21.02.2014 Auf den ersten Blick wirkt die Absage des Testbetriebs am neuen Hauptstadtflughafen wie eine Kleinigkeit. Doch dahinter verbergen sich grundlegende Probleme bei dem Milliardenprojekt. Schönefeld – «Panne», «Blamage», «Peinlichkeit» – die Kommentatoren sind wie immer wenig zimperlich: Ein Jahr nach seinem Amtsantritt am Hauptstadtflughafen muss Hoffnungsträger Hartmut Mehdorn seine bislang größte Niederlage bei dem […]

21.02.2014

Auf den ersten Blick wirkt die Absage des Testbetriebs am neuen Hauptstadtflughafen wie eine Kleinigkeit. Doch dahinter verbergen sich grundlegende Probleme bei dem Milliardenprojekt.

Schönefeld – «Panne», «Blamage», «Peinlichkeit» – die Kommentatoren sind wie immer wenig zimperlich: Ein Jahr nach seinem Amtsantritt am Hauptstadtflughafen muss Hoffnungsträger Hartmut Mehdorn seine bislang größte Niederlage bei dem umkämpften Projekt wegstecken. Er schreibt sein Lieblingsvorhaben ab, den Testbetrieb in Deutschlands berüchtigtster Baustelle.

Was wollte Mehdorn mit dem Testbetrieb bewirken?

Einen «Echttest» für den Neubau. Mit einer guten Handvoll Flügen täglich könne er alle Systeme am Flughafen prüfen, versprach Mehdorn – von der Zutrittskontrolle über Brandmelder und Computernetz bis zum Notruf im Fahrstuhl. Die Fluggesellschaft Germania stand dafür ab Juli bereit. In dem als Wartehalle gedachten Nordflügel wären für rund sechs Millionen Euro Schalter und Gepäckbänder eingebaut worden.

Woran scheiterte der Flughafenchef?

Am Aufsichtsrat, der Genehmigungsbehörde und an sich selbst. Einerseits dauerte es Monate, bis die Unterlagen für den Umbau-Antrag beisammen waren. Andererseits drängte das Bauamt darauf, den Nordflügel erst im Urzustand fertigzustellen und den Brandschutz dort zu verbessern. Zudem war der Aufsichtsrat nicht überzeugt: Er wollte erst die Baugenehmigung sehen. Am Ende lief Mehdorn die Zeit davon.

Stimmt die Chemie noch zwischen Mehdorn und seinem Aufsichtsrat?

Es gab bessere Zeiten. Blick auf die Eigentümer – Brandenburg: Nach außen wirkt es, als bekämpfe Potsdam alles, was jetzt zu Bewegung am Neubau führt – man scheint vor der Wahl im September den Zorn der Anwohner zu fürchten. Der Bund: Fragt man den Minderheitseigner, was er von Mehdorns Arbeit hält, kommt als Antwort nur: «Der Flughafen hat noch nicht eröffnet.» Und Berlin? Schimpft offen über ständige «Störmanöver» und Indiskretionen der anderen Eigentümer.

Das Mitleid des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) nach Mehdorns Bruchlandung hält sich in Grenzen. Er nehme es zur Kenntnis, lässt der Aufsichtsratschef ausrichten. Was soll er anderes sagen, nachdem sein Geschäftsführer dem Kontrollgremium per Mitarbeiterbrief die Schuld gegeben hat? Wowereit und Mehdorn – das war schon eine Hassliebe, als der 71-Jährige noch Bahnchef war. «Sie haben mich geholt, jetzt müssen sie mich auch aushalten», sagte Mehdorn, als er vor einem Jahr zum Flughafen kam.

Was hat Mehdorn in einem Jahr in Schönefeld überhaupt bewegt?

Auf der Haben-Seite steht Einiges: Vorher isolierte Abteilungen des Flughafens arbeiten zusammen, der Stillstand auf der Baustelle ist beendet, der Kabelsalat in den Terminaldecken wird entwirrt, eine Lösung für die Brandschutzprobleme scheint gefunden. Die Arbeiten laufen – auch wenn der geplante Abschluss zum Jahresende ungewiss ist. Der Schallschutzstreit ist – auch durch kostspielige Urteile – beigelegt, und Mehdorn überlegt, wie der alte Schönefelder Flughafen weiter genutzt werden kann; denn im Neubau wird es vom Start weg eng.

Doch der streitlustige Manager hat Ärger provoziert, teils verbrannte Erde hinterlassen: mit Forderungen, den Innenstadtflughafen Tegel offen zu halten, durch den Machtkampf mit Technikchef Horst Amann, den Mehdorn schließlich ebenso aus dem Projekt drängte wie wenig später die darauffolgende Bauleiterin. Mehdorn hat viel Geld für externe Berater ausgegeben, kann aber trotzdem nicht sagen, wie viel die Steuerzahler am Ende für das Projekt hinblättern müssen, das die Fünf-Milliarden-Euro-Grenze zu durchbrechen droht.

Wann geht denn der Flughafen endlich in Betrieb?

Eigentlich vor über zwei Jahren – doch das ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Er tue alles für einen Start 2015, sagte Mehdorn kürzlich. Doch nach der Absage des Testbetriebs hat er Wowereit schon vor weiteren Verzögerungen gewarnt. Denn getestet werden muss der Flughafen vor dem Start – wenn nicht jetzt, dann nach Bauende. (Burkhard Fraune, dpa)