Die fünf Probleme des Hartmut Mehdorn
Berlin Nach einem Jahr im Cockpit von Air Berlin meldet der Sanierer Mehdorn Erfolge beim Sparkurs. Doch er muss weiter hart um Höhe ringen. Anders hätte man es von Hartmut Mehdorn nicht erwartet: «Ich habe es überhaupt nicht bereut.» Fast ein Jahr steuert der Ex-Bahnchef die angeschlagene Air Berlin durch Turbulenzen. «Es ist eine schwierige […]
Berlin
Nach einem Jahr im Cockpit von Air Berlin meldet der Sanierer Mehdorn Erfolge beim Sparkurs. Doch er muss weiter hart um Höhe ringen.
Anders hätte man es von Hartmut Mehdorn nicht erwartet: «Ich habe es überhaupt nicht bereut.» Fast ein Jahr steuert der Ex-Bahnchef die angeschlagene Air Berlin durch Turbulenzen. «Es ist eine schwierige Zeit», bekennt der 70-Jährige mit schnarrender Stimme. Aber er findet das spannender als das Altenteil. «Das ist eine Challenge (Herausforderung), aber das macht ja auch Spaß.»
Nächstes Jahr will Mehdorn die angeschlagene Airline endlich in schwarze Zahlen hieven. Doch auf dem Weg gibt es einige Probleme:
1. Die Finanzlage: In Europa hat fast jede Airline Probleme. Starke Konkurrenz, Steuern, hohe Kerosinpreise belasten auch Air Berlin. 2011 stiegen so viele Menschen wie nie in die rot-weißen Maschinen, der Umsatz stieg auf einen Rekordwert – aber der Verlust auch: 272 Millionen Euro. Und in diesem Jahr flog Air Berlin trotz eines besseren operativen Geschäfts unterm Strich schon rund 170 Millionen Euro Verlust ein.
Analysten sehen die Eigenkapitalquote auf besorgniserregendem Niveau. Von der 255-Millionen-Dollar-Kreditlinie des neuen arabischen Großaktionärs Etihad sind schon 200 Millionen Dollar ausgeschöpft. Der Schuldenberg soll am Jahresende noch bei 500 Millionen Euro liegen – bei einem Börsenwert von derzeit gut 220 Millionen Euro.
2. Das Sparprogramm: Mehdorn hat schon die Bahn saniert, bei Air Berlin verschärfte er das Sparprogramm seines Vorgängers Joachim Hunold, der vor einem Jahr nach 20 Jahren hinwarf. Unrentable Strecken fallen weg, die Flotte schrumpft. Allein Hamburg verliert im Winter jeden fünfte Flug. Es geht schneller voran als gedacht. Im zweiten Quartal sparte das Unternehmen 50 Millionen Euro statt geplanter 45 Millionen. Doch die Börse lässt das kalt.
3. Die Luftverkehrssteuer: Air Berlin sieht sich stärker betroffen als die meisten anderen, denn sie bietet mehr Punkt-zu-Punkt-Verkehr und hat anders als etwa die Lufthansa kein zweites Standbein Frachtgeschäft, das nicht betroffen ist. «Das bleibt ein zentrales Ärgernis», schimpft Mehdorn auf die «Willkür-Steuer». Schon eine Reform würde helfen, doch der streitlustige Mehdorn geht lieber aufs Ganze. Er wird nicht müde, die Abschaffung der Steuer zu fordern.
4. Das Geschäftsmodell: Wie Hunold verficht Mehdorn das entschiedene «Jein»: Weder Billigflieger noch klassischer Linienflieger will Air Berlin sein. Sie bringt Urlauber für Reiseveranstalter nach Mallorca, aber auch Geschäftsleute nach London. Zudem: Mit Europaflügen, dem Schwerpunkt Air Berlins, lässt sich in der momentanen Konkurrenzsituation kein Profit machen. Und das Nordafrikageschäft leidet unter den politischen Umwälzungen. Nun kommen weitere Langstrecken ins Programm.
5. Der Hauptstadtflughafen: Vor zehn Wochen sollte dort der große Schritt in die Internationalisierung kommen. In sechs Wellen täglich sollten die Maschinen dort dicht getaktet die Umsteiger einfliegen, aus Münster und Stuttgart ebenso wie aus New York und Dubai. Nach der geplatzten Eröffnung muss das am überlasteten Flughafen Tegel geschehen – «ein unerträglicher Imageschaden» für das geplante Drehkreuz, wettert Mehdorn. Und ob der Neubau am Stadtrand nun wirklich im März fertig ist, bleibt offen. «Hoffentlich kommen die schnell in die Hufe», sagt Mehdorn. Der Macher muss machtlos zusehen.