen?
Lufthansa erkennt darin keine grundsätzlichen Nachteile für ihre Notfallstrategie, sondern nur eine gezielte Verunsicherung der Kunden. Das Drehkreuz München sei in der Planung der Flüge völlig selbstständig und könne die Situation gut bewältigen, hieß es in der Frankfurter Zentrale. Über Ersatz-Crews, die man von einem Standort zum anderen schicken könnte, verfüge man ohnehin nicht, erklärte ein Sprecher. Für Ufo ist es wichtig, die Kollegen an sämtlichen Standorten einzubinden. Jetzt fehlen nur noch die Flughäfen Hamburg und Düsseldorf als Standorte von Crews.
Führt Ufo einen Streik gegen die Kunden?
Fest steht, dass die Fluggäste unter dem Streik leiden. In einem offenen Brief bittet Ufo die Passagiere aber um Verständnis für ihre Ziele. Erst die umkämpfte Tarifstruktur mit langfristigen Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten ermögliche es den Flugbegleitern, ihren Beruf auch über viele Jahre auszuüben. Die Alternative seien «fliegende KellnerInnen» mit wenig Erfahrung und möglichen Defiziten in Sicherheitsfragen. In dem Brief heißt es: «Unser Streik ist nicht ein Streik gegen die Lufthansa. Sondern für die Lufthansa.»
Wie hoch ist der Schaden für die Lufthansa?
Die Schäden dürften nach der zweiten Welle längst in die Millionen gehen, das Unternehmen will aber keine Schätzungen abgeben. Viel gefährlicher ist der drohende Ansehensverlust bei den Fluggästen, die möglicherweise nicht mehr auf sichere Verbindungen und Umsteigerelationen vertrauen. Die Konkurrenz auf den Verbindungen aus Asien und Afrika ist hart, und es gibt viele andere Wege, um von dort nach Europa zu fliegen.
Hat Lufthansa ihre Strategie gegen den Streik geändert?
In einigen Details schon. So wurden Interkontinentalflüge vom Montagabend abgesagt, die am Morgen in Frankfurt gelandet wären. Dadurch lief der Frankfurter Flughafen nicht so schnell voll wie am vergangenen Freitag. Auch mussten weniger Passagiere im Transit ausharren. Verbesserungen hat es außerdem bei der Information der Fluggäste gegeben. Schon am Vormittag waren rund 18 000 SMS-Benachrichtigungen an betroffene Passagiere verschickt worden. Ein noch größeres Durcheinander konnte so vermieden werden.
Gehen die Streikenden ein persönliches Risiko ein?
Wohl nicht. Maßregelungen gegen einzelne Teilnehmer an Arbeitskämpfen sind verboten und werden in aller Regel auch beim Abschluss noch einmal untersagt. Bei früheren Warnstreiks des Kabinenpersonals sollen einzelne Lufthansa-Verantwortliche die Namen von Teilnehmern aufgeschrieben haben, was dieses Mal laut Ufo nicht wiederholt wurde.
Müssen die Streikenden mit finanziellen Nachteilen rechnen?
Nein. Ufo hat bereits nach der ersten Streikwelle erklärt, dass sie den Teilnehmern den vollen Verdienstausfall auf Antrag ersetzen will. Dazu müsse zunächst die Höhe der Abzüge klar sein, die zunächst rechtlich abgeklopft werde. Nach der Ufo-Satzung gibt es Streikgeld eigentlich erst ab dem dritten Tag und dann nach Gewerkschaftszugehörigkeit gestaffelt. Die jetzige, für die Beschäftigten bessere Regelung kann aber auch widerrufen werden.
Christian Ebner, dpa