Ein Sturm folgt auf den nächsten – Unwetter führen tagelang vor allem im Norden Deutschlands zu Schäden und Zugausfällen. Es gibt teils heftige Prognosen für Orkan «Zeynep». Beim zweiten Sturmtief melden die Niederlande, Großbritannien und Irland erste Todesopfer. Berlin (dpa) – Ein neues Orkantief hat am Freitag in den Niederlanden, Großbritannien und in Irland erste […]

Ein Sturm folgt auf den nächsten – Unwetter führen tagelang vor allem im Norden Deutschlands zu Schäden und Zugausfällen. Es gibt teils heftige Prognosen für Orkan «Zeynep». Beim zweiten Sturmtief melden die Niederlande, Großbritannien und Irland erste Todesopfer.

Ein neues Orkantief hat am Freitag in den Niederlanden, Großbritannien und in Irland erste Todesopfer gefordert. Allein in Amsterdam starben drei Menschen durch umstürzende Bäume, darunter ein Radfahrer. In Deutschland sollte Orkan «Zeynep» erst am späten Abend voll wüten.

Der Sturm mit orkanartigen Böen legte in den Niederlanden das öffentliche Leben in großen Teilen des Landes lahm. Der Zug- und öffentliche Nahverkehr wurden eingestellt, der Flugverkehr war beeinträchtigt. In Großbritannien starb eine Frau, als ein Baum auf ihr Auto stürzte. Im Nordwesten Englands kam der Polizei zufolge ein Mann ums Leben, als Trümmerteile auf die Windschutzscheibe seines Fahrzeugs fielen. Auch Irland meldete ein Todesopfer.

In Großbritannien wütete das Sturmtief früher und richtete schwere Zerstörungen an, unter anderem an einem Kraftwerk nahe der Stadt Rochester. In London wurde erstmals die höchste Warnstufe Rot ausgerufen. Auf Videos, die im Internet kursierten, war zu sehen, wie die Bespannung des Millennium-Domes im Londoner Stadtteil Greenwich teilweise fortgerissen wurde. Unter der zur Jahrtausendwende errichteten zeltartigen Konstruktion befindet sich die O2-Arena, in der es oft Musik- und Sportveranstaltungen gibt. 

In Deutschland erwartete der Deutsche Wetterdienst (DWD) für die Nacht zum Samstag, dass der Orkan gegen Mitternacht die Nordseeküste erreicht. Es ist die zweite schwere Sturmlage in Deutschland innerhalb kurzer Zeit. Mindestens bis Montag soll es stürmisch bleiben, wie es vom DWD heißt. «Es kehrt einfach keine Ruhe ein», sagte ein Meteorologe.

Schwerpunkt der neuen Unwetterlage sollte den Experten zufolge bis Samstagfrüh die Nordhälfte Deutschlands sein. Der DWD gab aber auch für südlichere Regionen – Teile von Rheinland-Pfalz, Hessen und für nördliche Regionen Bayerns – Unwetterwarnungen vor orkanartigen Böen heraus.

In Hamburg stürzte am Freitag ein Baum im Sturm auf zwei parkende Autos und verletzte ein Kind leicht. Es sei mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, als der Baum umgefallen sei, sagte ein Polizeisprecher. Die Feuerwehr appellierte an die Menschen in Deutschland, zu Hause bleiben.

Der Landkreis Goslar in Niedersachsen teilte mit, dass die Schüler und Schülerinnen am Freitag nicht überall befördert werden könnten. Deshalb wurde dort der Präsenzunterricht in allen allgemein- und berufsbildenden Schulen abgesagt. Aus Hamburg hieß es, Sorgeberechtigte könnten selbstständig entscheiden, ob ihr Kind zu Hause bleibe. Im Regierungsbezirk Arnsberg in NRW fiel ab Mittag die Schule aus. In Bochum sollten Eltern ihre Kinder früher abholen.

Fern- und Regionalverkehr sollten am Freitag in Norddeutschland und Teilen Nordrhein-Westfalens nach und nach eingestellt werden. Der Schutz der Reisenden und der Beschäftigten habe Vorrang, hieß es. Fahrgäste können ihre für den Zeitraum von Donnerstag bis Sonntag gebuchten Fahrkarten bis zum 27. Februar flexibel nutzen oder kostenfrei stornieren, wenn sie Reisen wegen des Sturms verschieben.

Für die Nacht zu Samstag wurden an der Nordseeküste Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 Stundenkilometern erwartet. In der zweiten Nachthälfte sollte «Zeynep» auf die Ostseeküste treffen und dann allmählich nachlassen. Damit sei die Unwettergefahr erst einmal gebannt, auch wenn es stürmisch bleibe, sagte ein DWD-Meteorologe.

An der Nordseeküste wurde eine Sturmflut erwartet, in Hamburg nach der Prognose des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) eine schwere Sturmflut mit Wasserständen von drei Metern über dem normalen Hochwasser in der Nacht zu Samstag. Der höchste Wasserstand werde wahrscheinlich zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr am Samstagmorgen erreicht, sagte Bernd Brügge vom BSH.

An der Nordseeküste spricht man von einer Sturmflut, wenn das Hochwasser mindestens 1,5 Meter höher als normal aufläuft. Von einer schweren oder sehr schweren Sturmflut wird erst ab Werten von 2,5 beziehungsweise 3,5 Meter gesprochen. Am frühen Freitagmorgen wurde der Fischmarkt in Hamburg-Altona überspült.

In Frankreich erließ der Wetterdienst eine Unwetterwarnung für fünf Departements im Norden. Es drohten bis zu vier Meter hohe Wellen an der Küste.

Das vorausgegangene Orkantief «Ylenia» brachte nach einer Analyse des Energiekonzerns Eon einen Windstrom-Rekordwert. Am Mittwoch sei mit 47,12 Gigawatt in der Spitze so viel Windstrom in das deutsche Stromnetz eingespeist worden wie nie zuvor, hieß es von Eon am Freitag in München nach Auswertung von Daten der Bundesnetzagentur. Erreicht worden sei der neue Höchstwert am Mittwochabend.

In dem vorherigen Sturm waren mindestens drei Autofahrer in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bei wetterbedingten Unfällen gestorben: Zwei wurden von umstürzenden Bäumen erschlagen, ein dritter starb, als sein Anhänger im Sturm auf die Gegenfahrbahn geriet und es dabei zu einem Unfall kam.

Allein der Wintersturm «Ylenia» könnte Deutschlands Versicherer eine halbe Milliarde Euro kosten, schätzte die auf Versicherungsmathematik spezialisierte Unternehmensberatung Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) in Köln. Nahezu alle Regionen Deutschlands seien von dem Sturm getroffen worden, teilten die Experten am Freitag mit. Eine Schadensumme dieser Größe komme alle ein bis zwei Jahre vor.

dpa si yyzz z2 pky