Schillernd bunte Markthallen und sattgrüne Teeplantagen, lautstarke Popmusik und leise Töne zwischen alten Gemäuern, Straßen voller Gedränge und Einsamkeit auf bergigen Pfaden: Ein Besuch im Süden Südkoreas ist eine Herausforderung für die Sinne. Jeonju/Busan (dpa/tmn) – Die Hauptstadt Seoul mit ihren weitläufigen Palästen, die Demilitarisierte Zone an der schwerbewachten Grenze zu Nordkorea, die wilden Berge […]

Schillernd bunte Markthallen und sattgrüne Teeplantagen, lautstarke Popmusik und leise Töne zwischen alten Gemäuern, Straßen voller Gedränge und Einsamkeit auf bergigen Pfaden: Ein Besuch im Süden Südkoreas ist eine Herausforderung für die Sinne.

Jeonju/Busan (dpa/tmn) – Die Hauptstadt Seoul mit ihren weitläufigen Palästen, die Demilitarisierte Zone an der schwerbewachten Grenze zu Nordkorea, die wilden Berge im Seoraksan-Nationalpark: Viele Touristenattraktionen in Südkorea liegen im Norden des Landes. Es gibt aber gute Gründe, auch den äußersten Süden der koreanischen Halbinsel zu besuchen und gut eine Woche dafür einzuplanen. Eine abwechslungsreiche Annäherung in fünf Schritten.

Das Stadtzentrum von Jeonju

In Südkorea stehen jede Menge Hochhäuser – das ist einer der ersten Eindrücke bei einem Besuch des Landes. Apartment-Silos und Beton-Wohntürme prägen nicht nur in Seoul ganze Stadtviertel. Die ersten wurden in Zeiten starken Wirtschaftswachstums in den 1960er Jahren hochgezogen, noch heute werden ständig neue gebaut.

Ganz anders wirkt die Innenstadt von Jeonju, weniger als zwei Schnellzugstunden südlich von Seoul: Sie ist Südkoreas größtes geschlossenes Ensemble von Häusern im traditionellen Hanok-Baustil. Rund 800 Wohngebäude und Läden gibt es in dem Hanok-Village, flache Häuser mit dunklen Dachziegeln und kunstvoll geschwungenen Giebeln. Eng stehen sie beieinander, getrennt durch schmale Gassen. Es lohnt sich hineinzugehen, wenn man ein wenig seine Ruhe haben will.

Denn auf den etwas breiteren Straßen im Hanok-Village drängeln sich die Besucher. Viele von ihnen haben ihre Alltagskleidung für ein paar Stunden gegen eine koreanische Hanbok-Tracht getauscht: Die Frauen tragen bunte, weitschwingende Röcke, die Männer lange Gewänder und oft breitkrempige Hüte. Diese Maskerade ermöglichen in Jeonju ähnlich viele Verleihgeschäfte, wie es Restaurants gibt, in denen das hier erfundene Reis-Fleisch-Gemüse-Ei-Gericht Bibimbap serviert wird.

Im Hanbok durch das Hanok-Village zu laufen, ist jedoch nur bedingt ein Eintauchen in frühere Zeiten. Niemand vergisst hier die Gegenwart und ihre Kultur, dafür sorgen die lauten K-Pop-Klänge, die scheinbar unvermeidlich aus fast jedem Geschäft heraus die Gehwege beschallen. Weniger schrill geht es auf dem Gelände der Gyeonggijeon Hall zu, einem ummauerten Komplex mit mehreren Schreinen und dem Königlichen Porträtmuseum. Oder man steigt im Südosten des Zentrums nahe des Omokdae-Pavilions auf einen Hügel, von dort aus ist der Blick über Jeonjus Hanok-Dächer besonders gut.

Die Teeplantagen von Boseong

Südkoreas wichtigste Teeanbauregion liegt im äußersten Südwesten des Landes nahe der Küste. Bei Boseong sind die Bedingungen ideal für das Wachstum der niedrig gehaltenen Teebäume: mindestens 1500 Millimeter Niederschlag im Jahr, ein insgesamt kühl-feuchtes Klima und deutliche Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Wie mit dem Rechen gezogen stehen die Pflanzenreihen der Teegärten an den Berghängen.

Die größte Plantage heißt Daehan Dawon. Etwa 5,8 Millionen Teebäume in Reih und Glied wachsen dort den Hügel hinauf, umrahmt von Zedern, Zypressen und anderen Bäumen. Ein Meer aus satten Grüntönen mit einigen roten Einsprengseln erwartet die Besucher, auf eine fast bezaubernde Art wirkt die Landschaft beruhigend – sie diente oft als Filmkulisse. Eine gut einstündige Wanderung führt zum Gipfel des Geländes, wo der Blick weit auf das Meer hinaus reicht.

Wie wichtig Tee für die Kultur des Landes war und ist, verdeutlicht das Tea Museum of Korea, das nur fünf Autominuten von Daehan Dawon entfernt liegt und ebenfalls über eine, wenn auch deutlich kleinere, Teeplantage verfügt. Vom Pflücken über die Verarbeitung bis hin zur Verkostung durch Experten werden hier alle Schritte erläutert, die dem Genuss des heißen Getränks vorangehen. Für 2000 Won, weniger als zwei Euro, können Besucher an einer Teezeremonie teilnehmen und lernen, was die Teekulturen in China, Japan und Europa unterscheidet.

Der Jagalchi-Fischmarkt in Busan

Gummistiefel mitzubringen wäre keine schlechte Idee gewesen. Aus bunten Plastikschläuchen heraus sprudelt das Wasser in Aquarien, Becken, Tonnen und Wannen, und vieles schwappt von dort über den gefliesten Boden der Hallen. Der Jagalchi Market in Busan, Südkoreas zweitgrößter Stadt, ist einer der bedeutendsten Fischmärkte Asiens und nur nebenbei eine Touristenattraktion. Wer sich nasse Füße holt, muss sich nicht wundern, schließlich wird hier hart gearbeitet.

Der Jagalchi Market ist eine farbenfrohe Veranstaltung: Die Schürzen der Händler und ihre Stiefel leuchten den Besuchern in knalligem Rot oder grellem Gelb entgegen. Viele Frauen, die an den Ständen sitzen, um Fische auszunehmen und Muscheln zu öffnen, wirken früh am Morgen so, als kämen sie direkt vom Friseur, fast keine scheint auf den Lippenstift verzichtet zu haben. Wer als Tourist durch die Gänge schlendert, steht manchmal im Weg, wird aber nicht groß beachtet – und kann in aller Ruhe Krebsen zuschauen, die Ausbruchsversuche aus den überfüllten Plastikschüsseln unternehmen.

In einer der Hallen liegen Tintenfische aufgereiht auf dem Boden und wirken dabei wie verkleinerte Ausgaben der Aliens, die in den beiden «Independence Day»-Filmen für Stress auf der Erde sorgen. Getrocknete Fische gibt es ebenso zu kaufen wie frische Ware, tot wie lebendig. Nicht alles stammt aus heimischen Gewässern. «Die schwarzen kommen aus Russland, die anderen aus Kanada», sagt ein Verkäufer und preist damit die riesigen Krabben an, die sich in seinem Aquarium drängen.

Der Markt öffnet täglich um 5.00 Uhr, nur am ersten und dritten Dienstag des Monats bleibt er geschlossen. Frühes Aufstehen lohnt sich aber, auch deshalb, weil es mittags voller wird in den großen Markthallen und in den Gassen mit den Ständen ringsherum. Die Fische in den Auslagen werden dann immer wieder mit Wasser übergossen, damit sie frisch bleiben. Die Marktstände scheinen kein Ende zu nehmen, und unwillkürlich fragt man sich, wie viele Meerestiere heute noch in Topf oder Pfanne brutzeln oder am Ende doch weggeworfen werden.

Zeugnisse der Geschichte in Gyeongju

Sind wir hier bei den Teletubbies? Ein unhöflicher Gedanke ist das, keine Frage, aber er kommt inmitten der mit Gras bewachsenen, abgerundeten und zum Teil gut 20 Meter hohen Hügel im Tumuli-Park von Gyeongju durchaus auf. Die Hügel sind natürlich keineswegs das Spielfeld neuzeitlicher Fernsehfiguren, sondern Gräber von Herrschern der Silla-Dynastie, die Teile Koreas bis zum Jahr 935 regierten. Im Raum Gyeongju gibt es etwa 200 solche Hügelgräber. 23 davon liegen im Distrikt Daerungwon Ancient Tombs mitten in der Stadt. Seit dem Jahr 2000, als die Unesco die Gräber und andere Stätten in Gyeongju zum Weltkulturerbe erklärte, sind sie besonders geschützt.

Einer dieser anderen Orte ist das Cheomseongdae-Observatorium aus dem 7. Jahrhundert nach Christus, das einst zur Beobachtung der Sterne und darauf aufbauend für Wettervorhersagen gebaut wurde. Es besteht aus exakt 366 Steinen – so vielen, wie ein Schaltjahr Tage hat. Besonders schön wirkt der flaschenförmige, gut neun Meter hohe Bau am Abend, wenn ihn die untergehende Sonne in ein warmes Licht taucht.

Nicht weit entfernt lohnt sich ein Besuch des Wolji-Teiches, an dessen Ufern drei Pavillons eines Palastes rekonstruiert wurden, der zum Ende des Silla-Reiches 935 zerstört wurde. Lange Zeit vergessen, wurden die Ruinen der Gebäude bei Ausgrabungen 1975 wiederentdeckt. Abends sind ihre Nachbauten und der Teich festlich beleuchtet. Mit dem Sonnenuntergang ist die Besichtigungstour also nicht beendet.

Die Buddhas auf dem Mount Namsan

Der Mount Namsan liegt direkt südlich von Gyeongju und zählt zu den Unesco-Welterbestätten, ebenso wie zu einem nach der Stadt benannten Nationalpark. Er ist eine Besonderheit in Südkorea, denn hier schützt der Staat durch den Nationalpark-Status nicht seltene Tiere und Pflanzen oder die Natur generell, sondern sein kulturelles Erbe. Auf dem Namsan, der als Freilichtmuseum des Buddhismus bezeichnet wird, sind das vor allem Zeugnisse aus dem siebten bis zehnten Jahrhundert: Nach Angaben der Unesco sind bisher 122 Tempel, 53 steinerne Statuen und 64 Pagoden auf dem Berg gefunden worden.

Auf dem Namsan kann man den ganzen Tag verbringen und über enge, aber nicht zu steile Pfade von einem kleinen Heiligtum zum nächsten wandern. Es gibt aber auch mehrere kürzere Wege, etwa zwei bis fünf Kilometer lang. Auf dem Samneung Course an der Westseite des Namsan hat man dabei immer wieder einen schönen Ausblick auf Gyeongju und begegnet Buddha in vielen Formen: Mal ist seine Gestalt in die Felsen hineingeritzt worden, mal sitzt er als Statue unter Bäumen.

Einem anderen Monument für den Religionsstifter fehlt der Kopf. Kurz hält man als Wanderer vor den Räucherstäbchen, die zu Buddhas Füßen brennen, und sinniert, wie es zu dieser Enthauptung kommen konnte. Keine Hinweistafel klärt darüber auf, und der am Nationalparkeingang verteilte Handzettel verrät nur, dass diese Buddha-Statue vermutlich aus dem achten Jahrhundert stammt und bei Ausgrabungen 1964 wiederentdeckt wurde. Am Mount Namsan ist der Tourismus, so scheint es, noch nicht vollständig professionalisiert. Auf eine sympathische Weise wirkt dieser spirituelle Ort bedeutsam und doch unaufgeregt – was in einem manchmal etwas lauten Land kein Nachteil sein muss.

Info-Kasten: Südkorea

Anreise und Formalitäten: Nonstopflüge von Deutschland nach Seoul bieten Lufthansa (ab Frankfurt/Main und München) sowie Korean Air und Asiana Airlines (jeweils von Frankfurt/Main aus). Die KTX-Schnellzüge der Bahngesellschaft Korail (www.letskorail.com) verbinden Seoul mehrmals am Tag mit Jeonju und Busan. Mit einem englischsprachigen Navigationsgerät im Auto ist die Nutzung eines Leihwagens unproblematisch, ein internationaler Führerschein muss bei der Anmietung zwingend vorgelegt werden. Deutsche Touristen brauchen einen Reisepass, bis 90 Tage Aufenthalt aber kein Visum.

Klima und Reisezeit: Südkorea hat wie Mitteleuropa vier Jahreszeiten. Juli und August sind mit Tageshöchstwerten nahe 30 Grad, viel Regen und hoher Luftfeuchtigkeit nicht die besten Monate für einen Besuch. Angenehm sind April, Mai und Anfang Juni sowie September und Oktober.

Geld: Ein Euro sind etwa 1270 südkoreanische Won (Stand: Februar 2019). Das Bezahlen mit Kreditkarten ist weit verbreitet.

Informationen: Koreanische Zentrale für Tourismus, Baseler Straße 35-37, 60329 Frankfurt (Tel.: 069/23 32 26, E-Mail: kto@euko.de, http://german.visitkorea.or.kr/).