Die Klimaziele zu erreichen, ist für jedes Land eine Herausforderung. Norwegen greift nun zu einem drastischen Ansatz: Ab 2025 sollen neue Fahrzeuge in dem Land keine klimaschädlichen Gase mehr ausstoßen. Die Mehrheit im Parlament für das politische Ziel scheint sicher. Oslo (dpa) – Norwegen verfolgt im Kampf gegen den Klimawandel ehrgeizige Ziele: Wenn es nach […]

Die Klimaziele zu erreichen, ist für jedes Land eine Herausforderung. Norwegen greift nun zu einem drastischen Ansatz: Ab 2025 sollen neue Fahrzeuge in dem Land keine klimaschädlichen Gase mehr ausstoßen. Die Mehrheit im Parlament für das politische Ziel scheint sicher.

Oslo (dpa) – Norwegen verfolgt im Kampf gegen den Klimawandel ehrgeizige Ziele: Wenn es nach den Plänen der Regierungsparteien geht, sollen ab 2025 alle neuen Fahrzeuge nur noch emissionsfrei fahren. Damit soll der Ausstoß von klimaschädlichen Abgasen verringert werden. Das ist ein wichtiger Punkt im Nationalen Transportplan, der derzeit im Land heftig diskutiert wird.

Der Plan wurde unter anderem von der norwegischen Straßenbehörde, der Bahn und den Flughafenbetreibern mit erarbeitet. «Nach 2025 sollen neue private Autos, Busse und leichte Nutzfahrzeuge Null-Emissions-Fahrzeuge sein», heißt es darin – auch die Regierungsparteien in Oslo geben dies als Ziel aus. Ob es am Ende etwa auch zu Zulassungsverboten oder steuerlichen Mehrbelastungen für Diesel- und Benzinautos kommen soll, werde noch debattiert, hieß es am Dienstag aus der Zentrale der Partei Høyre.

Zum Übergangszeitraum bis 2025 hält der nationale Plan fest: «Bis Null-Emissions-Fahrzeuge Benzin- und Dieselfahrzeuge ersetzen, sollten aufladbare Hybride zum größtmöglichen Grad nur mit Biotreibstoff betrieben werden.»

Der Transportsektor ist für ein Drittel des C02-Ausstoßes in Norwegen verantwortlich. Auch andere Verkehrsträger sollen umgekrempelt werden: Nach 2030 sollen alle neuen Schiffe und Fähren abgasfrei sein, im Flug- und im Schwerlastverkehr soll mehr Biotreibstoff eingesetzt werden.

Das Land mit etwas mehr als fünf Millionen Einwohnern ist in Sachen E-Mobilität bereits führend. In keinem anderen Staat in Europa werden gemessen an der Bevölkerung so viele Elektroautos verkauft. 15 Prozent aller neu zugelassenen Personenwagen fahren mit Strom. Und es sollen noch viel mehr werden. Norwegen – dank großer Öl- und Gasvorkommen reich geworden – gewinnt nahezu 100 Prozent seines Stroms aus umweltfreundlichen Quellen: Wasser und Wind.

Die Anschaffung von Elektroautos wird bereits seit Jahren massiv gefördert, mit Steuererleichterungen und Abgabenfreiheit. Das hat den Verkauf der Stromer mächtig angekurbelt. Doch dem Staat sind damit geschätzt 2,3 Milliarden Kronen (243 Mio Euro) Steuern durch die Lappen gegangen, weshalb die Regierung nun in der Zwickmühle ist. Soll sie den Wandel weiter finanziell unterstützen – oder sind die Teslas, VWs und Nissans inzwischen auch ohne Zuschüsse attraktiv?

Das Hauptproblem der strombetriebenen Fahrzeuge ist die Batterie. Mit einem Nissan Leaf für rund 200 000 norwegische Kronen (21 000 Euro) kommt man ungefähr 200 Kilometer weit, der Tesla Model S für rund 900 000 Kronen muss nach 500 Kilometern an die Steckdose. Und die sind nicht immer so leicht zu finden. Louise Brunborg-Næss hat damit böse Erfahrungen gemacht. Die 38-Jährige hat sich vor ein paar Monaten ein gebrauchtes E-Auto gekauft und wäre fast damit stehen geblieben.

«Ich war völlig verzweifelt», erzählt die dreifache Mutter. Mit Glück erreichte sie doch noch eine andere Ladestation. Doch seitdem hat sie «rekkevideangst» – Reichweitenangst. Ihr Elektroauto nimmt sie nun fast nur zum Einkaufen und wenn die Söhne zum Fußballtraining gebracht werden müssen. Längere Fahrten unternimmt die Familie im Zweitwagen, einem Diesel.

«Ich glaube nicht, dass Elektroautos die Zukunft sind», sagt der Autoverkäufer Hans-Petter Kleven. Der Volvo-Fachmann schätzt eher, dass Hybridautos und Wasserstoff-Fahrzeuge sich auf Dauer durchsetzen werden. «Man muss einfach zu viel planen mit einem Elektroauto. Das ist einfach nicht praktisch.» Auch Nils Sødal vom Automobilclub NAF meint, bevor Norwegen die Autos mit Verbrennungsmotor verbannt, müsse noch einiges geschehen. «Es müssen noch mehr Ladestationen gebaut werden, vor allem für Wasserstofffahrzeuge.»

Für die gebe es bislang kaum Tankstellen. Außerdem müssten die Batterien der Stromer besser werden und größere Reichweiten zulassen. «Doch da bewegt sich was», ist Sødal sicher. Die Batterien würden immer leistungsfähiger. Nissan kündigte im Herbst an, die nächste Generation des Leaf werde eine Reichweite von 500 Kilometern haben.

Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Umstellung auf umweltfreundliche Fahrzeuge gelingt, ist aber nach Ansicht des Verkehrsexperten, dass die steuerlichen Vorteile für Elektroautos bestehen bleiben. Dass dem Staat damit hohe Einnahmen verloren gehen, müsse man einfach akzeptieren.

Die Regierung aus Konservativen und Liberalen plant bereits den Ausstieg aus der Förderung, so wie sie heute besteht. «Die vier nichtsozialistischen Parteien sind sich einig, dass die Steuervorteile für Null-Emissions-Fahrzeuge nach 2017 schrittweise zurückgenommen werden», sagte Nikolai Astrup, der Leiter des Transportkomitees im Parlament. Ob man auf die Förderung künftig verzichten kann, bleibt heftig umstritten.

Angedacht sei, die Kfz-Steuer ab 2018 wieder einzuführen und die Befreiung von der Mehrwertsteuer durch einen einmaligen Zuschuss zu ersetzen, der nach und nach reduziert wird. Die freie Fahrt auf den Busspuren ist in einigen Städten bereits jetzt eingeschränkt. Ob Elektroautos weiter kostenlos parken können, sollen die Kommunen selbst entscheiden können. Im Frühjahr 2017 soll der Plan ins Parlament eingebracht werden.

 

 Von Sigrid Harms, dpa