BDL: Airlines ziehen Flugzeuge aus Deutschland ab
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) kritisiert die Bundesregierung und fordert schnelles Handeln: Die hohen Standortkosten müssen gesenkt werden, damit Deutschland wieder wettbewerbsfähig wird.
Die Bilanz des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) ist einmal mehr ernüchternd: Die Erholung des Luftverkehrs in Deutschland sei aufgrund der hohen Steuern und Gebühren im ersten Halbjahr 2025 nahezu zum Erliegen gekommen. Während in den anderen europäischen Ländern im Durchschnitt bereits wesentlich mehr geflogen werde als vor der Pandemie, liege die Passagierzahl an den deutschen Flughäfen mit 99,4 Millionen noch immer 15,8 Prozent unter dem Niveau von 2019.
In der ersten Jahreshälfte brach das Wachstum auf gerade einmal 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein, so der BDL weiter. Im Vorjahr sei die Passagierzahl noch um zehn Prozent gestiegen. Damit liege Deutschland bei der Erholung des Luftverkehrs nach Corona auf Rang 28 von 31 europäischen Ländern.
Was fordert der BDL von der deutschen Regierung?
Der BDL sagt, dass allein in diesem Jahr die Belastungen für den Luftverkehrsstandort Deutschland aufgrund staatlich veranlasster Kosten um rund 1,1 Milliarden Euro auf insgesamt rund 4,4 Milliarden Euro steigen werden. „Die Folgen sehen wir an nahezu jedem Flughafen in Deutschland: Airlines ziehen ihre Flugzeuge ab und setzen sie in anderen europäischen Ländern mit einem wettbewerbsfähigen Kostenniveau ein. Angesichts dieser alarmierenden Entwicklung ist es unerlässlich, dass die Bundesregierung der Krise des Luftverkehrsstandortes Deutschland Priorität einräumt“, betonte der Präsident BDL, Jens Bischof.
Wann wird Deutschland die Luftverkehrsteuer senken?
Anders als im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen, enthält der Haushaltsentwurf für das Jahr 2026 keine Entlastung bei Steuern und Gebühren für Flüge ab Deutschland. „Die Rücknahme der jüngsten Erhöhung der Luftverkehrsteuer von Mai 2024 wäre ein erstes Signal gewesen, damit die Fluggesellschaften zurückkehren“, so Bischof weiter.
Sein Appell an die Bundesregierung: „Es ist höchste Zeit gegenzusteuern. Noch ist es nicht zu spät, dass Europas Wirtschaftsnation Nummer eins auch bei der Luftverkehrsanbindung wieder einen Spitzenplatz erreicht. Hier lässt sich mit vergleichsweise geringen Mitteln das von der Bundesregierung gewünschte Wachstum entfesseln.“
Wie viele Flugzeuge sind in Deutschland stationiert?
Nach einer neuen Erhebung des Verbands ist die Zahl der in Deutschland stationierten Flugzeuge der im europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehr fliegenden Airlines von 190 im Jahr 2019 auf 130 im Jahr 2025 zurückgegangen. Die Folge der Flottenverlagerung in Ausland sei nicht nur ein Verlust an Konnektivität, also der internationalen Anbindung der deutschen Flughäfen, sondern auch ein direkter Milliardenschaden für die Volkswirtschaft, so der BDL.
Jedes in Deutschland stationierte Flugzeug entspricht einem mittelständischen Betrieb: Es sichert rund 170 Arbeitsplätze und trägt mit einer jährlichen Wertschöpfung von rund 70 Millionen Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Wie viele Arbeitsplätze gehen derzeit in Deutschland verloren?
In Summe bedeutet der Abzug der Flugzeuge aus Deutschland, dass bereits mehr als 10.000 Arbeitsplätze und mehr als vier Milliarden Euro jährlicher Wertschöpfung verloren gegangen sind. Hinzu kommen indirekte Effekte wie eine geringere Zahl an Hotelübernachtungen und Gastronomiebesuchen von Touristen und Geschäftsreisenden aus dem Ausland.
„Die Bundesregierung würde mit der Entscheidung gegen eine dringend notwendige Entlastung bei den staatlichen Standortkosten für Luftverkehr ab Deutschland eine wichtige Chance für neues Wirtschaftswachstum verspielen“, betont der BDL-Präsident. „Die Nachfrage nach Flugreisen ist in ganz Europa so groß wie nie zuvor – aber wegen der seit 2019 mehr als verdoppelten staatlich veranlassten Kosten machen die Airlines einen großen Bogen um Deutschland. Die Anbindung der deutschen Exportwirtschaft an ihre internationalen Märkte leidet darunter massiv.“
So fehlen bis heute viele wichtige Städteverbindungen, die 2019 noch zentraler Bestandteil der internationalen Anbindung der deutschen Wirtschaftsregionen waren. Etliche Verbindungen, die vor der Pandemie teilweise mehrfach täglich geflogen wurden, sind heute nicht mehr im Flugplan zu finden. Unterm Strich liegt die Zahl der jährlich angebotenen Flüge zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern mit 1,1 Millionen noch 20 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau.
Wie entwickelt sich der deutsche Inlandsflugverkehr?
Auch der innerdeutsche Luftverkehr hat sich im ersten Halbjahr 2025 wesentlich schwächer entwickelt als in anderen europäischen Ländern. Das Angebot an Flügen zwischen den deutschen Großstädten stagnierte bei rund 20 Prozent des Niveaus von 2019. Zusammen mit Zubringerflügen zu den Drehkreuzen Frankfurt und München erreichte der innerdeutsche Verkehr 49 Prozent von 2019. Auch die Zahl der bedienten Strecken ist stark gesunken – von 56 auf zuletzt noch 39.
Da die hohen staatlichen Standortkosten wie die Luftverkehrsteuer bei einer Inlandsreise sowohl auf Hin- als auch Rückflug anfallen, wird ein wirtschaftlicher Betrieb dieser Strecken immer schwieriger. In anderen europäischen Wirtschaftsnationen wie Frankreich, Großbritannien und Polen erreichte das Angebot an Inlandsflügen dagegen im Durchschnitt 94 Prozent von 2019.
Wie lautet die konkrete Forderung der Luftverkehrsbranche?
Damit der Luftverkehrsstandort Deutschland wieder nach vorn kommt, müssen die staatlichen Belastungen von rund 35 Euro pro Passagier und Strecke – oder rund 4500 bis 5000 Euro pro einfachem Flug – bei einer typischen Europa-Verbindung ab Deutschland um die Hälfte sinken.
Auch der Ausblick auf die kommenden Monate fällt laut BDL trüb aus. Im Winterflugplan 2025/26 (ab Ende Oktober) bleibt das Luftverkehrsangebot ab Deutschland mit einem Wachstum von acht Prozentpunkten auf 90 Prozent des Vor-Corona-Wertes weit hinter dem anhaltenden Luftfahrt-Boom in den anderen europäischen Ländern zurück (+7 Prozentpunkte auf 116 Prozent von 2019).
