24.02.2016 Die Zahlen sind schick. Gewinnplus und Rekordaufträge stehen in der Bilanz der Airbus Group. Doch der Flugzeug- und Rüstungskonzern muss sich auch künftig mit einigen Problemen herumschlagen – auch hausgemachte. London/Toulouse (dpa) – Für viele ist London ein Zeichen. Die Airbus Group hat ihre Jahresbilanz zuletzt auf dem Kontinent vorgestellt: am Konzernsitz im niederländischen […]

24.02.2016

Die Zahlen sind schick. Gewinnplus und Rekordaufträge stehen in der Bilanz der Airbus Group. Doch der Flugzeug- und Rüstungskonzern muss sich auch künftig mit einigen Problemen herumschlagen – auch hausgemachte.

London/Toulouse (dpa) – Für viele ist London ein Zeichen. Die Airbus Group hat ihre Jahresbilanz zuletzt auf dem Kontinent vorgestellt: am Konzernsitz im niederländischen Leiden, in Berlin, München oder der Zentrale Toulouse. Tom Enders überlässt es seinem Sprecher, auf die Bedeutung der britischen Produktionsstandorte hinzuweisen. Der allseits vermutete Grund «Brexit» kommt später zur Sprache. Neben dem möglichen Austritt der Briten aus der EU gibt es trotz Zuwächsen bei Umsatz und Gewinn viele Herausforderungen.

A400M – «Wir glauben, dass die A400M auf lange Zeit das beste Militärtransportflugzeug sein wird», sagt Enders nach jahrelangen Verzögerungen und Negativ-Schlagzeilen. Mehrkosten von fünf Milliarden Euro brachten das Projekt fast zum Platzen. In den vergangenen zwei Jahren musste die Airbus Group 800 Millionen Euro zusätzlich schultern. Insgesamt lieferte Airbus 2015 gerade mal elf Maschinen aus, 2016 sollen es mindestens 20 werden. Jedes Land hat Extra-Wünsche angemeldet, die ausgelieferten Flieger erfüllen noch nicht alle Spezialfunktionen. Enders‘ Hoffnung liegt nun auf Bestellungen aus anderen Ländern, auch die USA hat er im Fokus.

A320neo – Der Mittelstreckenjet soll mit neuen Triebwerken den Spritverbrauch um mindestens 15 Prozent senken. Der Erfolg setzt den Hersteller inzwischen unter Druck: Rund 4500 Maschinen sind in den verschieden Varianten bestellt, bei aktueller Rate würde die Produktion fast neun Jahre dauern. Airbus fährt die Produktion deshalb auf jährlich 720 Jets ab 2019 hoch. Die ersten Auslieferungen förderten technische Probleme zutage: Die Triebwerke von Pratt & Whitney müssen am Boden länger gekühlt werden, auch bei der Software gibt es Nachbesserungsbedarf.

A380 – Der weltgrößte Passagierjet kann bei enger Bestuhlung mehr als 850 Fluggäste befördern und machte Boeings Jumbo-Jet 747 inzwischen fast den Garaus. Doch die extrem großen Maschinen lassen sich für Fluggesellschaften auf den meisten Strecken nicht rentabel einsetzen. Von den insgesamt 319 bestellten A380 hat Airbus den Großteil bereits ausgeliefert. Nachdem der Hersteller 2015 erstmals kein Geld mehr draufgelegt hat, drosselt er jetzt die Produktion. Über eine Neuauflage als A380neo mit sparsameren Triebwerken hat Enders noch nicht entschieden: «Wir müssen natürlich mehr A380 verkaufen.»

Raketen – Für die Europäische Weltraumagentur Esa entwickelt der Raketenbauer Airbus Safran Launchers die neue Trägerrakete Ariane 6. Der Zusammenschluss der beiden Raketenbauer unter anderem für dieses Projekt ist laut Enders in der ersten Phase mit einem kleinen Team erfolgreich verlaufen. Doch nun hakt es. «Phase zwei ist nicht einfach, ich bin nicht zufrieden mit dem Fortschritt.» Der Konzernchef sieht «zu viele europäische Reglementierungen». Damit gehe wichtige Zeit gegenüber den internationalen Mitbewerbern verloren. Der Raketenmarkt mit zahlreichen privaten und öffentlichen Aufträgen für Satellitentransporte gilt als lukrative Zukunftsperspektive.

Rüstung – Airbus ist dabei, seine Sparte für Rüstungselektronik zu verkaufen, um sich auf Flugzeuge, Raketen und Satelliten zu konzentrieren. In London ging Enders nicht in Details. Als Favoriten gelten Finanzinvestoren, es soll um bis zu 1,3 Milliarden Euro gehen. Das Geschäft mit der vor allem an den Standorten Ulm, Friedrichshafen und Ottobrunn produzierten Grenzsicherung soll zunächst im Haus bleiben. «Das ist keine strategische Entscheidung», betont Enders mit Blick auf Migranten und Diskussionen um Grenzschließungen in Europa. Es gehe «sehr praktisch» um verwobene Probleme etwa mit Geschäftspartnern aus dem arabischen Raum. Strategie-Chef Marwan Lahoud: «Der Bereich ist immer noch zu verkaufen – nur später.»

«Brexit» – Kaum Einfluss hat die Airbus Group auf die politische Entscheidung über einen Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. «Ein «Brexit» würde unsere Wettbewerbsfähigkeit in Großbritannien nicht steigern», sagte Enders in London. «Bei einer solchen Entscheidung könnte niemand die Konsequenzen absehen.» Kurz: «Geschäftsleute gehen nicht gern ins Dunkle und Unbekannte.»

Gerd Roth, dpa und Steffen Weyer, dpa-AFX