Das kleine Emirat Ras Al Khaimah hat sich als Sonne-und-Strand-Ziel am Persischen Golf in Stellung gebracht. Die Eröffnung der längsten Zipline der Welt soll jetzt für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen – und die Pauschalurlauber endlich aus den Hotels locken. Die Zukunft Ras Al Khaimahs hängt an einem stählernen Faden. An einer Zipline, um genau zu […]

Das kleine Emirat Ras Al Khaimah hat sich als Sonne-und-Strand-Ziel am Persischen Golf in Stellung gebracht. Die Eröffnung der längsten Zipline der Welt soll jetzt für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen – und die Pauschalurlauber endlich aus den Hotels locken.

Die Zukunft Ras Al Khaimahs hängt an einem stählernen Faden. An einer Zipline, um genau zu sein. Und weil das kleine Emirat nun einmal am Persischen Golf im Schatten Dubais liegt, handelt es sich nicht um irgendeine Drahtseilrutsche, sondern um die längste Zipline der Welt. Mit dieser Rekordattraktion will Ras al Khaimah künftig Aktivtouristen anlocken – und sein etwas langweiliges Image als reine Badedestination aufpolieren.

Bislang hält die Zipline „The Monster“ auf Puerto Rico mit 2200 Metern den Weltrekord, ebenfalls vom Hersteller Toro Verde. Die Eröffnung der Seilrutsche in Ras Al Khaimah ist für Touristen nun endgültig im Februar geplant. Zunächst war von Dezember 2017 die Rede.

Rund drei Kilometer wird die neue Zipline überwinden, zwei Kabel verlaufen parallel. So können sich Urlauber quasi ein Rennen liefern. Die freihängende Fahrt vom Gipfel des Jebel Jais, mit 1934 Metern höchster Berg der Emirate, dauert gut drei Minuten. So viel Adrenalin war bei einer Reise nach Ras Al Khaimah bislang selten.

Derzeit kommen fast nur Badeurlauber in das kleine Emirat, das mit folgenden Standortfaktoren um Gäste wirbt: Am Persischen Golf ist es ganzjährig warm. Die Flugzeit ab Deutschland ist mit rund sechs Stunden für ein Warmwasserziel im Winter noch akzeptabel, die Zeitverschiebung mit drei Stunden wenig störend. Und die Preise der Pauschalpakete halten sich vergleichsweise in Grenzen. Ras Al Khaimah wirbt mit Fünf-Sterne-Service zum Vier-Sterne-Preis.

Die Reiseveranstalter stimmen in das Loblied ein. Ein verstecktes Juwel mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis sei das Emirat, sagte Thomas-Cook-Chefin Stefanie Berk im Dezember, als der Deutsche Reiseverband (DRV) in Ras Al Khaimah zur Jahrestagung zusammenkam. FTI-Chef Ralph Schiller sprach von einer „Ganzjahresdestination“ für die ganze Familie. Der Münchner Reiseveranstalter bot zeitweilig Vollcharterflüge von Deutschland zum Flughafen Ras Al Khaimah an. Die allermeisten Gäste reisen derzeit über Dubai an.

Etwa 70 Prozent der deutschen Urlauber in Ras Al Khaimah sind tatsächlich Familien. In einem Hotel wie dem «DoubleTree by Hilton Resort & Spa» auf der künstlichen Insel Marjan Island sieht das Publikum im Frühstücksraum nicht anders aus als in einer Ferienanlage auf Gran Canaria oder Kreta. Momentan gibt es 22 Herbergen mit insgesamt mehr als 5000 Hotelzimmern in dem Emirat.

Die Ziele sind ehrgeizig: In den nächsten drei Jahren sollen 4445 neue Zimmer im Drei- bis Fünf-Sterne-Bereich hinzukommen, vor allem auf Marjan Island. Bis 2025 sind allein dort 16 neue Hotels geplant – von Radisson Blu bis Mövenpick. Thomas Cook wird vor Ort bald ein Hotel seiner Familienmarke «Smartline» eröffnen. Haitham Mattar, der Chef der Ras Al Khaimah Tourism Development Authority, formuliert es in der technokratischen Sprache des Tourismusmarketing: „Unsere Marken und Produkte sind ansprechend für die Kundschaft in Europa.“

Ras Al Khaimah will jedoch in Zukunft auch außerhalb der Hotels und Resorts etwas bieten. Derzeit ist da nicht viel. Nationalmuseum und Dhayah Fort sind zwei Zeugnisse der Kulturgeschichte, die so etwas wie Sehenswürdigkeiten darstellen. Das Fazit vieler Besucher lautet jedoch: nicht unbedingt sehenswert. Andere archäologische Stätten sollen erst noch richtig herausgeputzt werden.

Aussichtsreicher sind Aktivitäten in den Bergen, denn die hat – anders als die Wüste – weder Dubai noch Abu Dhabi. Und so können Urlauber im Hadschar-Gebirge Wanderungen und Mountainbike-Touren unternehmen und eine Nacht unter den Sternen schlafen. Die Landschaft ist das Pfund, mit dem Ras Al Khaimah wuchern kann.

Einen Vorgeschmack auf die Rekord-Zipline gibt ein Klettersteig mit drei kürzeren Seilrutschen, der bereits 2017 eröffnet wurde, für Aktivurlauber und solche, die es noch werden wollen. Auf einer Länge von 470 Metern zieht sich die mit Drahtseilen und Haken gesicherte Via Ferrata über den sandfarbenen Stein eines Felshangs. Der Steig ist ausgesetzt, aber nicht besonders schwierig, geeignet für Einsteiger.

Der Ägypter Hossam Bakr, 36, und seine Kletterkollegen aus Indien und Mauritius geben eine Einweisung in die Grundlagen der Technik. Geduldig, ausgeruht, freundlich. Anfangs habe es auch schwierigere Routen durch die Wand gegeben. Aber nun ist nur noch ein Klettersteig offen, maximal 16 Personen täglich sind erlaubt. Eine Gruppe geht morgens, eine nachmittags. „Viele Leute haben sich überschätzt“, erzählt Bakr. Nun geht man lieber auf Nummer sicher.

Gurt anschnallen, Helm aufsetzen, es geht in die Wand. Viele Passagen gleichen eher schmalen Pfaden. Die Guides sind stets zur Stelle, wenn ein Gruppenmitglied Hilfestellung benötigt. Erst folgen zwei kürzere Ziplines, dann eine längere. Das Herz schlägt schneller, während man durch die Luft segelt. Unten auf der Straße hat ein Auto angehalten, und ein Araber filmt das ungewohnte Spektakel mit seinem Tablet. Nach rund drei Stunden ist die Tour vorbei.

Viel aufregender wurde es in Ral Al Khaimah bislang jedoch nicht. Die meisten Urlauber kommen nach wie vor in das Emirat, um sich am Hotelstrand in die Sonne zu legen und abzuschalten. Mit dem Gigantismus in Dubai und dem neuen Louvre in Abu Dhabi kann man ohnehin nicht mithalten. „Wir sind nicht in Eile, hier den höchsten Wolkenkratzer und die größte Mall zu bauen“, sagt Tourismuschef Mattar. „Das haben wir eine Stunde entfernt.“

Nach Ras Al Khaimah reisten 2017 rund 820 000 Besucher, 2019 sollen es eine Million werden und 2025 schon drei Millionen. Die Ambitionen sind also groß. Die Zipline könnte ihren Teil dazu beitragen. Denn am Persischen Golf wissen die Verantwortlichen genau, was international Aufmerksamkeit bringt – im Zweifel ein neuer Weltrekord.

Ras Al Khaimah

Anreise und Formalitäten: Emirates fliegt von mehreren deutschen Städten zum internationalen Flughafen von Dubai. Von dort ist es mit dem Transferbus rund eine Stunde bis Ras Al Khaimah. Für die Einreise in die Vereinigten Arabischen Emirate reicht deutschen Urlaubern ein Reisepass, der noch mindestens sechs Monate über die Reise hinaus gültig sein muss. Die Einreise mit vorläufigen Reisepässen ist nach Angaben der Botschaft der Emirate nicht mehr möglich.

Übernachtung: Ras Al Khaimah bietet klassische Ferienhotels, in denen sich der größte Teil der meisten Urlaube abspielt. Meist werden die Aufenthalte im Rahmen von Pauschalreisen gebucht. Eine Woche im Fünf-Sterne-Hotel inklusive Flug ist im Winter – je nach Hotel – ab etwa 450 bis 550 Euro zu haben.

Geld: 1 Euro sind etwa 4,50 VAE Dirham (Stand: Januar 2018). Weitere Informationen: https://de.rasalkhaimah.ae

Quelle: Philipp Laage, dpa