Neuer Eigentümer steigt beim Ferienflieger Condor ein
Mit einem Finanzinvestor an Bord soll die Condor in eine bessere Zukunft fliegen. Die Pläne für einen furiosen Neustart nach Corona stehen – mit weiterer Unterstützung durch den Steuerzahler. Mitten in der Corona-Krise hat der staatlich gestützte Ferienflieger Condor einen neuen Mehrheitseigentümer gefunden. Die Londoner Vermögensverwaltung Attestor Capital soll 51 Prozent der Anteile übernehmen und kräftig […]
Mitten in der Corona-Krise hat der staatlich gestützte Ferienflieger Condor einen neuen Mehrheitseigentümer gefunden. Die Londoner Vermögensverwaltung Attestor Capital soll 51 Prozent der Anteile übernehmen und kräftig in das Unternehmen investieren, teilte Condor am Donnerstag nach der Vertragsunterzeichnung in Frankfurt mit. Attestor werde 450 Millionen Euro frisches Eigenkapital einbringen, von denen 250 Millionen Euro in eine neue Langstreckenflotte fließen sollen. Sämtliche 4050 Arbeitsplätze blieben erhalten, hieß es.
Die Bundesrepublik und das Land Hessen wollen den Neustart unterstützen, indem sie auf die Rückzahlung von 150 Millionen Euro aus dem KfW-Kredit über 550 Millionen Euro verzichten, mit dem sich Condor bislang in der Luft hält. Dies steht wie die wettbewerbsrechtlichen Fragen aber noch unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch die Europäische Union. Der neue Investor gebe eine gute und nachhaltige Perspektive für Standorte und Beschäftigte, teilten Bund und Land gemeinsam mit. Condor rechnet in einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen mit den Genehmigungen.
Die 65 Jahre alte Condor sei mehrmals durch den «perfekten Sturm» gegangen, sagte ein Vertreter des Fonds, der nach eigenen Angaben ein Vermögen von rund 5,5 Milliarden Euro betreut, das überwiegend von Universitätsstiftungen und Familiengesellschaften stamme. Er spielte damit auf die Pleite der einstigen Condor-Mutter Thomas Cook im Jahr 2019 an und auf die nachfolgenden Wirren der Airline in der Corona-Krise.
Nach dem überraschenden Rückzug des polnischen Investors PGL war Condor im Jahr 2020 in einem verlängerten Schutzschirmverfahren umfassend saniert worden. Eigentümer war nach Verlassen der Insolvenz im Dezember eine Treuhandgesellschaft, die sämtliche Geschäftsanteile an die staatliche KfW verpfändet hat. Die SG-Gesellschaft bleibt mit 49 Prozent zunächst Minderheitsgesellschafter bei der Condor.
Attestor beabsichtige, auch diese Anteile zu übernehmen, erklärte Fonds-Vertreter Friedrich Andreae. Man sehe das Unternehmen als langfristiges Investment. «Als Ferienflieger ist Condor in der Markenwahrnehmung sehr gut aufgestellt. (…) Es ist noch niemand in den Urlaub gezoomt oder geteamt», sagte er in Anspielung auf verbreitete Video-Konferenz-Programme, die derzeit Geschäftsreisen ersetzen.
Das Unternehmen wurde unter dem Schutzschirm rekonstruiert und auf geringere Kosten getrimmt. Die Zahl der Beschäftigten sank um rund 800 auf nun 4050. Für die verbliebenen Mitarbeiter wurden mit den Gewerkschaften Sanierungs-Tarifverträge geschlossen. Hier waren laut der Kabinengewerkschaft Ufo in den vergangenen Wochen die Eckpunkte aus dem Januar 2020 finalisiert worden. Es habe aber keine neuen Zugeständnisse mehr gegeben, erklärte die Gewerkschaft.
Die Condor-Flotte bestand zuletzt aus rund 50 Flugzeugen. «Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben beeindruckend unter Beweis gestellt, dass sie jede Extrameile gehen – für Condor als Unternehmen, aber auch für unsere Kunden und Partner. Und genau das werden wir in Zukunft auch tun», erklärte Condor-Chef Ralf Teckentrup laut einer Mitteilung.
Teckentrup und sein Finanzchef Christoph Debus sollen das Unternehmen weiterhin führen, erklärte Andreae. Das Unternehmen hat seine Zentrale vom Frankfurter Flughafen in eine günstigere Immobilie im nahen Neu-Isenburg verlegt und will im Sommer wieder ein umfangreicheres Flugprogramm anbieten. Zudem gehe es darum, möglichst schnell die in die Jahre gekommene Langstreckenflotte zu erneuern. Mit den angekündigten 250 Millionen Euro Eigenkapital könnten Flugzeuge im Wert von rund einer Milliarde Euro finanziert werden, sagte Teckentrup. Dies solle möglichst schneller gehen als die für eine solche Operation üblichen zwei Jahre.
Dass der Wettbewerb nach Corona noch härter werden dürfte, zeigte sich in einem Manöver der ebenfalls vom Staat geretteten Lufthansa, die im Herbst einseitig den langjährigen Vertrag über Zubringerflüge zu den Condor-Starts in Frankfurt kündigte. Nach erheblichem Druck aus Brüssel und vom Bundeskartellamt wurde die Vereinbarung dann doch noch um ein Jahr bis in den Mai 2022 verlängert. Der Lufthansa-Konzern will selbst stärker in das von Condor betriebene Geschäft mit touristischen Langstreckenflügen einsteigen und kündigte noch am Donnerstag sieben neue touristische Langstrecken ab Frankfurt und München für den Sommer 2022 an.
dpa