Nach BER das nächste Millionengrab?
Kassel/Calden Der neue Flughafen Kassel-Calden liegt im Zeitplan: Der Eröffnungstermin steht, der Betrieb wird bereits mit Testpassagieren simuliert. Ob die erhofften Fluggäste auch wirklich kommen, ist aber noch unklar. KSF ist nicht BER: In der nordhessischen Provinz zeigt der Flughafen Kassel-Calden, dass man beim Bau eines neuen Flughafens zumindest im Zeitplan liegen kann. «Wir freuen […]
Kassel/Calden
Der neue Flughafen Kassel-Calden liegt im Zeitplan: Der Eröffnungstermin steht, der Betrieb wird bereits mit Testpassagieren simuliert. Ob die erhofften Fluggäste auch wirklich kommen, ist aber noch unklar.
KSF ist nicht BER: In der nordhessischen Provinz zeigt der Flughafen Kassel-Calden, dass man beim Bau eines neuen Flughafens zumindest im Zeitplan liegen kann. «Wir freuen uns, dass wir den Flughafen am 4. April dieses Jahres, ich betone, dieses Jahres eröffnen», sagte Jörg Ries, der Sprecher der Flughafen-Geschäftsführung, heute mit Blick auf den Berliner Pannen-Airport. Aber auch Kassel-Calden ist umstritten, handelt es sich doch um einen weiteren Regionalflughäfen in Deutschland mit keineswegs sicheren Passagierzahlen.
Im Dezember waren in Kassel-Calden bereits Gebäude wie Passagierterminal und Tower von den Behörden abgenommen worden. Heute standen erstmals Testpassagiere Schlange im neuen Airport. 120 Mitarbeiter machten den Praxistest. So wollen die Betreiber sicherstellen, dass die Technik funktioniert und die Mitarbeiter ausreichend geschult sind. Ob diese nach der Eröffnung tatsächlich die erhofften Passagierströme abfertigen werden, ist allerdings noch unklar. Kritiker bemängeln eine zu geringe Auslastung – die Grünen bezeichnen Kassel-Calden regelmäßig als Millionengrab. Der nächste Regionalflughafen in Paderborn ist nur rund 70 Kilometer entfernt, Frankfurt ist in 90 Minuten erreichbar.
Flieger und Passagiere werde es für alle genug geben, widerspricht Ries. In Kassel seien 500 000 Passagiere bis 2015 realistisch, ebenso die in den Planungen genannten 640 000 bis zum Jahr 2020. Als Grund nennen die Betreiber die erwartete Steigerung des Gesamtpassagieraufkommens in Deutschland von rund 200 Millionen (2011) auf 300 Millionen bis 2020.
Jetzt sind es erst einmal 30 Testpassagiere, die den Ablauf bei einem Ausfall des Check-in-Systems simulieren. Danach durchlaufen sie noch die Sicherheitsschleuse. «Ich bin äußerst zufrieden. Die Technik muss noch angepasst werden, aber das war zu erwarten», erklärte Testbetriebsleiter Thomas Uihlein. Bis zum 21. März sollen mehrere Flugabfertigungen parallel simuliert und die Zahl der Testpassagiere auf 1200 gesteigert werden. Sobald ein Flug einwandfrei funktioniert hat, werde die Zahl der Testpassagiere aufgestockt, sagt er.
Auch Anton Wenz ist dabei. Geduldig steht der 63-Jährige an einem Schalter. Er ist einer von insgesamt 7000 Testpassagieren, die während des Probebetriebs eingesetzt werden. Wenz wollte dabei sein, um den Flughafen zu begutachten. «Es sieht gut aus, ich werde bestimmt von Kassel aus in die Sonne fliegen», sagt er. Die manuelle Abfertigung geht zügig.
Özgün Knackstedt steht hinter dem Schalter und überprüft die Unterlagen von Testpassagier Wenz. «Es läuft ganz gut, wir haben uns darauf eingestellt», betont sie. «Guten Flug», sagt sie zum Schluss. Die 31-Jährige aus Kassel wird seit November für Check-in und Boarding ausgebildet. Zu den Testpassagieren gehört auch Elena Bollensen. Die 26 Jahre alte Studentin aus Rosdorf bei Göttingen zeigt sich zufrieden mit den Abläufen. «Das ist so, wie man das von einem Flughafen gewohnt ist.»
Obwohl der Testbetrieb in Kassel-Calden offensichtlich rund läuft, eins haben KSF und BER doch gemeinsam: Beide Projekte werden am Ende deutlich teurer als erwartet. In Berlin kletterten die geplanten Kosten seit Baubeginn im Jahr 2006 von 2,0 auf 4,3 Milliarden Euro. Auch in Kassel verdoppelten sich die Ausgaben beinahe, auch wenn sie sich in einer anderen Größenordnung bewegen: Ursprünglich sollte der Bau in Nordhessen 150 Millionen Euro kosten, mittlerweile werden 271 Millionen Euro veranschlagt.
Timo Lindemann, dpa