Berlin Der Bundesregierung muss wegen des Scheiterns der Fusion der Luftfahrt- und Rüstungskonzerne EADS und BAE viel Kritik einstecken. Verteidigungsminister Thomas de Maizière warnt in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa vor einseitigen Schuldzuweisungen. Eine Änderung der umstrittenen Rüstungsexportrichtlinien lehnt er ab. Ihr Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Bundesregierung für das Scheitern der Fusion von […]

Berlin

Der Bundesregierung muss wegen des Scheiterns der Fusion der Luftfahrt- und Rüstungskonzerne EADS und BAE viel Kritik einstecken. Verteidigungsminister Thomas de Maizière warnt in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa vor einseitigen Schuldzuweisungen. Eine Änderung der umstrittenen Rüstungsexportrichtlinien lehnt er ab.

Ihr Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Bundesregierung für das Scheitern der Fusion von EADS und BAE verantwortlich gemacht und gesagt, es sei eine «historische Chance» verpasst worden. Stimmen sie dem zu?

De Maizière: «Nein. Es wurde und wird jetzt viel über die Rolle der Politik geredet. Mir ist aber aufgefallen, dass sich auch die meisten der nicht-öffentlichen Anteilseigner kritisch geäußert haben. Das halte ich für einen bemerkenswerten Vorgang. Ich halte nichts davon, einseitig Verantwortungen zuzuweisen.»

Sind Mega-Fusionen wie die jetzt geplatzte im Rüstungsbereich grundsätzlich problematisch?

De Maizière: «Die Rüstungsindustrie ist unterschiedlich aufgestellt. In vielen Ländern ist sie staatlich oder teilstaatlich, in Deutschland aber nicht. Unsere Stärke ist eine eher mittelständisch geprägte Industrie. In einer solchen Struktur kann Größe von anderen auch ein gewisses Problem bedeuten. Wir haben zudem ein Spannungsverhältnis: Wenn ein Rüstungsunternehmen besonders klein ist, hat es Mühe mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten. Wenn ein Unternehmen zu groß ist, entstehen hingegen Monopolstrukturen, die die Streitkräfte und damit letztlich die Steuerzahler unter Druck setzen. In diesem Spannungsverhältnis gibt es keine optimale Größe eines Unternehmens.»

Die Bundeswehr muss sparen. Sie verhandeln gerade über Kürzungen bei etlichen Großaufträgen für die deutsche Rüstungsindustrie. Wird die Abhängigkeit vom Export weiter steigen?

De Maizière: «Auf dem europäischen und amerikanischen Markt wird die Industrie keine großen Zuwachsraten mehr haben. Deswegen wird der Export an Gewicht zunehmen. Allerdings ist das ein anderer Export als früher. Die Staaten, die sich diese teuren Systeme leisten können – Schwellenländer wie zum Beispiel Indien – wollen Wertschöpfung im eigenen Land. Deswegen müssen wir uns ohnehin darauf einstellen, dass Fertigungskapazitäten mit Empfängerländern geteilt werden müssen.»

Sind vor diesem Hintergrund die bestehenden Rüstungsexportrichtlinien noch zeitgemäß?

De Maizière: «Ja. Ich halte es wie der zuständige Kollege Rösler aus diesem und anderen Gründen für richtig, dass die Beratungen im Bundessicherheitsrat geheim sind. Es gibt Rüstungsgüter, die deutsche Betriebe gemeinsam mit europäischen Partnern produzieren. Oftmals werden diese Güter dann von Drittländern bei diesen EU-Partnern bestellt. In einem solchen Fall müssen wir nicht nur das Empfängerland bewerten, sondern auch die politischen und ökonomischen Auswirkungen für die Kooperation mit unserem Partner. Solche Beratungen darüber gehören nicht in die Öffentlichkeit.»

Gespräch: Michael Fischer, dpa