03.01.2016 Schweden will den Zuzug von Flüchtlingen eindämmen. An der Grenze zu Dänemark werden von Montag an Pässe kontrolliert. Der wirtschaftlich wichtige Grenzverkehr droht ins Stocken zu kommen. Auch für Deutschland könnte das Folgen haben. Kopenhagen/Malmö (dpa) – Am Öresund sind Dänemark und Schweden eng zusammengewachsen, täglich pendeln Zehntausende über die Brücke ins Nachbarland. Das […]

03.01.2016

Schweden will den Zuzug von Flüchtlingen eindämmen. An der Grenze zu Dänemark werden von Montag an Pässe kontrolliert. Der wirtschaftlich wichtige Grenzverkehr droht ins Stocken zu kommen. Auch für Deutschland könnte das Folgen haben.

Kopenhagen/Malmö (dpa) – Am Öresund sind Dänemark und Schweden eng zusammengewachsen, täglich pendeln Zehntausende über die Brücke ins Nachbarland. Das wird von Montag an deutlich aufwendiger, denn Reisende in Zügen, Bussen und Fähren müssen sich Grenzkontrollen unterziehen. Schweden will so den Andrang von Flüchtlingen eindämmen. Das sorgt nicht nur für Spannungen zwischen Dänemark und Schweden, sondern könnte sich bis nach Deutschland auswirken.

Nach Ansicht von Experten könnten die Passkontrollen die Metropolregion Kopenhagen-Malmö – eines der größten Wirtschaftszentren im Ostsee-Raum – um Jahre zurückwerfen.

Die Öresundbrücke, vor 15 Jahren eröffnet, soll Skandinavien eigentlich enger mit der Mitte Europas verknüpfen. Jetzt versucht Schweden über dieses Nadelöhr genau das Gegenteil. Denn über die Öresundbrücke gelangen täglich Flüchtlinge ins Land, mit deren Menge sich Schweden inzwischen überfordert sieht.

Kein EU-Land hat pro Einwohner mehr Flüchtlinge aufgenommen als Schweden. Bis Ende November suchten 145 000 Menschen dort Asyl, bis zum Jahresende rechnete die Migrationsbehörde mit rund 160 000 Asylbewerbern. Zuletzt war es immer schwieriger geworden, alle Ankommenden zu registrieren. Um den Andrang einzudämmen, verschärfte die Regierung Mitte Dezember das Asylrecht. Verkehrsunternehmen können nun zu Passkontrollen verpflichtet werden.

Überprüft werden die Reisenden am Kopenhagener Flughafen-Bahnhof Kastrup, der letzten Station vor der Öresundbrücke, die die beiden Länder verbindet. Züge nach Schweden fahren nur noch von dort ab. Wer aus anderen Orten in Dänemark kommt, muss hier umsteigen. Pendler müssten mit großen Verspätungen rechnen, warnte die regionale Bahngesellschaft Skånetrafiken.

Laut Öresund-Institut gibt es an einem durchschnittlichen Tag fast 75 000 Fahrten über die Öresundsbrücke. Allein die Zeit, die Pendler und Reisende durch die Passkontrollen täglich zusätzlich auf der Strecke verbringen, kostet nach Instituts-Berechnungen am Tag umgerechnet rund 175 000 Euro. Dazu kämen langfristige Effekte auf Unternehmens-Investitionen und den Arbeitsmarkt. Der Kopenhagener Flughafen werde an Attraktivität verlieren, die Wirtschaft in der Öresundregion weniger stark wachsen als erwartet.

Dänemarks Regierungschef Lars Løkke Rasmussen hatte bereits Mitte Dezember von einer «sehr unglücklichen Situation» gesprochen. Die Infrastruktur in der Öresundregion sei mit Millionen Kronen aufgebaut worden.

In Dänemark waren 2015 lediglich rund 20 000 Asylbewerber gezählt worden. Wenn mehr Menschen an der dänisch-schwedischen Grenze gestoppt werden, sind nun aber steigende Flüchtlingszahlen zu erwarten. Løkke Rasmussen warnte daher vor Folgen auch an der dänisch-deutschen Grenze. Passkontrollen würden wahrscheinlicher, sagte der Ministerpräsident in seiner Neujahrsansprache. «Das kann eine Situation schaffen, in der wir eine Grenzkontrolle zu Deutschland einführen müssen, wenn wir entscheiden, dass das das Beste für Dänemark ist.»

Theresa Münch, dpa