Schönefeld/Berlin Das Projekt Hauptstadtflughafen ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Der Flughafen-Aufsichtsrat versuchte am Mittwoch, Ordnung ins Chaos zu bringen. Mit einem personellen Neuanfang soll der neue Berliner Hauptstadtflughafen nach vier abgesagten Eröffnungsterminen endlich auf Kurs kommen. Am Mittwoch berief der Aufsichtsrat Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) zum neuen Aufsichtsratschef. Die Wahl erfolgte einstimmig, wie […]

Schönefeld/Berlin

Das Projekt Hauptstadtflughafen ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Der Flughafen-Aufsichtsrat versuchte am Mittwoch, Ordnung ins Chaos zu bringen.

Mit einem personellen Neuanfang soll der neue Berliner Hauptstadtflughafen nach vier abgesagten Eröffnungsterminen endlich auf Kurs kommen. Am Mittwoch berief der Aufsichtsrat Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) zum neuen Aufsichtsratschef. Die Wahl erfolgte einstimmig, wie ein Flughafensprecher mitteilte. Auf der Tagesordnung des Kontrollgremiums standen weitreichende Entscheidungen. So sollte Flughafenchef Rainer Schwarz nach vier abgesagten Eröffnungsterminen abgelöst und seinem Nachfolger ein Finanzfachmann an die Seite gestellt werden. Für beide Posten wurden bislang offiziell keine Kandidaten genannt.

Platzeck übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat vom Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD), der im Kontrollgremium Mitglied bleibt. Wowereit hatte seinen Rückzug als Chefaufseher angekündigt, nachdem am 6. Januar bekanntgeworden war, dass der geplante Eröffnungstermin Ende Oktober wiederum nicht zu halten ist. Begründet wurde das mit gravierenden Baumängeln vor allem an der Brandschutzanlage.

Platzeck hatte bereits angekündigt, das wegen massiver Baumängel und Brandschutzprobleme ins Schlingern geratene Milliardenprojekt deutlich intensiver zu überwachen. Geplant sind wöchentliche Unterrichtungen und eine eigene Abteilung in der Potsdamer Staatskanzlei.

Die Kosten für das angeschlagene Prestigeprojekt in Schönefeld bei Berlin haben sich seit Baubeginn 2006 von 2,0 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Weitere Mehrkosten sind zu erwarten, weil die Eröffnung auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Der Aufsichtsrat, in dem die Eigentümer Berlin und Brandenburg sowie der Bund vertreten sind, sowie Flughafenchef Schwarz gerieten dadurch noch stärker in die Kritik.

Wowereit mahnte in einem Interview einen Neuanfang nach den jüngsten Problemen an. «Es scheint noch notwendiger zu werden, die Arbeit der Geschäftsführung zu flankieren», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Mittwoch). «Der Aufsichtsrat wird sich sicherlich die einzelnen Abläufe noch detaillierter vorlegen lassen, um mehr Sicherheit zu bekommen, dass das Richtige getan wird.»

Trotz der Flughafenmisere hat Wowereit nach Umfrageergebnissen weiter Rückhalt bei den Bürgern. Nach einer Befragung des Instituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift «Stern» wünschen sich 58 Prozent der Deutschen, dass Wowereit weiter im Amt bleibt. Dass er wegen der Pannenserie am Flughafen als Regierungschef zurücktreten soll, meinen 32 Prozent der Deutschen. Das Institut Forsa hatte am 10. und 11. Januar 1001 Bundesbürger befragt.