Brüssel/Hahn Regionalflughäfen werden deutschlandweit mit Subventionen gestützt. Die EU will dies nun begrenzen. Droht ein flächendeckendes Flughafensterben oder ist es ein Schritt hin zu mehr Wettbewerb? Viele Regionalflughäfen in Deutschland sind in Not. Schon seit längerem sind die Passagier- und Frachtzahlen im Sinkflug. Und nun dürfte in absehbarer Zeit eine weitere wichtige Geldquelle begrenzt werden, […]

Brüssel/Hahn

Regionalflughäfen werden deutschlandweit mit Subventionen gestützt. Die EU will dies nun begrenzen. Droht ein flächendeckendes Flughafensterben oder ist es ein Schritt hin zu mehr Wettbewerb?

Viele Regionalflughäfen in Deutschland sind in Not. Schon seit längerem sind die Passagier- und Frachtzahlen im Sinkflug. Und nun dürfte in absehbarer Zeit eine weitere wichtige Geldquelle begrenzt werden, wenn nicht gar ganz versiegen. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die Airports künftig weniger Subventionen und diese auch nur noch zeitlich begrenzt bekommen. So steht es in einem Entwurf für neue Leitlinien, den die Kommission am Mittwoch in Brüssel vorstellte. Flughafenvertreter üben scharfe Kritik und warnen teilweise vor fatalen Folgen.

Was hat Brüssel konkret vor? Die Wettbewerbshüter wollen Beihilfen für Investitionen in die Infrastruktur nur noch nach Größe des Flughafens gestaffelt erlauben. Betriebsbeihilfen sollen maximal zehn Jahre lang möglich sein, danach müssen sich Flughäfen selber tragen. Einen Gesetzesentwurf will die Behörde Anfang 2014 vorlegen.

Betreffen würde dies alle Regionalflughäfen mit weniger als fünf Millionen Passagieren pro Jahr. In Deutschland sind das nach Angaben des Flughafenverbandes ADV knapp 30. Einer davon ist der Airport Hahn in Rheinland-Pfalz. Inmitten idyllischer Hunsrück-Hügel starten und landen vor allem Jets des irischen Billigfliegers Ryanair. Die Geschäftslage ist aber schon länger nicht mehr idyllisch. Der Flughafen steckt in den roten Zahlen – auch wenn er seinen Jahresverlust 2012 auf 5,7 Millionen Euro fast halbiert hat. Das Land Rheinland-Pfalz ist größter Anteilseigner, vor einigen Monaten schnürte der Landtag in Mainz ein Hilfspaket von bis zu 80 Millionen Euro, weil Kredite fällig werden. Derzeit werden Investoren gesucht.

Die EU-Pläne treffen den Hahn und andere kleinere Flughäfen in einer ohnehin schwierigen Lage. Nach früheren Angaben des Flughafenverbands ADV wird in diesem Jahr nur noch eine gute Handvoll der 22 als international klassifizierten Verkehrsflughäfen im Land ein positives Nettoergebnis erwirtschaften können. Die Flughäfen spürten die Folgen der Eurokrise, die schwierige Marktsituation der Airlines und die nationalen Belastungen durch die Luftverkehrssteuer.

Entsprechend prophezeit der ADV nun ein Flughafensterben. Den Airports würde die Luft zum Atmen genommen, sagt Hauptgeschäftsführer Ralpf Beisel. «Eine rein betriebswirtschaftliche Betrachtung, die Brüssel nun zu Grunde legt, ist kurzsichtig.» Dies koste Wachstum und Arbeitsplätze. Auch der Verband sei gegen «dauerhafte Betriebssubventionen». Möglich sein müsse aber eine Unterstützung für eine «angemessene Übergangszeit» von 15 bis 20 Jahren.

Die Chefin des erst im April eröffneten und 271 Millionen Euro teuren Regionalflughafens Kassel-Calden, Maria Anna Muller, hält eine Überarbeitung der EU-Entwürfe für «unbedingt notwendig». «Sie sind weder durchdacht, noch orientieren sie sich an der Zukunft Europas», sagt sie. Teile der nun vorgeschlagenen Beihilfevorschriften betrachteten nur enge finanzielle Vorgaben statt Wachstum und Arbeit.

Doch es gibt auch Applaus für die EU-Kommission. «Es ist überfällig, dass die EU einer wilden Subventionspraxis, die wir heute haben bei teilweise sehr kleinen Flughäfen, Grenzen setzt», sagt Lufthansa-Chef Christoph Franz. Die massive Wettbewerbsverzerrung müsse weg, «und zwar nicht im Laufe von zehn Jahren, sondern sofort.» Sein Unternehmen steht in direkter Konkurrenz zu Billigfliegern wie Ryanair, die häufig gerade die Regionalflughäfen anfliegen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) spricht zurückhaltender von einem «positiven Impuls», dass auch Bund und Länder überlegen, «wie viel luftverkehrspolitischen Luxus» man sich leisten wolle. Der Bund werde Defizite nicht übernehmen. Letztlich blieben diese dann bei Ländern und Kommunen hängen.

Die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH will noch diesen Sommer ein Konzept für die Neuausrichtung vorlegen. Mit Blick auf die EU-Pläne sagt Geschäftsführer Heinz Rethage nun: Wichtig sei für den Hahn, dass bei Flughäfen mit maximal drei Millionen Passagieren pro Jahr Betriebsbeihilfen innerhalb einer zehnjährigen Übergangszeit erlaubt seien. So, wie der Entwurf auf dem Tisch liege, komme er dem Hunsrück-Airport entgegen, um die eigenen Pläne umzusetzen. «Damit streben wir auch das Ziel an, ohne öffentliche Hilfen auszukommen.»

Quelle: dpa; Christian Schultz und Marc-Oliver von Riegen