19.07.2014 Noch hat der Einsatz der internationalen Experten in der Ostukraine gar nicht richtig angefangen. Doch schon jetzt ist klar: Die Absturzursache zu ergründen, wird ein hartes Stück Arbeit. Kiew/Donezk – Der Absturz des malaysischen Passagierflugzeuges über der Ostukraine gibt weiter große Rätsel auf. Die betroffenen Länder fordern eine rasche, umfassende und vor allem unabhängige […]

19.07.2014

Noch hat der Einsatz der internationalen Experten in der Ostukraine gar nicht richtig angefangen. Doch schon jetzt ist klar: Die Absturzursache zu ergründen, wird ein hartes Stück Arbeit.

Kiew/Donezk – Der Absturz des malaysischen Passagierflugzeuges über der Ostukraine gibt weiter große Rätsel auf. Die betroffenen Länder fordern eine rasche, umfassende und vor allem unabhängige Untersuchung der Ursachen für die Katastrophe. Doch die Arbeit der Ermittler gestaltet sich schwierig – und läuft nur langsam an.

Können sich die Fachleute, die schon in der Ostukraine sind, so frei bewegen, wie es für ihre Arbeit nötig ist?

Nein. Sowohl die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als auch die ukrainische Regierung haben sich auch am zweiten Tag nach der Katastrophe beschwert, dass die prorussischen Separatisten die Arbeit der Experten massiv behindern, die bereits jetzt vor Ort sind. Die Ermittler können sich nach den Angaben nicht völlig frei bewegen und stehen unter Aufsicht schwer bewaffneter Rebellen. Inzwischen sollen die Aufständischen nach ukrainischen Angaben immerhin einer «Sicherheitszone» rund um die Absturzstelle zugestimmt haben.

Wie ist die Situation im Absturzgebiet?

Das Gebiet östlich von Donezk, in dem die Trümmer der abgestürzten Maschine liegen, ist riesig. Die Wrackteile sind nach Angaben des ukrainischen Rettungsdienstes über eine Fläche von etwa 25 Quadratkilometern verstreut. Das entspricht in etwa der Größe der ostfriesischen Insel Norderney. Wo die Flugschreiber sind, ist weiterhin nicht definitiv geklärt. Sie könnten in den Händen der Aufständischen sein. Separatistenanführer Alexander Borodaj sagte, die Black Boxes könnten dem Internationalen Roten Kreuz übergeben werden.

Können die Experten sicher sein, dass vor Ort nichts verändert wird, um Manipulationen möglicher Spuren zu verhindern, die die These von einem Raketenabschuss als Absturzursache belegen könnten?

Nein. Der OSZE-Forderung, nichts an der Absturzstelle zu verändern, wurde nach Angaben einer Sprecherin zumindest nicht gänzlich nachgekommen. So seien Gepäckstücke von Flugzeuginsassen fein säuberlich aufgereiht worden. Ein anderer OSZE-Vertreter berichtete, am Samstag seien Leichen von Passagieren des Flugs MH17 von Unbekannten in Plastiksäcke gepackt und an den Straßenrand gebracht worden, ohne dass die OSZE-Experten Erklärungen dafür erhielten.

Und was ist mit den Opfern?

Noch sind längst nicht alle 298 bei dem Absturz getöteten Insassen der malaysischen Passagiermaschine entdeckt worden. Zudem herrschen in dem Gebiet Temperaturen von um die 30 Grad. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums wurden die sterblichen Überreste der Passagiere und Besatzungsmitglieder nach Charkow gebracht, weit weg von den Gefechten. In der etwa 300 Kilometer von der Absturzstelle entfernten Stadt werde ein Labor zur Identifizierung eingerichtet, hieß es. Separatisten wiederum kündigten an, die Leichen würden in Mariupol identifiziert.

Und was ist mit den Familien der Opfer?

Das ukrainische Innenministerium hat in Charkow für Angehörige und Hinterbliebene der Opfer Hunderte Hotelzimmer reserviert. In der Großstadt stünden auch Übersetzer und Psychologen bereit. Noch ist es nach Angaben der Fluggesellschaft Malaysia Airlines nicht in allen Fällen möglich gewesen, Familienangehörige ausfindig zu machen.

Wer koordiniert die internationale Untersuchung?

Das ist noch immer nicht definitiv geklärt. Viele Länder, die Opfer zu beklagen haben, schicken eigene Experten in die Ukraine. Dort ist die Lage aber nach Angaben des Bundeskriminalamtes recht unübersichtlich. Sowohl der genaue Einsatzort als auch die Führung der Mission müssten noch geklärt werden, sagte ein Sprecher. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schlug in einem Brief an die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) die Einsetzung einer aus mehreren Nationen besetzten Untersuchungskommission vor. Deutschland biete für einen Einsatz unter der Leitung der ICAO die Unterstützung der Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung an, sagte Dobrindt «Focus Online».

Irmgard Kern, dpa