Negativtrend bei Swiss hält an

Zürich Die Lufthansa-Tochter Swiss leidet derzeit vor allem unter dem starken Franken und entfernt sich weiter von der angestrebten Gewinnmarge von acht Prozent. CEO Harry Hohmeister über die derzeitige Situation des Unternehmens im Gespräch mit Aeroscope-Autor Kurt Hofmann. Wie beurteilen Sie den Stand der Restrukturierung bei Austrian als Mitglied des Aufsichtsrats? Harry Hohmeister: Die Maßnahmen, […]
Zürich
Die Lufthansa-Tochter Swiss leidet derzeit vor allem unter dem starken Franken und entfernt sich weiter von der angestrebten Gewinnmarge von acht Prozent. CEO Harry Hohmeister über die derzeitige Situation des Unternehmens im Gespräch mit Aeroscope-Autor Kurt Hofmann.
Wie beurteilen Sie den Stand der Restrukturierung bei Austrian als Mitglied des Aufsichtsrats?
Harry Hohmeister: Die Maßnahmen, die das neue AUA-Management in den vergangenen 12 Monaten umgesetzt hat, haben wirklich auf den Weg zum Turnaround geführt. Dies ist vielleicht eine wegweisende Leistung, auch für die ganze Industrie. Welche Airline hat in diesem Zeitraum denn schon eine solche Trendwende geschafft? Da wurden Maßstäbe gesetzt in punkto Effizienzsteigerung, Kostensenkung, aber auch auf der Erlösseite, indem wirklich nur das Angebot geflogen wurde, mit dem man Geld verdienen kann. Das hat die AUA konsequent durchgezogen, aber es bleibt noch viel zu tun.
Gibt es noch Baustellen bei der AUA?
Harry Hohmeister: Bei der AUA gibt es – wie bei jeder Airline – permanente Baustellen.
Gilt das auch für die Swiss?
Harry Hohmeister: Auch wir müssen uns wieder grundsätzlicher hinterfragen. Wir erwarten für 2012 einen Gewinn, aber dieser liegt deutlich unter dem des Jahres 2011. Somit weist Swiss zwei Jahre hintereinander rückläufige Ergebnisse aus. Das ist natürlich nicht erfreulich. Anders gesagt: Wir haben die Trendwende noch nicht geschafft. Daher müssen wir die Ärmel stärker hochkrempeln, um wieder substanziell vernünftige Ergebnisse zu erwirtschaften. Davon sind wir weit entfernt. Es gibt also auch bei Swiss viel zu tun.
Was erwarten Sie als Gesamtergebnis für 2012?
Harry Hohmeister: Im dritten Quartal haben wir 185 Millionen Franken Gewinn gemacht, ich gehe also davon aus, dass wir nicht wie im vergangenen Jahr mit einer drei vorneweg abschließen. Wir sind im Vorjahresvergleich schlechter unterwegs. Aber wir müssen wieder acht Prozent Marge anpeilen, dieses Jahr werden wir wahrscheinlich nur um die fünf Prozent erreichen. Somit sind wir ein ganzes Stück weg von unserer Zielsetzung. Wir verzeichnen nun seit 24 Monaten einen Negativ-Trend. Das muss einem schon Sorgen bereiten.
Wie können Sie diesen Negativ-Trend eindämmen?
Harry Hohmeister: Wir haben aus der Schweiz heraus durch die Stärke des Franken eine besondere Situation. Sie beschert uns einen Kostennachteil von 30 Prozent im Vergleich zu den Wettbewerbern in EU-Europa. Wir müssen also effizienter und kostenorientierter arbeiten als andere. Wir haben viel erreicht bei den Overheadkosten, diese liegen nun fast 25 Prozent tiefer als noch vor drei Jahren. Auch beim Effizienzmanagement in unserer Flottenpolitik gibt es noch Potenzial für Verbesserungen. Doch das reicht nicht aus. Wir kommen nicht umhin, auch weiter Knochenarbeit im Kostenmanagement zu leisten. Was das im Detail bedeutet, wird im Rahmen des Ergebnisverbesserungsprogramms Score in einer Vielzahl von Projekten erarbeitet. Dabei ist jeder in der Belegschaft gefragt und beteiligt.
Wären da auch ein Gehaltsverzicht oder Gehaltsreduzierung denkbar?
Harry Hohmeister: Nein, so weit sind wir, glaube ich, noch nicht. Aber noch produktiver zu werden, also mehr zu fliegen etwa, wäre eine gute Idee.
Gibt es Gespräche mit der Belegschaft?
Harry Hohmeister: Wir führen derzeit keine konkreten Verhandlungen, aber die Arbeitnehmervertreter wissen auch, dass es nicht einfach wie bisher weitergehen kann. Wir haben ein sehr vernünftiges Verhältnis mit den Arbeitnehmervertretern. Die sehen natürlich ein, dass wir wieder höhere Gewinne und Veränderungen in der Kostenstruktur brauchen, wenn Swiss zukunftsfähig bleiben soll. Ich denke, dass wir diese Themen in diesem Jahr gemeinsam vernünftig abarbeiten können.
Also ist der Negativ-Trend 2013 einstellbar?
Harry Hohmeister: Ich denke schon, ja.
Austrian hat mittlerweile eine sehr gute Kostenposition innerhalb der Lufthansa Gruppe. Ist Swiss dadurch abgerutscht?
Harry Hohmeister: Unsere Position hat sich aufgrund des starken Franken im Vergleich mit den Drehkreuzen Brüssel und Wien leider in eine negative Richtung verschoben. Wir waren früher an der Spitze, heute liegt Swiss international gesehen nur noch im Mittelfeld. Daher müssen wir an unseren Strukturen arbeiten.
Gibt es Neues zum Ersatz der Airbus A340-300-Flotte?
Harry Hohmeister: Es steht eine Entscheidung für den Ersatz der A340-300 an, das ist ganz klar. Aber wir müssen realistisch sein. Wir können erst bestellen, wenn wir uns das leisten können. Zuerst müssen wir vernünftig Geld verdienen. Wir sitzen ja für alle Flugzeugbestellungen mit Lufthansa zusammen. Letztlich müssen wir aber das Risiko für unsere Investitionen tragen, und somit sind wir auch für die Entscheidung verantwortlich.
Das Projekt, in Genf eigenes Flugpersonal zu stationieren und flexiblere Tarife zu bieten, ist eine Ansage an Easyjet?
Harry Hohmeister: Easyjet interessiert mich persönlich da eigentlich weniger. Mich interessiert mehr, dass wir unsere Kundenbasis vor Ort besser bedienen und weiter aufbauen können. Ich glaube, wir haben in Genf eine recht entflochtene Angebots-Situation. Easyjet bedient zum Teil eine andere Klientel als wir, daneben gibt es natürlich auch diverse Überschneidungen. Aber wir wollen mit diesem Schritt nicht zum Angriff auf Easyjet blasen, sondern eine Weiterentwicklung unseres Wachstums in Genf angehen. Wir haben unsere Passagierzahlen seit 2006 verdreifacht. Damit haben wir in Genf nun eine Größe erreicht, die nach einem eigenen Management verlangt, das weitere Schwerpunkte setzt.
Was bedeutet Germanwings/Lufthansa für den Nachbarschaftsverkehr zwischen der Schweiz und Deutschland und somit für die Swiss?
Harry Hohmeister: Das wird im Laufe des Januar besprochen.
Herr Hohmeister, vielen Dank für das Gespräch.