Bei EADS beginnt die Ära Enders
Der Chef kommt später: Der neue Mann an der Spitze des EADS-Verwaltungsrats Lagardère begann sein Mandat mit Eklat. Er hatte Wichtigeres zu tun, als seiner Wahl beizuwohnen. Der ebenfalls neue EADS-Vorstandsvorsitzende Enders übernimmt ein gut bestelltes Haus. Paris (dpa) – Bei Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern EADS beginnt eine neue Ära. Auf der Hauptversammlung in […]
Der Chef kommt später: Der neue Mann an der Spitze des EADS-Verwaltungsrats Lagardère begann sein Mandat mit Eklat. Er hatte Wichtigeres zu tun, als seiner Wahl beizuwohnen. Der ebenfalls neue EADS-Vorstandsvorsitzende Enders übernimmt ein gut bestelltes Haus.
Paris (dpa) – Bei Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern EADS beginnt eine neue Ära. Auf der Hauptversammlung in Amsterdam löste am Donnerstag der bisherige Airbus-Chef Thomas Enders (53) den altersbedingt ausscheidenden EADS-Vorstandschef Louis Gallois (68) ab. Der neue Verwaltungsratsvorsitzende Arnaud Lagardère (51) übernahm den bisherigen Posten des Deutschen Bodo Uebber und sorgte gleich zum Beginn seines Mandates für Aufsehen. Der Franzose – einer der großen EADS-Aktionäre – blieb dem Treffen fern und ließ sich wegen dringender anderer Verpflichtungen entschuldigen.
«Nach Ende der Hauptversammlung trat der neu ernannte Verwaltungsrat von EADS heute zum ersten Mal zusammen und wählte aus seinen Mitgliedern den künftigen Vorsitzenden sowie den neuen EADS-Vorstandsvorsitzenden», gab der Konzern am Abend in einer Erklärung bekannt. Enders und Lagardère gehören auch dem Strategieausschuss an, in den auch der Ex-Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, als neues Mitglied des Verwaltungsrats einzog. Er könnte Branchenkennern zufolge Nachfolger von Lagardère werden, wenn dieser seine früher geäußerte Absicht verwirklicht, seine EADS-Anteile abzugeben. Enders‘ bisheriger Vize, der Franzose Fabrice Brégier, rückte an die Airbus-Spitze nach.
Das scheidende Führungsteam sprach zum Auftakt des Treffens von einer glänzenden Bilanz für 2011 und positiven Perspektiven fürs laufende Jahr. Allerdings gebe es Risiken, so durch die Euro-Krise und den Druck auf die europäischen Staaten zu Ausgabenkürzungen. Der bisherige Airbus-Chef Enders sprach seinem Vorgänger Dank aus und bezeichnete seine eigene Zeit an der Spitze des Flugzeugherstellers als prägende Periode in seinem Berufsleben. Gallois hatte EADS seit 2007 geführt und räumt altersbedingt nun seinen Posten.
In einem wirtschaftlichen Ausblick betonte er, die Ergebnisse des ersten Quartals dürften die positiven Prognosen fürs Gesamtjahr stärken. Basierend auf einem Euro-Kurs von 1,35 Dollar sagte er ein sechsprozentiges Ertragswachstum vorher. «Wir sind extrem zuversichtlich mit Blick auf 2012 … Der Konzern ist gut aufgestellt, um seine Stellung als globaler Marktführer zu stärken.» Zu den größten Herausforderungen gehöre der Hightech-Flieger A350: «Der A350 stellt das größte Risiko dar und erfordert daher unsere größte Aufmerksamkeit.» Sein Nachfolger sei gut gerüstet für seine Aufgaben und stehe für einen neuen Führungsstil mit neuen Visionen.
Der Deutsche Harald Wilhelm wird künftig neben den Airbus-Finanzen auch diejenigen des Gesamtkonzerns führen, da der bisherige Konzern-Finanzchef Hans Peter Ring in den Ruhestand geht. Gallois erklärte, die größte EADS-Tochter Airbus dürfte in diesem Jahr 570 Flugzeuge ausliefern und bei den Bestellungen eine leicht höhere Zahl erreichen. Airbus hatte 2011 mit 1608 Neubestellungen das beste Jahr seiner Geschichte verbucht.
Gallois hat nach Informationen der französischen Wirtschaftszeitung «Les Echos» (Donnerstag) jegliche Prämie anlässlich seines Ausscheidens abgelehnt, darunter eine in Höhe von 495 000 Euro. Sie ist als Ausgleich für die Verpflichtung gedacht, dass der scheidende Top-Manager sein Wissen nicht der Konkurrenz zugutekommen lässt. Gallois, der bereits früher einen Teil seines Managergehalts karitativen Einrichtungen zukommen ließ, begründete das mit seinem Alter: «Mit 68 Jahren gibt es nur wenig Chancen, dass man mir vorschlägt, bei Boeing zu arbeiten.»