Jens Boyd, verantwortlich für das Langstreckengeschäft der Thomas Cook Airlines, über die Zusammenführung von Condor mit den europäischen Konzern-Fluggesellschaften, exotische Destinationen und den Wettbewerb mit Golf Carriern und Low Cost Anbietern. 29.01.14 / München – Als Condor das „Sunny Heart“ auf die Leitwerke der ersten Flugzeuge lackiert hat, herrschte für Spotter Großalarm an den Flughäfen. […]

Jens Boyd, verantwortlich für das Langstreckengeschäft der Thomas Cook Airlines, über die Zusammenführung von Condor mit den europäischen Konzern-Fluggesellschaften, exotische Destinationen und den Wettbewerb mit Golf Carriern und Low Cost Anbietern.

29.01.14 / München – Als Condor das „Sunny Heart“ auf die Leitwerke der ersten Flugzeuge lackiert hat, herrschte für Spotter Großalarm an den Flughäfen. Fotos vom ersten Airbus A321 in komplett neuer Thomas Cook Lackierung wurden in den Foren innerhalb kürzester Zeit tausende Male angeklickt. Der neue Markenauftritt der Thomas Cook Gruppe hat in der Airline Szene für Furore gesorgt. Dabei geht es aber nicht nur um ein neues Design, sondern um eine komplett neue Struktur der Konzernairlines Condor, Thomas Cook Airlines UK, Belgium und Scandinavia. 2013 wurden diese zusammengeführt und fliegen seitdem als ein Geschäftssegment innerhalb der Thomas Cook Gruppe.

Im Zuge dessen modernisiert Condor auf seiner kompletten Langstreckenflotte (aktuell zwölf Boeing 767) das Kabinenprodukt. In Zukunft gibt es ein persönliches Inflight-Entertainmentsystem, Mood-Lightning und eine neue Business Class mit Liegesitzen.

Da Condor außerdem die Flugpläne regelmäßig mit exotischen Destinationen wie Santa Clara oder Montego Bay bereichert, Zeit mit dem Verantwortlichen für das Langstreckengeschäft der Thomas Cook Group, Jens Boyd, zu sprechen.

Herr Boyd, wo sehen Sie für das Langstrecken-Geschäft der Thomas Cook Airlines, also auch für Condor, die aktuellen Herausforderungen?

Auf der Fernstrecke gibt es für uns aktuell drei große Herausforderungen. Erstens steigen die Kosten, insbesondere für Kerosin, immer weiter.

Zum Zweiten befinden wir uns auf Langstrecken Richtung Osten im direkten Wettbewerb zu den Golf-Carriern. Dies betrifft unsere Routen zu klassischen Urlaubsdestinationen wie Mauritius, die Malediven und auch Bangkok. Zusätzlicher Wettbewerb kommt von Low Cost Airlines, die versuchen, ihr Geschäftsmodell auch auf der Langstrecke zu entwickeln und somit auch in unsere Zielgebiete fliegen. Da ist aktuell eine Norwegian, die mit dem Dreamliner Strecken nach Asien und in die USA anbietet. Unserer Meinung nach wird das zwar auf Dauer wirtschaftlich nicht funktionieren, aber die niedrigen Preise sind für die nächsten zwei, drei Jahre im Markt und solange für uns eine Bedrohung.

Der dritte Bereich ist die wirtschaftliche Lage in Europa. Das gilt weniger für Deutschland als für andere Märkte.

Thomas Cook A321Der erste Airbus A321 im neuen Thomas Cook Design – begehrtes Spotter Motiv bei Auslieferung  Foto: M.Penner

Können Sie diesen Entwicklungen etwas entgegensetzen? Welche Strategie verfolgen die nun konsolidierten Airlines der Thomas Cook Gruppe?

Ja das können wir. In erster Linie haben wir seit der verstärkten Zusammenarbeit der Konzernairlines die Möglichkeit, die Nachfrage zu optimieren. Konkret schaffen wir das durch die Abstimmung der Flugpläne von Condor mit Thomas Cook UK und Thomas Cook Scandinavia.

Beispiel Phuket: Für einen täglichen Condor Flug von Frankfurt nach Phuket war die Nachfrage bisher zu schwach. Mit der Abstimmung der Flugtage mit den anderen Konzernairlines arbeiten wir nun an einer täglichen Verbindung aus Europa.

Welche Vorteile versprechen Sie sich davon?

Für uns hat das den Vorteil, dass sich die Konzernairlines innerhalb unseres Netzwerkes die Nachfrage zuspielen können und wir somit nachfrageschwache Zeiträume kompensieren können. Erneutes Beispiel: Wenn in Deutschland Herbstferien sind, bieten wir mit Condor mehr Kapazitäten ab Frankfurt zu unseren Urlaubsdestinationen in Asien und der Karibik. In England sind dann aber gerade keine Ferien und die Nachfrage zu diesen Zielen ab unserem Hub Manchester schwächelt. Wir können dann auch für den englischen Markt die bestehenden Kapazitäten ab Frankfurt mitvermarkten und den Engländern günstige Flüge via Frankfurt anbieten. Andersherum funktioniert das natürlich auch und unsere deutschen Gäste können zu bestimmten Zeiten preiswert über unsere Hubs in England und Schweden fliegen. Deshalb bauen wir auch unser Zubringernetz mit Partnern wie Lufthansa, SAS und FlyBe weiter aus.

Ist es für Ihre Kunden aus Deutschland nicht umständlich, über Manchester oder Stockholm zu fliegen?

Im Gegenteil. Unsere Fluggäste haben dadurch wie bei einer klassischen Netzwerk Airline zusätzliche Flugoptionen. Sie können nicht nur von Frankfurt aus fliegen, sondern mit unseren Zubringerflügen auch unsere Hubs in Manchester, Kopenhagen oder Stockholm nutzen. Für den Kunden bedeutet das mehr Flexibilität. Er kann beispielsweise montags über Frankfurt nach Phuket fliegen und die Woche darauf am Mittwoch über Stockholm wieder zurück. Er ist bei der Urlaubsplanung nicht mehr an feste Flugtage gebunden. Die klassischen Reisezeiträume von sieben oder vierzehn Tagen gehören immer mehr der Vergangenheit an.

Boeing 767Condor Boeing 767-300 – mit Janosch und Sunny Heart Lackierung  Foto: Condor

Angenommen mein auf condor.com gebuchter Flug nach Phuket wird von Thomas Cook UK ab Manchester durchgeführt. Ich spreche kein Englisch, sondern nur Deutsch. Finde ich mich als Fluggast überhaupt zurecht an Bord von Thomas Cook UK?

Aber unbedingt. Irgendwann wird der Kunde gar nicht mehr merken, mit welchem unserer Operator er unterwegs ist. Größte Initiative innerhalb des Konzerns ist aber gerade die Stärkung des Webvertriebes. Mittelfristig möchten wir eine Buchungswebsite für die gesamte Thomas Cook Airline Gruppe anbieten. Aktuell hat jede Airline noch eine eigene Website inklusive eigenem Reservierungssystem.

Im Thomas Cook Streckennetz befinden sich viele exotische Destinationen wie Montego Bay auf Jamaica. Wie planen Sie ihr Streckennetz?

Als Airline sind wir extrem breit aufgestellt. Wir fliegen auf der Fernstrecke nach Nord- und  Südamerika, nach Asien, Afrika – nur nicht nach Australien. Unser Ziel ist es, jede Saison  mindestens eine neue Destination anzusteuern. Dies ist für die Weiterentwicklung unseres Streckennetzes notwendig. Wir probieren neue Routen aus und sehen, welche erfolgreich sind und welche nicht. Wenn wir neben den etablierten Routen nicht parallel etwas Neues aufbauen, schrumpfen wir irgendwann. Seit diesem Winter fliegen wir neu nach Santa Clara in Kuba und Bangkok. Ab England ist Barbados neu im Flugplan und im Sommer nehmen wir Minnesota und Fortaleza in den Flugplan auf.

Wenn Sie viele Destinationen ausprobieren, sind diese neuen Strecken denn überhaupt profitabel?

Wir sind immer noch in einer Phase, in der wir stark auf Kosten getrimmt sind. Und klar, eine neue Strecke ist anfangs immer weniger profitabel als eine etablierte Strecke. Da muss man beispielsweise erst ins Marketing investieren, um das Ziel bekannter zu machen. Santa Clara in Kuba kennt in Deutschland zunächst niemand. Trotzdem darf eine neue Strecke aber kein Geld vernichten, sondern mindestens „break even“ erreichen.

Bei einigen Destinationen können wir das Risiko verringern, indem wir Dreiecksflüge anbieten und eine neue Destination mit einem bereits etablierten Ziel verbinden. Dies haben wir beispielsweise bei Flügen von Frankfurt nach Rangun in Myanmar so gemacht. Von dort ging es weiter nach Phuket und dann wieder zurück nach Frankfurt. Ist eine neue Strecke nach einem Jahr zu zwei Dritteln gebucht, stellen wir auf nonstop um. Liegt die Auslastung bei 50 Prozent, fliegen wir weiter im Dreieck –  und bei nur einem Drittel bieten wir die Strecke nicht länger an.

Wie zum Beispiel Rangun?

Genau, die Destination wurde zwar angenommen, aber nicht in dem Volumen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Es gab aber auch leider keine Marketingunterstützung seitens der Destination. Wenn sich diese nicht auch in Deutschland und Europa an der Vermarktung beteiligen, dann können wir da noch so viele Flieger hinstellen. Es will dann einfach keiner hin.

Wie lange fliegt Condor noch mit der Boeing 767 auf der Langstrecke? Haben Sie schon einen Nachfolger im Blick?

Die Leaseverträge für die 767 laufen noch rund fünf Jahre. Außerdem haben wir gerade erst einen hohen Betrag für die Kabinenmodernisierung investiert. Aber klar, wir machen uns immer Gedanken über mögliche Nachfolger und beobachten die Performancedaten der aktuellen Modelle am Markt. In Gesprächen befinden wir uns aktuell nicht.

JEns BoydJens Boyd, Head of Group Longhaul, Thomas Cook Airlines Group  Foto: Thomas Cook