Karlsruhe, 12. September 2017 Sieben Stunden Verspätung sind viel. Dafür hätte man dann doch gerne eine Entschädigung. Nur von wem, wenn Airlines nicht mit dem eigenen Flugzeug fliegen? Airlines müssen wohl auch dann die Entschädigung für einen verspäteten Flug übernehmen, wenn sie Maschine und Crew von einem anderen Unternehmen gemietet haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelte […]

Karlsruhe, 12. September 2017

Sieben Stunden Verspätung sind viel. Dafür hätte man dann doch gerne eine Entschädigung. Nur von wem, wenn Airlines nicht mit dem eigenen Flugzeug fliegen?

Airlines müssen wohl auch dann die Entschädigung für einen verspäteten Flug übernehmen, wenn sie Maschine und Crew von einem anderen Unternehmen gemietet haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelte am Dienstag in Karlsruhe eine Klage gegen die Royal Air Maroc, die sich weigert, Fluggäste für eine siebenstündige Verspätung auf der Strecke von Düsseldorf nach Nador in Marokko zu entschädigen.

Zur Begründung weist das Unternehmen darauf hin, dass es Maschine und Crew im Rahmen einer Wetlease-Vereinbarung von der spanischen Swiftair gemietet hatte. Diese sei deshalb das „ausführende Luftfahrtunternehmen“, das eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung zahlen muss.

Die Vorinstanzen gaben der Royal Air Maroc Recht. Der BGH sieht das nun aber möglicherweise anders. In der EU-Verordnung heißt es nämlich ausdrücklich, dass diese das ausführende Luftfahrtunternehmen verpflichten soll, „unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung gemieteten Luftfahrzeug (…) durchgeführt wird“.

In der englischen und der französischen Fassung seien Wetlease-Vereinbarungen sogar ausdrücklich erwähnt, sagte der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck. „Man kann annehmen, dass der Verordnungsgeber gewusst hat, was er da regelt.“

Um 15.30 Uhr will der BGH eine Entscheidung verkünden. Neben einem Urteil ist auch eine Vorlage an den EU-Gerichtshof möglich, da es um europäisches Recht geht. (Az.: X ZR 102/16 und X ZR 106/16)

Ein generelles Problem für Fluggäste erkennt Reiserechts-Experte Felix Methmann vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Wetlease-Vereinbarungen nicht. Meistens zahlten die Airlines.

Die Mietverträge sind aus Sicht des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrsgesellschaft „ein wichtiges Instrument, um Kapazitätslücken im Luftverkehr schnell und flexibel zu schließen und Überkapazitäten abzubauen“. Außerdem ließen sich damit saisonale Schwankungen in der Nachfrage auffangen.

Eine Wetlease-Vereinbarung schloss etwa die mittlerweile insolvente Air Berlin Anfang des Jahres mit der Lufthansa Gruppe. 38 Maschinen sind seitdem für Eurowings und Austrian Airlines unterwegs.

Claudia Kornmeier, dpa