Durban, 13. September 2016 Durban ist für deutsche Urlauber ein eher unbekanntes Reiseziel. Das „Miami Südafrikas“ wirkt etwas in die Jahre gekommen. Street Art und Lifestyle sollen die Stadt zu einer echten Trendmetropole machen. Der Anfang ist zwar getan – doch der Weg ist noch weit. Iain Robinson hat eine gewisse Abneigung gegen klinisch saubere […]

Durban, 13. September 2016

Durban ist für deutsche Urlauber ein eher unbekanntes Reiseziel. Das „Miami Südafrikas“ wirkt etwas in die Jahre gekommen. Street Art und Lifestyle sollen die Stadt zu einer echten Trendmetropole machen. Der Anfang ist zwar getan – doch der Weg ist noch weit.

Iain Robinson hat eine gewisse Abneigung gegen klinisch saubere Ausstellungsräume. „Eine Galerie ist wie ein Zoo“, sagt der 34-Jährige. Die Beziehung zwischen Werk und Betrachter sei vorgegeben. Robinson interessiert sich mehr für Kunst im öffentlichen Raum, er macht Street Art, Graffiti. Sein Künstlername ist Ewok. Und er nimmt Touristen mit auf eine „Art Safari“ durch Durban, quasi hinaus in die Wildnis – eine etwas andere Möglichkeit, die südafrikanische Hafenmetropole kennenzulernen.

Auf der Prioritätenliste deutscher Südafrika-Reisender steht Durban nicht unbedingt an vorderer Stelle. Kapstadt ist ein Muss, die Garden Route und Wildtierreservate wie der Krüger-Nationalpark locken mit vielseitiger Natur. Johannesburg hat einen harten Ruf, gilt aber mittlerweile als hip. Und Durban? Vor allem für die Südafrikaner selbst ist die drittgrößte Stadt des Landes mit seiner berühmten Beach Front ein beliebtes Sonne-und-Strand-Ferienziel.

Die Themen Street Art und urbane Subkultur sind in Durban touristisch noch eher unbedeutend. Aber Stadtführungen wie die von Robinson und seinem Architekten-Kumpel Mark Bellingham könnten dazu beitragen, die Stadt als Lifestyle-Metropole bekannter zu machen.

Bislang ist es nicht so, dass Street Art das Stadtbild überall sichtbar prägt. Und so ist der erste Stopp der alternativen Kunsttour auch erst einmal ziemlich bürgerlich-etabliert: die Galerie Art Space, eine Künstlerwerkstatt mit Büros, die schon seit 2007 besteht. Die Galerie sei die erste gewesen, die Street Art in Durban ausgestellt hat, erzählt Robinson. Ein wichtiger Ort also – doch für Urlauber eher unbedeutsam. Und hier ist man dem gestandenen Kunstbetrieb näher als dem Duft der Straße.

Graffiti entstehen oft zuerst an Orten, wo die Abgehängten leben, in verrufenen Gegenden. Die Bilder sind illegal, gelten als Vandalismus. Bis das Thema Street Art von den Vermarktern der urbanen Jugendkultur entdeckt und aufgegriffen wird. Eine gewisse „grimeyness“ sei dann attraktiv, weiß Architekt Bellingham. Das Raue, das Schmutzige – das Gefährliche. „Leute aus der Mittelklasse gehen gerne dorthin, wo es ein bisschen Nervenkitzel gibt“, sagt der Kreative.

Weil man aber Städtereisende nicht durch undurchsichtige Viertel mit Drogen und Kriminalität schicken kann, muss das Thema Street Art erst einmal professionell präsentiert werden, um touristisch relevant zu werden. Und dafür gibt es in Durban einen guten Partner: Propertuity.

Die Immobilienfirma mit ihrem Chef Jonathan Liebman hat bereits in Johannesburg vorgemacht, wie man in einer heruntergekommenen Gegend ein Szeneviertel hochzieht, das sowohl trendbewusste Einheimische als auch Touristen lockt. Dort gibt es die Nachbarschaft Maboneng, mit Hostels, viel schicker Gastronomie, Kaffeeläden, Galerien, Bars und einem stadtbekannten Food-Market in einer alten Lagerhalle. In Maboneng lebt und arbeitet die junge Kreativelite Johannesburgs – und das Viertel ist ein beliebter Anlaufpunkt für Reisende.

Auch in Durban ist Propertuity aktiv, in River Town im Zentrum. Dort gehören der Gesellschaft einige Gebäude, die an junge Unternehmer vermietet werden. Zentraler Anlaufpunkt ist die alte Gewerbehalle an der 8 Morrison Street, eine Art Vorbildprojekt der innerstädtischen Erneuerung und Aufwertung – eine echt hippe Location.

Wer als Tourist durch das Gebäude schlendert, entdeckt schicke Mode- und Designläden, ohne dass hier etwas an eine seelenlose Shopping Mall erinnert. Und natürlich darf auch der obligatorische Coffee Shop nicht fehlen, in dem die Bohnen mit viel Liebe und Selbstbewusstsein gemahlen und aufgebrüht werden.

Leerstehende Häuser für neue Geschäfte nutzen, aus Altem etwas Neues machen: Was in anderen Metropolen quasi schon zum Standardprozedere der Gentrifizierung gehört, sei in Durban noch eine relativ neue Idee, erzählt Bellingham. In Durban hat sich auch das Konzept der durchmischten Nachbarschaft noch nicht durchgesetzt. Es gibt Orte zum Wohnen, zum Arbeiten, zum Ausgehen – dazwischen wird gependelt.

River Town zeigt, wie es anders gehen könnte. „Es war auch das erste wichtige Projekt zur Stadtentwicklung, das Street Art bewusst in seine Ästhetik eingebunden hat“, erzählt Robinson. Künstler seien offiziell eingeladen worden, mitzumachen. „Es ist der Versuch der Stadt, zu sagen, dass Street Art akzeptiert ist, dass man ihr Potenzial erkannt hat.“ Für die Künstler sei es dadurch einfacher geworden, Wände zum legalen Sprühen zu finden.

In der Nachbarschaft lassen sich tatsächlich einige großflächige und aufwendige Kunstwerke besichtigen. Robinson erklärt die Bilder, da sie sich dem Laien nicht immer von selbst erschließen. Da ist ein Bild des Künstlers Delon „4GIVN“ Moody von einem Nashorn, mit der Botschaft „We almost extinct“ („Wir sind fast ausgestorben“). Daneben wurde das Konterfei des Urhebers auf die Wand gesprüht, als Erinnerung – der Mann ist vor einem Jahr früh verstorben.

In den Straßen von River Town lassen sich viele weitere Kunstwerke entdecken. Manche fallen sofort ins Auge, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Andere sind unscheinbarer, versteckt, drängen sich nicht auf. Doch es lohnt sich oft, sich darauf einzulassen. „When something is boring, you are not looking hard enough“, sagt Bellingam. Wenn etwas langweilig ist, schaust du nicht genau hin. Eine Prämisse, die auch für etablierte Kunst in sauberen Galerien gelten dürfte. Doch eine Street-Art-Tour durch Durban ist tatsächlich spannender. Ob sie reicht, um Massen von Touristen anzulocken, ist noch offen.

Philipp Laage, dpa

Info-Kasten:Durban

Anreise: Aus Deutschland gibt es keine Nonstop-Flüge nach Durban. South African Airways fliegt mit Zwischenstopp in Johannesburg nach Durban. Darüber hinaus gibt es weitere Umstiegsverbindungen, zum Beispiel mit Emirates, Qatar Airways, Turkish oder Ethiopian.

Klima und Reisezeit: An der südafrikanischen Ostküste herrscht feucht-warmes Wetter. Der afrikanische Winter von Juni bis September ist dort angenehm. In den Sommermonaten von November bis März regnet es häufig. Südafrika-Urlaub wird trotzdem oft von Oktober bis März gemacht, da die Kapregion in dieser Zeit optimal zu bereisen ist.

Geld: Ein Euro sind etwa 16 Südafrikanische Rand (Stand: 1. September 2016). Geld vor Ort kann per Kreditkarte abgehoben werden.

Informationen: South African Tourism, Friedensstraße 6-10, 60311 Frankfurt (Tel.: 0800/118 91 18, www.dein-suedafrika.de).