12.10.2017 Finale im Poker um Air Berlin: An diesem Donnerstag könnte der Verkauf großer Teile der Air Berlin an Lufthansa verkündet werden. Spannend bleibt die Frage, wer den Rest absahnt. Berlin (dpa) – Die Boeing 707 hebt am Berliner Flughafen Tegel ab. Ihr Ziel: Mallorca. Ihr Versprechen: Sonne, Erholung, Urlaub. Fast 40 Jahre ist der Erstflug der Air Berlin […]

12.10.2017

Finale im Poker um Air Berlin: An diesem Donnerstag könnte der Verkauf großer Teile der Air Berlin an Lufthansa verkündet werden. Spannend bleibt die Frage, wer den Rest absahnt.

Berlin (dpa) – Die Boeing 707 hebt am Berliner Flughafen Tegel ab. Ihr Ziel: Mallorca. Ihr Versprechen: Sonne, Erholung, Urlaub. Fast 40 Jahre ist der Erstflug der Air Berlin her. An diesem Donnerstag nun könnte das Ende der Fluggesellschaft mit 8000 Beschäftigten besiegelt werden. Über die Jahrzehnte hatte sie sich zur zweitgrößten deutschen Airline gemausert – und rutschte dabei chronisch in die roten Zahlen. In der Insolvenz greifen jetzt die Konkurrenten zu. Ein Überblick: 

LUFTHANSA

Sie ist Deutschlands traditionsreicher Marktführer und viele Nummern größer als Air Berlin. 124 000 Beschäftigte weltweit erarbeiteten 2016 weltweit einen Umsatz von 32 Milliarden Euro. Trotz harter Konkurrenz durch Billigflieger und Staats-Airlines vom Golf sprudelt der Gewinn – 1,8 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Lufthansa werde von Air Berlin «voraussichtlich 81 Flugzeuge übernehmen, 3000 Mitarbeiter einstellen und dafür in Summe 1,5 Milliarden Euro investieren», sagte Konzernchef Carsten Spohr der «Rheinischen Post» (Donnerstag). Es wird erwartet, dass an diesem Donnerstag eine Einigung mit der Lufthansa verkündet wird. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann, der vorher in Diensten der Kranich-Airline war, und Spohr haben lange daraufhin gearbeitet.

Lufthansa will mehr als die Hälfte der noch 134 Air-Berlin-Flieger übernehmen – und so die damit verbundenen Start- und Landerechte. Die Frankfurter wollen die profitable Air-Berlin-Tochter Niki, die Tochter Luftfahrtgesellschaft Walter und weitere Maschinen. Der Konzern will sie vor allem in die Billigtochter Eurowings integrieren, um diese im Kampf mit Ryanair und anderen zu stärken.

EASYJET

Nur halb so alt wie Air Berlin, aber schon doppelt so groß: Der britische Billigflieger sieht seine Chance, mit den Air-Berlin-Kurzstrecken auch auf dem deutschen Markt stärker durchzustarten. In Berlin ist Easyjet schon stark vertreten, nun könnte die Gesellschaft auch am bisherigen Air-Berlin-Drehkreuz einen Fuß in die Tür bekommen.

Gut zwei Dutzend Mittelstreckenflieger der Berliner hätten die Briten gern, sie könnten damit auch innerdeutsche Flüge anbieten. Aber ob die Verhandlungen schon an diesem Donnerstag zum Abschluss kommen, war zuletzt noch unklar.

CONDOR

Der Ferienflieger war schon aus dem Rennen, mischt aber vielleicht nochmal mit, falls die Verhandlungen mit Easyjet scheitern. Solten Flugzeuge übrig bleiben, könne Condor ins Spiel kommen, hatte Air-Berlin-Chef Winkelmann im September angekündigt. Condor selbst hält sich aber zu seinen Ambitionen öffentlich zurück.

ZEITFRACHT

Der Berliner Systemlogistiker bietet auf die Techniktochter der Air Berlin, außerdem auf den konzerneigenen Frachtraum-Vermittler Leisure Cargo. Ursprünglich wollte der Mittelständler auch die Luftfahrtgesellschaft Walter übernehmen, um eine Art Express-Luftfracht aufzubauen. Hier scheint sich jedoch die Lufthansa den Zuschlag zu sichern.

Andere Bieter als Zeitfracht wurden namentlich nicht bekannt, die Bieterfrist für die Technik wurde zwei Mal verlängert. Air Berlin begründet das damit, dass ein möglicher Käufer erst erfahren muss, ob er auch Wartungsaufträge bekommt, etwa von Lufthansa oder Easyjet.

Für Unruhe unter den rund 900 Technikbeschäftigten sorgte am Mittwoch ein interner E-Mail-Wechsel, aus dem hervorgehen soll, dass Lufthansa die aufwendige Wartung von Propellermaschinen der LG Walter selbst stemmen will. «Offensichtlich ist die Lufthansa bereit, jeden Preis zu zahlen und einen mit Arbeitsmarktleichen gepflasterten Weg zu hinterlassen», bemerkten Betriebsräte bitter.

Burkhard Fraune, dpa