Wenn Fluggesellschaften große Teile ihrer Flotten stilllegen und Staatshilfen zum Überleben brauchen, trifft das natürlich auch die Flugzeugbauer und ihre Zulieferer. Der DAX-Konzern MTU nutzt die Ruhe vor dem Sturm und bereitet sich auf eine lange Eiszeit vor. München (dpa) – Der Triebwerksbauer MTU hat 60 Prozent seiner Belegschaft in Deutschland in Kurzarbeit geschickt und […]

Wenn Fluggesellschaften große Teile ihrer Flotten stilllegen und Staatshilfen zum Überleben brauchen, trifft das natürlich auch die Flugzeugbauer und ihre Zulieferer. Der DAX-Konzern MTU nutzt die Ruhe vor dem Sturm und bereitet sich auf eine lange Eiszeit vor.

Der Triebwerksbauer MTU hat 60 Prozent seiner Belegschaft in Deutschland in Kurzarbeit geschickt und schließt einen Stellenabbau nicht aus. Im Moment seien zwar noch keine Aufträge storniert worden, aber wenn der Flugzeugbau erst in zwei oder drei Jahren wieder sein Niveau vor der Corona-Krise erreiche, «wird sich das natürlich auswirken», sagte Vorstandschef Reiner Winkler am Donnerstag in München.

Der DAX-Konzern bekomme jetzt mit einem Schuldschein zusätzliches Geld in die Kasse und könne weitere Bankkredite aufnehmen. «Unter einen staatlichen Rettungsschirm zu schlüpfen, ist aktuell nicht notwendig», sagte Finanzchef Peter Kameritsch. Um die Zahlungsfähigkeit zu sichern, senkt der Flugzeugzulieferer an allen Standorten die Ausgaben, legt nicht betriebsnotwendige Investitionen auf Eis und verhandelt mit Partnern und Zulieferern über Zahlungsmodalitäten.

Die Krise spiegle sich in den Geschäftszahlen des ersten Quartals noch nicht wider, sagte Winkler. Der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro, der Gewinn fiel um 12 Prozent auf 112 Millionen Euro. Doch ab dem laufenden zweiten Quartal würden sich die Belastungen für Umsatz und Ergebnis deutlich zeigen, sagte der Konzernchef.

Die zivile Luftfahrt hat den Betrieb wegen der Corona-Pandemie weitgehend eingestellt, die Lufthansa und Dutzende anderer Fluggesellschaften haben Staatshilfe beantragt und legen Flugzeuge still. Airbus und Boeing haben ihre Produktionszahlen für die nächste Zeit drastisch gekürzt. Im Neugeschäft habe MTU im Moment noch keine Stornos, aber «das mag noch kommen», sagte Winkler. Die Nachfrage dürfte sich «deutlich reduzieren», nicht nur im Neugeschäft: Auch das für MTU sehr profitable Wartungsgeschäft werde betroffen sein, wenn weniger geflogen wird und Fluggesellschaften ältere Flieger ausmustern. Ob das Geschäft 2022 oder 2023 oder erst später wieder sein altes Niveau erreiche, könne niemand vorhersagen.

MTU hatte seine Werke in Deutschland und Polen drei Wochen lang komplett geschlossen und arbeitet zur Zeit wieder mit etwa 40 Prozent der Kapazität. Die Lieferkette sei «einigermaßen stabil», bei verringertem Volumen.

Von den rund 8000 MTU-Mitarbeitern in Deutschland sind derzeit 60 Prozent, also etwa 4800, in Kurzarbeit. «Wir haben bis Ende Oktober Kurzarbeit beantragt. Man kann das auch verlängern», sagte Winkler. «Man muss auf Sicht fahren.» Ein Stellenabbau sei nicht geplant, aber «man kann es nicht kategorisch ausschließen». Weltweit beschäftigt MTU fast 11 000 Mitarbeiter.

MTU baut und wartet auch Triebwerke für den Eurofighter und andere Militärflugzeuge. Das Unternehmen erwartet kaum Auswirkungen der Krise auf das – im Vergleich zum Zivilgeschäft kleinere – Militärgeschäft.

dpa rol yyby z2 tos