Schönefeld Belastbarer Topmanager gesucht – und das möglichst schnell. Um den Berliner Pannenflughafen aus dem Chaos zu steuern, soll ein neuer Chef für die Herkulesaufgabe her. Hält der Schwur der Gesellschafter? Am Ende geht es ganz schnell. «Herr Schwarz hat sein Dienstzimmer geräumt und den Betrieb verlassen», verkündet Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch […]

Schönefeld

Belastbarer Topmanager gesucht – und das möglichst schnell. Um den Berliner Pannenflughafen aus dem Chaos zu steuern, soll ein neuer Chef für die Herkulesaufgabe her. Hält der Schwur der Gesellschafter?

Am Ende geht es ganz schnell. «Herr Schwarz hat sein Dienstzimmer geräumt und den Betrieb verlassen», verkündet Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch in Schönefeld. Da spricht er schon als neuer Aufsichtsratsvorsitzender und oberster Krisenbekämpfer des gefährlich ins Schlingern gekommenen künftigen Hauptstadtflughafens. Den hoffnungslos unter Beschuss geratenen Airportchef Rainer Schwarz feuert das Kontrollgremium mit sofortiger Wirkung. Doch damit das Milliardenprojekt endlich auf Kurs kommt, heißt es für den Bund, Berlin und Brandenburg als Eigentümer nichts weniger als: Deutschland sucht den Flughafenretter.

Die Stellenanzeige der Flughafengesellschaft könnte ungefähr so aussehen: Regional verankerte GmbH mit stark wachsendem Kerngeschäft und ambitioniertem Bauprojekt sucht schnellstmöglich ausdauernden Topmanager. Wir bieten Minimum 355 000 Euro Grundgehalt plus variable Vergütung und ein repräsentatives Arbeitsumfeld im Speckgürtel Berlins – inklusive ist ein Abonnement auf regelmäßige Besuche in Ausschüssen des Deutschen Bundestages, im Bundesverkehrsministerium und der Staatskanzlei Potsdam.

Natürlich wird der Neue nicht einfach per Annonce gesucht. Denn bei Staatsunternehmen wie etwa auch der Bahn spricht die Politik bei Top-Personalien das entscheidende Wort. Dass die Suche nicht ganz einfach wird, schwant den Verantwortlichen aber schon. Einen Zeitplan will Platzeck lieber nicht nennen. «Das hängt auch davon ab, wer kommt, wer will, und wen können wir bezahlen.» Natürlich «sehr gut» solle der künftige Chef sein und möglichst Flughafenerfahrung haben. Aber: «So lang sind die Listen auch nicht.»

Als ausgewiesener Traumjob gilt der Posten kaum, auch wenn Schwarz 2012 noch einen Rekord von gut 25 Millionen Reisenden auf den alten Flughäfen Tegel und Schönefeld verbuchte. Für das Zukunftsprojekt des künftig drittgrößten Airports der Republik sind Kosten, Termine und Planungen komplett aus dem Ruder gelaufen. Kleinere Notoperationen dürften kaum noch helfen. «Die Probleme sind leider Gottes nach dem, was wir jetzt wissen und was wir sehr mühevoll in den letzten Monaten aufgedeckt haben, heftig, sehr heftig», konstatierte der ebenfalls als Krisenmanager geholte neue Technikchef Horst Amann vor einigen Tage. Mit einem Betriebsstart rechnet er inzwischen «eher» für 2015.

Dass eine Zwei-Mann-Spitze wie bisher mit Amann und Schwarz nicht genug Schlagkraft für das Megavorhaben hat, haben die Gesellschafter nun offiziell festgestellt. Künftig soll es ein Dreier-Team richten. Für Finanzen, die Schwarz miterledigte, soll ein eigener Manager her. Und statt eines eher kollegialen «Sprechers der Geschäftsführung», wie Schwarz es war, soll es künftig eine klare Nummer eins geben. Bis es soweit ist, muss Amann die Gesellschaft erst einmal allein leiten. Dabei war auch er kritisiert worden, nachdem der von ihm genannte Ersatz-Ersatz-Ersatz-Eröffnungstermin 27. Oktober annulliert wurde.

Einen Neuanfang verordnete sich der Aufsichtsrat auch selbst. Nach heftigem politischen Gezerre um den Vorsitz, den Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) abgegeben hat, will Platzeck nun eine größere Versöhnungs- und Motivationsoffensive starten. Denn auch das Betriebsklima sei nach den Dauerquerelen schwer belastet.

Vor allem von der Bundesebene kommen hartnäckig Rufe nach mehr Expertise aus der Wirtschaft für den Aufsichtsrat. Möglicherweise könnten zusätzliche externe Fachleute in das Gremium geholt werden. Die Vergütung entspricht jedenfalls bisher nicht derjenigen, wie sie andere Unternehmen für professionelle Aufsicht zahlen: Die Mitglieder erhalten 128 Euro Sitzungsgeld pro Termin, Vorsitzender und Stellvertreter das Doppelte.

Genau beobachten dürften mögliche Interessenten für den Chefposten auch, ob der Schwur der politisch rivalisierenden Gesellschafter hält. «Es ist im gesamtstaatlichen Interesse, das Flughafenprojekt erfolgreich zu Ende zu bringen», erklärten der Bund und die beiden Länder gerade erst feierlich. Und versprachen, alle erforderlichen Entscheidungen im Aufsichtsrat einvernehmlich zu treffen.

Sascha Meyer und Bernd Röder, dpa