Zunehmende Drohnenvorfälle zwingen Politik und Flughäfen zum Handeln. Die ADV fordert klare Zuständigkeiten und staatlich finanzierte Abwehrsysteme.

Drohnen über deutschen Flughäfen – ein Szenario, das längst keine Seltenheit mehr ist. Allein in diesem Jahr wurden bis Ende August bundesweit 144 Behinderungen durch Drohnen registriert. Besonders heikel sind Zwischenfälle in unmittelbarer Nähe zum Flugbetrieb, wo sie Starts und Landungen gefährden können. Zuletzt war auch der Münchner Airport an zwei Tagen hintereinander betroffen.

Angesichts der zunehmenden Vorfälle fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nun entschlossenes Handeln. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ mahnte der CSU-Chef eine „massive Verstärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen“ zur Drohnenabwehr an. Es müsse endlich klar geregelt werden, wie verdächtige oder gefährliche Flugobjekte erkannt und notfalls abgewehrt werden können. Söder kündigte ein bayerisches Schnellgesetz an, das bereits bei der nächsten Sitzung des Landeskabinetts auf den Weg gebracht werden soll – unter dem Motto: „Abschießen statt Abwarten.“

Zugleich sprach sich der Ministerpräsident dafür aus, internationale Erfahrungen – etwa aus der Ukraine und Israel – in künftige Regelungen einzubeziehen. Denn die Bedrohung durch Drohnen habe sich, so Söder, „in den vergangenen Jahren dramatisch verschärft“.

Wie ernst die Lage tatsächlich ist und welche Maßnahmen die deutschen Flughäfen fordern, darüber sprach AERO INTERNATIONAL mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV).

AERO INTERNATIONAL: Wie schätzen Sie die Bedrohung durch Drohnen speziell für den laufenden Flughafenbetrieb ein – etwa in Luftraumnähe, bei Start und Landung, im Bereich Vorfeld oder Terminal?

ADV: Drohnen stellen eine erhebliche Gefahr für den sicheren und ungestörten Flughafenbetrieb dar – insbesondere in sensiblen Phasen wie Start und Landung. Die Nähe zum Vorfeld und Terminalbereich erhöht das Risiko zusätzlich. Es handelt sich um eine reale Bedrohung für den Luftverkehr und die öffentliche Sicherheit. Daher fordert die ADV, dass die hoheitliche Aufgabe der Drohnendetektion und -abwehr staatlich finanziert wird.

Welche internen Prozesse greifen bei einer Drohnensichtung in der Nähe eines Flughafens? Wer ist involviert, und wie läuft die Lagekoordination?

Sobald eine Drohne im Sperrgebiet erkannt wird, erfolgt die Meldung über einen festgelegten Prozess an die zuständigen Polizeibehörden. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) übernimmt die Koordination im Luftraum. Flughäfen haben Notfallpläne, die im Fall einer Drohnensichtung aktiviert werden und ggf. zu einer Einstellung des Flugbetriebs führen. Maßnahmen zur aktiven Abwehr können nur durch die Bundes- oder Landespolizei erfolgen.

Über welche technischen Mittel zur Drohnendetektion verfügen deutsche Flughäfen derzeit – und welche Herausforderungen bestehen?

Die Flughafenbetreiber haben keine Zuständigkeit für die Bereitstellung technischer Systeme zur Detektion von Drohnen. An ausgewählten Standorten gibt es Evaluierungsprojekte für Detektionssysteme – meist unter Federführung der Deutschen Flugsicherung (DFS). Eine flächendeckende, einheitliche Ausstattung fehlt bislang. Die größte Herausforderung ist die fehlende Rechtsklarheit sowie die unzureichende Finanzierung.

Gab es in den letzten Jahren relevante Vorfälle mit Drohnen an deutschen Flughäfen? Wie wurden sie gehandhabt?

Bundesweit nehmen Vorkommnisse mit Drohnen in der Nähe von Flughäfen zu. Bis Ende August dieses Jahres sind in Deutschland 144 Behinderungen durch Drohnen registriert worden. Sobald eine Meldung eingeht, leisten die Flughäfen ihren Beitrag, um die Sicherheit von Reisenden und Beschäftigten zu gewährleisten. Bei einem Vorfall hat die Sicherheit oberste Priorität. Der Flugbetrieb wird bei Bedarf eingeschränkt oder eingestellt.

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Behörden wie DFS, Polizei oder BAF in der Bewältigung solcher Situationen?

An den Flughäfen gibt es etablierte Meldeketten. Eine enge und schnelle Abstimmung mit der DFS, sowie den Polizeibehörden ist unerlässlich. Die ADV fordert seit langem klare Zuständigkeiten und abgestimmte Einsatzpläne für die Detektion und Abwehr. Die aktive Abwehr obliegt allein den Polizeibehörden.

Wie sieht die strategische Planung auf Verbandsebene aus – etwa Investitionen in neue Technologien oder Schulungsmaßnahmen für kritisches Personal?

Die ADV begleitet die technische Entwicklung von Detektionssystemen und deren Integration in das Flughafensystem. Auch Schulungen für das Lage- und Krisenmanagement gehören zur Strategie. Entscheidend ist, dass zügig risikobasiert an den Flughäfen wirksame Maßnahmen zur Drohnendetektion und -abwehr installiert werden.

Wie bewerten Sie bestehende gesetzliche Flugverbotszonen (z.B. 1,5 Kilometer um Flughäfen) in Bezug auf ihre Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit?

Diese Flugverbotszonen sind grundsätzlich richtig, aber schwer kontrollierbar. Es fehlt an konsequenter Überwachung und Durchsetzung. Gerade die jüngsten Vorfälle an den Flughäfen in Kopenhagen und Oslo haben gezeigt, dass die Aufklärung von anfliegenden Drohnen deutlich früher beginnen muss. Sofern Drohnen Teil einer hybriden Bedrohung sind, bedarf es eines Lagezentrums, dass die Drohnen frühzeitig identifiziert und eine Gefahreneinstufung vornimmt. Auch braucht es klare Weisungen, ob und ggf. in welcher Form die Drohnen zu bekämpfen sind.

Welche konkreten Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht nötig, um Flughäfen dauerhaft besser gegen Drohneneinwirkungen zu schützen?

Die nachfolgenden Punkte gelten nicht nur für Flughäfen. Sie sind für alle schützenswerten Einrichtungen relevant, seien es Kritische Infrastrukturen, Fußballstadien oder Parlamentsgebäude.

  • Klare gesetzliche Zuständigkeiten für Drohnendetektion und -abwehr
  • Zügige Installation wirksamer Systeme zur Detektion und Abwehr
  • Einrichtung von Lagezentren auf Bundes- oder Landesebene zur frühzeitigen Identifizierung von anfliegenden Drohnen sowie zur Risikobewertung
  • Staatlich finanzierte Systeme zur Drohnendetektion und Abwehr
  • Festgelegte Weisungsbefugnisse wie Drohnen abzuwehren bzw. zu bekämpfen sind
  • Zentrale Koordination und Einsatzplanung für die für Drohnenabwehr zuständigen Stellen, also für Bundes- bzw. Landespolizei und ggf. für den Einsatz der Bundeswehr