Die Tarifkonflikte bei der Lufthansa sind ungelöst. Die Flugbegleiter drohen nun mit Streik. Doch worum geht es in der Auseinandersetzung überhaupt? Frankfurt/Berlin (dpa) – Ufo-Chef Nicoley Baublies will Ernst machen. Seit zwei Jahren laufen die komplexen Tarifgespräche seiner Gewerkschaft mit der Lufthansa, nun will er die Flugbegleiter zum Streik aufrufen. Die Lufthansa will das nach […]

Die Tarifkonflikte bei der Lufthansa sind ungelöst. Die Flugbegleiter drohen nun mit Streik. Doch worum geht es in der Auseinandersetzung überhaupt?

Frankfurt/Berlin (dpa) – Ufo-Chef Nicoley Baublies will Ernst machen. Seit zwei Jahren laufen die komplexen Tarifgespräche seiner Gewerkschaft mit der Lufthansa, nun will er die Flugbegleiter zum Streik aufrufen. Die Lufthansa will das nach 13 Streikrunden der Piloten verhindern.

Ist das überhaupt möglich?

«Wir werden alles rechtlich Mögliche tun, um einen Streik zu verhindern», sagte Bettina Volkens, Vorstand Personal und Recht der Lufthansa, am Sonntag. Dazu gehört auch, möglicherweise die Schlichtung anzurufen. Lufthansa hat Unternehmensangaben zufolge mit Ufo bezüglich aller offenen Tarifverträge eine Vereinbarung, wonach bei Scheitern von Tarifverhandlungen eine Schlichtung angerufen werden kann. Dem könnte sich auch Ufo nicht entziehen. Die Gewerkschaft dürfte dann nicht zum Streik aufrufen, weil eine Friedenspflicht gelten würde.

Eine Ausnahme ist nach Angaben von Lufthansa das Thema Versorgung, hier hatte es bereits einen erfolglosen Schlichtungsversuch gegeben. Die Lufthansa kündigte am Sonntag aber an, in diesem Fall eine weitere Schlichtung anrufen. Hier würde die Verfahrensabrede mit Ufo aber nicht gelten.

Welcher Vorschlag der Lufthansa liegt auf dem Tisch?

Die Lufthansa will die zentralen Tarifverträge zur Vergütung bis Juli 2016 sowie zur Alters- und Übergangsversorgung sofort abschließen. Die übrigen Themen will die Airline mit Ufo am Verhandlungstisch besprechen. Sollte dort keine Lösung gefunden werden, schlägt Lufthansa eine Schlichtung vor.

Was schlägt Lufthansa konkret bei der Vergütung vor?

Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag für einen Vergütungstarifvertrag mit einer Laufzeit bis 31. Juli 2016. Darin schlägt die Airline eine Einmalzahlung von 2200 Euro für die Flugbeigleiter vor. 1200 Euro sollen mit der Abrechnung im Januar 2016 ausgezahlt werden, über die restlichen 1000 Euro soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Außerdem soll die Vergütung um 1,0 Prozent steigen.

Was bietet der Konzern bei der Alters- und Übergangsversorgung?

Wie bisher sollen die Flugbegleiter mit 55 Jahren ausscheiden können, allerdings mit Abschlägen bei der Übergangsversorgung. Ab 56 Jahren wäre dies dann – bei einer Verzinsung des Vorsorgevermögens von 5,5 Prozent – ohne Abschläge möglich. Bisher garantiert die Lufthansa die Höhe der Beiträge mit einer Verzinsung von 6 bis 7 Prozent. In dem neuen Konzept ist dagegen keine feste Verzinsung vorgesehen, sie soll stattdessen von der Entwicklung am Kapitalmarkt abhängig sein. Damit müssten die Beschäftigten künftig das Risiko der Zinsentwicklung tragen.

Bei der Betriebsrente soll dem Angebot zufolge – anders als bisher – Folgendes gelten: Wer länger fliegt, bekommt auch mehr Geld. Das kann nach Berechnungen von Lufthansa so weit gehen, dass ein Flugbegleiter, der bis zum Alter von 65 Jahren fliegt, eine Rente auf dem Niveau seines letzten Gehalts bekommt.

Was wollte Ufo erreichen?

Der Gewerkschaft Ufo hat in den vergangenen zwei Jahren vor allem um eine Absicherung der Beschäftigten gekämpft. Ufo hat damit versucht zu verhindern, dass die verschiedenen Unternehmensbereiche gegeneinander ausgespielt werden, sagte Baublies. Ufo war nicht grundsätzlich gegen die Gründung der neuen Billigschiene. Wichtig sei aber, die Beschäftigungsbedingungen bei bestehenden Gesellschaften wie Lufthansa und Germanwings zu schützen. Schmerzlich ist für die Gewerkschaft allerdings die geplante Verlagerung von bisherigen Germanwings-Jets an eine österreichische Lufthansa-Tochter außerhalb des deutschen Tarifrechts. Der Konzern will die neuen Fluggesellschaften unter dem Dach der Eurowings möglichst tariffrei halten.

Welche Tarifbaustellen gibt es noch bei Lufthansa?

Europas größte Fluggesellschaft führt derzeit mit mehreren Gewerkschaften getrennte Verhandlungen für unterschiedliche Berufsgruppen. Mit den Gewerkschaften VC wird derzeit nur für die Übergangsversorgung von rund 5400 Piloten bei Lufthansa, Germanwings und Lufthansa Cargo verhandelt. Der Dauerstreit kann nach bisher 13 Streikrunden durchaus wieder eskalieren. Mit Verdi verhandelt die Airline für das Bodenpersonal. Hier ist nach Angaben eines Lufthansa-Sprechers ein Abschluss bis Ende November angepeilt.

Wie wahrscheinlich ist ein gemeinsames Vorgehen der Gewerkschaften?

Auf den ersten Blick scheint es auf der Hand zu liegen, dass die drei verschiedenen Luftverkehrsgewerkschaften bei der Lufthansa zusammenarbeiten. Lufthansa und ihre Kunden könnten mit abwechselnden Streiks verschiedener Berufsgruppen am Boden gehalten werden. Ufo will sich mit der Pilotengewerkschaft VC und Verdi abstimmen, um ein gemeinsames Vorgehen zu verabreden. Allerdings war das Verhältnis zuletzt angeschlagen. Die VC war sehr verärgert darüber, dass Ufo während der Pilotenstreiks damit gedroht hatte, über die neue, von ihr dominierte «Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL)» selbst Abschlüsse für Lufthansa-Piloten anzustreben. Der IGL-Plan bedroht zudem Verdi.