Ralf Teckentrup ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Condor Flugdienst GmbH. Aero-Chefredakteur Dietmar Plath sprach mit ihm über die Zukunft der drittgrößten deutschen Fluggesellschaft, den globalen Wettbewerb und die aus dem Nahen Osten subventionierte Konkurrenz im eigenen Land.   Aero: Wie kommt Condor im Moment mit dem grünen hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, […]

Ralf Teckentrup ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Condor Flugdienst GmbH. Aero-Chefredakteur Dietmar Plath sprach mit ihm über die Zukunft der drittgrößten deutschen Fluggesellschaft, den globalen Wettbewerb und die aus dem Nahen Osten subventionierte Konkurrenz im eigenen Land.

 

Aero: Wie kommt Condor im Moment mit dem grünen hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Tarek Al-Wazir, zurecht, der insbesondere den Betrieb am Frankfurter Flughafen, Ihrer Heimatbasis, nachhaltig beschneiden will?

Teckentrup: Wir hatten bislang sehr gute Gespräche, ich schätze ihn seither sehr. Natürlich vertritt Herr Al-Wazir als Grünen-Politiker die Interessen seiner Wähler, doch ich konnte ihm durchaus auch unsere Sorgen über den in Planung begriffenen künftigen Betrieb am Frankfurter Flughafen klar machen. Ich glaube, er hat verstanden, welche Rahmenbedingungen wir benötigen, um wirtschaftlich erfolgreich operieren zu können. Und: Er hat mir den Eindruck vermittelt, dass er seinen Auftrag als Wirtschaftsminister ebenso ernst nimmt wie seinen Wählerauftrag.

 

Aero: Wie sehen Sie die Perspektiven der Condor in Frankfurt?

Teckentrup: Condor schrumpft in Frankfurt, das ist Fakt, und so lange sich dort an den wirtschaftlichen Vorzeichen nichts ändert, wird das so bleiben. Doch wir bauen dort nicht allein aus dem Grund, dass wir in Frankfurt unzufrieden sind, Kapazitäten ab. Wir wachsen in Köln/Bonn oder in München, weil es uns wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

 

Aero: Sie bieten ein umfangreiches Karibikprogramm an. Stört es Sie, dass Air Berlin nun nachfolgt?

Teckentrup: Sicherlich tut es weh, wenn zu viele Kapazitäten in einen Markt gedrückt werden. Aber damit müssen wir leben. Im Fall von Air Berlin ist es natürlich besonders frustrierend, da die von Abu Dhabi und Etihad Airways subventioniert werden und diese Strecken meiner Meinung nach sonst kaum fliegen könnten.

 

Aero: Schauen Sie im Gegenzug nach neuen Strecken?

Teckentrup: Wir überlegen immer, welche neuen Ziele wir ins Programm nehmen können. Und genau dabei können wir unsere Vorteile ausspielen. Wir sind aufgrund unserer Flotte Spezialisten für dünne Verkehrsströme. Und wir sind in der Lage, Destinationen sehr effizient mit nur ein, zwei, drei Frequenzen zu fliegen. Wir sind also prädestiniert, neue Verbindungen zu erschließen und aufzubauen.

 

Aero: Wird es aufgrund der nach wie vor stark expandieren Nahost-Carrier oder Turkish Airlines für sie immer schwerer, in begehrten Märkten im Wettbewerb zu bestehen? Zumal sich mehr und mehr Airlines beispielsweise auf den Malediven oder in Phuket geradezu die Klinke in die Hand geben?

Teckentrup: Wie kommen zurecht, seien Sie sicher. Doch zugegeben: In Richtung Malediven haben wir aufgrund der sinkenden Nachfrage in den Sommermonaten Kapazitäten herausgenommen. Da können wir mit den Preisen, die die Nahost-Carrier bieten, nicht mithalten. Allerdings halten sich meine Sorgen in Grenzen, denn wenn ich mir unser gesamtes Langstreckennetz anschaue, sehe ich nur wenige Überschneidungspunkte. Und: Wenn wir aus der einen Destination herausgehen, gibt’s genügend Ziele auf unserem Wunschzettel, die dann anfliegbar sind.

 

Aero: Die Condor bietet jetzt auf der Langstrecke an Bord der Boeing 767 ein neues Produkt an. Wie wird das angenommen?

Teckentrup: Extrem gut. Die Kunden sind ebenso zufrieden wie die Crews. Seit Ende Juni sind übrigens alle Langstreckenflugzeuge umgerüstet.

 

Aero: Nehmen sie jetzt auch höhere Preise?

Teckentrup: Unsere neue Business Class entspricht einem  klassischen Business-Class-Produkt und wäre somit natürlich jeden Aufpreis wert. Tatsächlich liegen unsere Tarife jedoch bis zu 50 Prozent unter denen vergleichbarer Produkte bei anderen Airlines.

 

Aero: Ist die Nachfrage dank des neuen Produktes gestiegen?

Teckentrup: Über Auslastungen geben wir generell keine Auskunft. Aber ich kann sagen, dass wir mit unserem Ladefaktor durchaus zufrieden sind.

 

Aero: Sie haben erstmals seit langer Zeit jüngst wieder fabrikneue Flugzeuge in die Flotte integriert. Mit einem Lächeln gefragt: War’s schlimm für Sie als striktem Verfechter der durchaus betagten Condor-Boeings?

Teckentrup (lachend): Nicht so schlimm wie ich dachte! Unsere nagelneuen A321 sind hervorragende Flugzeuge. Die technische Zuverlässigkeit ist hoch, wir müssen uns über keine Kinderkrankheiten ärgern, und der Treibstoffverbrauch ist sensationell niedrig. Doch das kann man im Detail ja erst wissen, wenn man die Flugzeuge unter den eigenen Bedingungen und im eigenen Streckennetz betreibt.

 

Airbus der Condor

Condor hat inzwischen drei A321 eingeflottet, mit denen langfristig die Kurz- und Mittelstreckenflotte modernisiert werden soll. (Bild: Dietmar Plath)

 

Aero: Und bleibt es bei dem Ausmusterungsplan für die Boeing 757?

Teckentrup: Ich liebe meine Boeing 757! Condor wird so lange wie nur irgendwie möglich in sie investieren und sie in der Flotte behalten. Am liebsten über das Jahr 2020 hinaus. Die Stückkosten sind einzigartig gut.

 

Aero: Ein Austausch der Boeing 767 schließt sich aufgrund der nun modernisierten Kabine aus?

Teckentrup: Nicht nur deshalb. Für mich stellt sich immer die Frage, ob sich ein Austausch auch rechnet. Man muss Flugzeuge betreiben, mit denen man in der Lage ist, Geld zu verdienen. Und mit unserer Boeing 767 bin ich mehr als glücklich. Mit ihnen kann ich all die Zielorte, die für uns wichtig sind, erreichen.

 

Aero: Condor bietet ihren Passagieren mit Airshoppen als erste deutsche Fluggesellschaft die Möglichkeit, schon vor dem Flug von zu Hause aus steuerfrei einzukaufen. Wie funktioniert das genau?

Teckentrup: Wir schicken unseren Kunden einen klassischen Katalog nach Hause. Daraus können diese, wenn sie denn möchten, aus mehr als 900 Produkten  – Parfums, Schmuck, Alkohol etc. – Waren auswählen, die sie nirgendwo zu einem besseren Preis erhalten. Die Bestellung läuft via Internet oder telefonisch. An Bord werden die Waren dann dem Kunden überreicht. Die ersten Rückmeldungen sind großartig. Unsere Kunden sind begeistert. Bislang wird Airshoppen zwar nur auf ausgewählten Verbindungen angeboten, doch in den kommenden Monaten werden die Waren auf allen Strecken erhältlich sein.

 

Aero: Warum machen Sie das?

Teckentrup: Zum einen möchten wir stets die Kundenbindung und -zufriedenheit erhöhen. Und natürlich auch den einen oder anderen Euro verdienen. So können wir unsere Produktpalette im Bordverkauf extrem vergrößern und uns von anderen Airlines differenzieren.

 

Dieses Interview ist Teil eines mehrseitigen Porträts über die Condor, das in der aktuellen Juli-Ausgabe von Aero International zu lesen ist. Das Magazin ist ab dem 13. Juni im Handel beziehungsweise in digitaler Form in unserem Online-Shop erhältlich.