20.07.2014 Während an der Absturzstelle der malaysischen Boeing weiter Chaos herrscht, sind sich die USA bei der Schuldfrage ziemlich sicher. Haben etwa russische Soldaten den Aufständischen geholfen, die komplexe Raketentechnik zu bedienen? Donezk/Kiew (dpa) – Bei der Untersuchung des Boeing-Absturzes nahe Donezk muss nach den Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier geklärt werden, ob Kräfte aus Russland […]

20.07.2014

Während an der Absturzstelle der malaysischen Boeing weiter Chaos herrscht, sind sich die USA bei der Schuldfrage ziemlich sicher. Haben etwa russische Soldaten den Aufständischen geholfen, die komplexe Raketentechnik zu bedienen?

Donezk/Kiew (dpa) – Bei der Untersuchung des Boeing-Absturzes nahe Donezk muss nach den Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier geklärt werden, ob Kräfte aus Russland direkt am Abschuss des Flugzeugs beteiligt waren. «Die Täter und ihre Hintermänner dürfen nicht entkommen», sagte der SPD-Politiker der Zeitung «Bild am Sonntag». Die USA hegen den Verdacht, dass Aufständische das Flugzeug der Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord mit einer Rakete abgeschossen haben und dabei von Soldaten aus Russland unterstützt wurden.

An diesem Sonntag wollen 132 malaysische Experten, darunter Ärzte und Militärs, zum Absturzort fahren. Sie waren am Samstag in Kiew gelandet. Der niederländische Außenminister Frans Timmermans kam ebenfalls mit einer Gruppe von 15 Experten in der ukrainischen Hauptstadt an. Die meisten der 298 Passagiere an Bord von Flug MH17 waren Niederländer.

Auch Deutschland beteiligt sich an der Bergung und Identifizierung der Opfer. Zwei Fachleute des Bundeskriminalamtes reisten am Samstag in die Ukraine. Ein BKA-Sprecher sagte, sie wollten sich in Kiew mit einem größeren Team von Identifizierungsexperten treffen und das weitere Vorgehen besprechen. Sowohl der genaue Einsatzort als auch die Führung der Mission müssten noch geklärt werden.

Es besteht die große Sorge, dass es den beteiligten Kräften in der Ostukraine gelingen könnte, eine Aufklärung der Katastrophe zu verhindern und Täter ihrer Strafe entgehen könnten.

Vor dem Eintreffen ausländischer Luftfahrtexperten herrschen an der Absturzstelle der Boeing in der Ostukraine weiter chaotische Zustände. Schwer bewaffnete und teils maskierte Separatisten behinderten die Arbeit der OSZE-Mission am Unglücksort, wie deren Sprecher Michael Bociurkiw am Samstagabend dem Sender CNN berichtete.

Bei dem Absturz waren alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder an Bord der Boeing ums Leben gekommen – unter ihnen 193 Niederländer und 4 Deutsche.

«Das Problem ist, dass es keine Absperrung des Ortes gibt, wie sonst üblich. Jeder kann da rein und womöglich mit Beweisstücken herumhantieren», kritisierte OSZE-Sprecher Bociurkiw. Unklar ist auch der Verbleib der beiden Flugschreiber.

Die Regierung in Kiew warf den prorussischen Separatisten vor, am Absturzort Beweismaterial zu vernichten. Die Aufständischen wollten mit Lastwagen Wrackteile über die russische Grenze bringen. Die Separatisten versuchten, «Beweise ihrer Mitwirkung an dem Unglück vertuschen». Zudem hätten die militanten Gruppen 38 Leichen von der Absturzstelle in die Großstadt Donezk gebracht. Die Separatisten wiesen alle gegen sie gerichteten Vorwürfe zurück.

Die Hintergründe der Katastrophe sind weiter unklar. Nach Worten von US-Präsident Barack Obama sind dafür sehr wahrscheinlich die moskautreuen Kräfte verantwortlich. Die Boden-Luft-Rakete, die das Flugzeug abgeschossen habe, sei aus einem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden, sagte Obama am Freitag.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, hatte eine Verstrickung Russlands in den Abschuss von Flug MH17 angedeutet. «Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat», sagte sie bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York.

Die russische Führung wies jegliche Verantwortung von sich und kritisierte Berichte über einen angeblichen Abschuss der Maschine als «voreilig». Damit sollten offenbar Ermittler beeinflusst werden, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

Von mehr als 100 Absturzopfern fehlte auch zwei Tage nach dem Unglück weiter jede Spur. Bislang seien 186 Leichen geborgen worden, teilte der staatliche ukrainische Rettungsdienst am Samstag mit. Die Suche nach den übrigen Opfern gestalte sich sehr schwierig, da die Wrackteile über etwa 25 Quadratkilometer verstreut seien.