Historische Rennräder erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Interessenten sollten aber ein paar Dinge beachten, bevor sie sich auf einen alten Sattel schwingen. Stuttgart/Potsdam (dpa/tmn) – Modelle wie PX10 oder Monaco von Peugeot oder generell Marken wie Bianchi, Colnago, Singer oder René Herse: Namen, bei denen Rennrad-Fans leuchtende Augen bekommen. Immer mehr Enthusiasten suchen und fahren historische […]

Historische Rennräder erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Interessenten sollten aber ein paar Dinge beachten, bevor sie sich auf einen alten Sattel schwingen.

Modelle wie PX10 oder Monaco von Peugeot oder generell Marken wie Bianchi, Colnago, Singer oder René Herse: Namen, bei denen Rennrad-Fans leuchtende Augen bekommen. Immer mehr Enthusiasten suchen und fahren historische Räder. Ein Trend nur für Radfans oder auch eine Wertanlage?

Georg Zeppin sieht durchaus einen wachsenden Markt für Vintage-Fahrräder. «Neben Rennrädern können das normale Fahrräder aus den 1950er- oder 1960er-Jahren sein, wie von Miele oder Opel, historische Mountainbikes, BMX- oder Bonanza-Räder», sagt der Sammler und Redakteur vom Fahrradmagazin «Karl». Die meisten Sammler suchen jedoch historische Rennräder aus Italien oder Frankreich. Dazu zählen unter anderem Bianchi, Colnago oder Peugeot. Aber auch deutsche Marken wie Hercules, Miele oder Diamant können Sammler begeistern.

Grundsätzlich rät Zeppin, das Rad nur in der Rahmengröße zu kaufen, die einem selbst passt. Auch sollte der Rahmen nicht gestaucht, verbogen oder durchgerostet sein. «Wenn nur der Lack abgenutzt ist oder das Rad kleinere Roststellen aufweist, lässt es sich gut restaurieren», sagt er. Unbedingt schrauben können müssen Sammler zwar nicht, aber es schade nicht, wenn sie sich mit Technik etwas auskennen und selbst einen Reifen flicken können. Nur: Je älter das Rad, umso schwieriger wird die Teilebeschaffung. In vielen Großstädten gebe es mittlerweile Fachbetriebe für historische Räder.

Mobile Oldies oder kultige Memorabilia an der Wand

Dabei gehen die Vorlieben der Sammler auseinander: Manche lieben vollrestaurierte Räder in Neuzustand, andere mögen dagegen Patina und eine möglichst berühmte Historie. Zeppin: «Es kommt stark auf die Vorlieben und die spätere Nutzung an. Will ich das Rad selbst fahren oder nur im Wohnzimmer präsentieren?»

Zu finden sind Vintage-Räder auf Onlineplattformen, auf Flohmärkten und in speziellen Radläden. «Scheunenfunde sind bei klassischen Rädern gar nicht so selten, daher lohnen Besuche auf Flohmärkten», sagt Zeppin. Auch Veranstaltungen wie L’Eroica in Italien, Eroica Germania, In Velo Veritas in Wien, Tretro in Sinsheim oder Velo Classico in Schloss Rumpshagen seien immer einen Besuch wert.

Auch bei Fahrrädern gibt es Fälschungen

Robert Witte aus Potsdam sammelt und restauriert seit rund sechs Jahren historische Fahrräder. Der Gymnasiallehrer hat sich in der Zeit so tief in die Materie eingearbeitet, dass er kürzlich ein Ratgeberbuch über Vintage-Fahrräder veröffentlicht hat. «Angefangen hat es mit meinem Instagram-Kanal Vintage Velorian, auf dem ich gezeigt habe, wie ich historische Rennräder restauriere», sagt Witte. «Dann habe ich immer mehr Anfragen dazu erhalten, wie Interessenten einen Klassiker finden und erkennen.»

Denn auch auf dem Radmarkt gebe es Fälschungen, nicht jedes Rennrad sei tatsächlich auch eins. «Rennräder besitzen an Gabel oder Rahmen keine Aufnahmen für einen Dynamo. Die Ausfallenden, also die Aufnahmen der Achsen am Rahmen, besitzen keine Bohrungen für Schutzblechhalterungen», sagt Witte. Bei hochwertigen Rennrädern sei diese häufig verschweißt oder verchromt.

Schäden lassen sich manchmal gut erkennen

Um Rahmenschäden wie Stauchungen zu erkennen, empfiehlt Robert Witte, mit der Hand den Rahmen direkt hinterm Steuerrohr zu kontrollieren. Leichte Wellen oder abplatzender Lack geben ebenso meist Aufschluss über einen Totalschaden wie Risse im Bereich des Tretlagers. Rost im Innenrohr erkennt man, indem man die Sattelstütze abnimmt. «Wenn die sich nicht bewegt, ist der Rahmen meist hin», sagt er. Hingegen lassen sich optische Mängel einfach beheben und Ersatzteile besorgen.

«Es gibt viele kleinere Radschmieden aus Italien, die hochwertige Rennräder gebaut haben. Aber auch deutsche Manufakturen wie Hugo Rickert oder Albuch Kotter sind für Sammler interessant», sagt Witte. Bei den Touring-Rädern gebe es schöne Modelle von Diamant, Hercules, Wanderer oder Dürkopp. Sammler schauen nicht nur auf bekannte Marken, sondern auch auf Rohrhersteller wie Columbus aus Italien, Tange aus Japan oder Reynolds aus Großbritannien.

Auf den Klassiker aufsteigen muss nicht teuer sein

Günstige historische Fahrräder finden Radliebhaber von Gazelle oder Batavus. «Die wurden in hohen Stückzahlen hergestellt und die Qualität ist gut», sagt Robert Witte. Modelle zwischen 1980 und Ende der 1990er Jahre bieten eine gute Ersatzteilversorgung und Hobbyschrauber können viel selbst machen. «Schöne Räder von Peugeot kosten rund 200 Euro, spezielle von Profis gefahrenen Modelle können fünfstellig kosten», sagt er. Sein Traumrad: Colnago Arabesque 50th Anniversary Campagnolo. Schätzpreis: je nach Zustand bis zu 10 000 Euro.

Ein schönes Rennrad aus den 1980er Jahren kostet je nach Zustand ab 500 Euro, für italienische Spitzenmodelle zahlen Sammler auch 2500 Euro und mehr, so Georg Zeppin. «Als Wertanlage taugen historische Rennräder aber selten», sagt er. «Sie dürfen daher auch ab und an wie normale Fahrräder eingesetzt werden.» Für ihn heißt das: jedes Rad mindestens einmal im Jahr bei Sonne und trockener Straße bewegen.

Räder, Ersatzteile, Werkzeug, Infos und Gleichgesinnte sucht und findet der Experte in sozialen Medien wie Facebook. Nach der Meinung von Witte geht der Trend hin zum restaurierten Rad, häufig als Accessoire oder Wandschmuck für die Wohnung. «80 Prozent der Besitzer kaufen sich solch ein Rad, um damit zu fahren, die übrigen 20 Prozent zum Angeben», sagt er.

Auf zur Ausfahrt mit den Stahlschönheiten

Für Horst Watzl undenkbar. Ihm sind Originalität und Patina wichtiger als blankpolierte Felgen. Vor zehn Jahren gründete er gemeinsam mit zwei Kollegen In Velo Veritas in Wien. Seitdem treffen sich Besitzer von historischen Rennrädern jährlich zu einer Ausfahrt im Weinviertel nördlich von Wien und tauschen sich aus. Bei den Rädern bis Jahrgang 1987 müssen die Schaltung am Rahmen und die Bremszüge außen liegen sowie die Pedale Riemen besitzen. «Den Trend zu Vintage-Rädern mit der besonderen Ästhetik gibt es abseits der speziellen Vintage-Veranstaltungen auch seit geraumer Zeit in Städten», sagt Watzl. «In den vergangenen Jahren hat die Begeisterung dafür merklich zugenommen.»

dpa/tmn fhb yyzz a3 xlt loe nhr