07.10.2014 Vor knapp einem halben Jahr hat Air-Berlin-Chef Prock-Schauer einen Umbau angekündigt. Bisher sind aber nur einige Konturen erkennbar. Und plötzlich droht dem wichtigsten Partner Gefahr. Berlin (dpa) – Es waren Worte, die manchen erschraken. «Hier wird es keine Tabus geben, alles kommt auf den Prüfstand». Air Berlin ist seit Jahren im Krisenmodus, eilt ohnehin […]

07.10.2014

Vor knapp einem halben Jahr hat Air-Berlin-Chef Prock-Schauer einen Umbau angekündigt. Bisher sind aber nur einige Konturen erkennbar. Und plötzlich droht dem wichtigsten Partner Gefahr.

Berlin (dpa) – Es waren Worte, die manchen erschraken. «Hier wird es keine Tabus geben, alles kommt auf den Prüfstand». Air Berlin ist seit Jahren im Krisenmodus, eilt ohnehin von Sparprogramm zu Sparprogramm – da kündigt der Chef Wolfgang Prock-Schauer eine «tiefgreifende Neustrukturierung» an. Ein halbes Jahr ist das bald her, aber bislang hat sich Deutschlands zweitgrößte Airline nicht neu erfunden. Und einiges spricht dafür, dass der bedächtige Österreicher an den großen Tabus doch nicht rühren wird.

Dabei liegt ein umfassendes Umbaukonzept noch nicht vor. Details hatte die Airline zuletzt für September angekündigt – da stornierte Air Berlin eine Bestellung bei Boeing und zog bei zwei Tochtergesellschaften die Zügel an, mehr aber auch nicht.

«Wichtige Punkte sind schon erreicht», heißt es nun aus der Berliner Zentrale. «In den nächsten Wochen werden wir das noch mal vorstellen.» Demnach wäre die tiefgreifende Neustrukturierung im Wesentlichen dieses: 

– FLOTTE: Wer viele Flugzeugtypen hat, kann Piloten und Techniker nicht einfach verschieben, braucht mehr Ersatzteile und kann nur geringe Rabatte aushandeln. Air Berlin macht daher, was die Lufthansa auch anstrebt: Nach und nach konzentriert sie sich auf wenige Airbus-Modelle. 33 Boeing-Maschinen wurden jetzt abbestellt. Die Air-Berlin-Flotte von 144 Maschinen soll ohnehin noch einmal um zehn Flugzeuge schrumpfen.

– FLUGBASEN: Air Berlin hat bundesweit künftig an 10 statt 15 Flughäfen eine Basis. Die Flugzeuge werden neu auf die Standorte verteilt, allein 100 Piloten müssen nach Berlin oder Düsseldorf umziehen.

– STRECKEN: Hier sollen die rot-weißen Maschinen stärker auf die großen Reisemärkte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Palma de Mallorca konzentriert werden.

– TÖCHTER: Bei der österreichischen Niki wurden vom Piloten bis zum Techniker Hunderte Leiharbeiter fest angestellt, der schweizerischen belair wird ein Sparprogramm aufgebrummt. Die «operativen Plattformen» – daraunter auch Tuifly – sollen auf ihre Effektivität überprüft werden – so reden Airline-Chefs.

Grundsätzlich will Prock-Schauer aber nicht werden: Beim Geschäftsmodell bleibt der oft kritisierte Dreiklang Europaflüge, Touristikgeschäft und Langstrecke. Von dessen Erfolg sei man überzeugt, hatte der Chef kürzlich versichert. Auch sein Vorgänger Hartmut Mehdorn hatte das Sowohl-als-auch-Modell nicht angetastet.

«2016 ist für uns das Schlüsseljahr», meint Prock-Schauer. Dann soll Air Berlin wieder ins Plus drehen. Bis dahin kommt es darauf an, dass der Großaktionär vom Golf weiter mitspielt: die arabische Airline Etihad, an deren Geldtropf Air Berlin vorerst hängt. Deren Chef Hogan hatte dem Partner im April die volle Unterstützung zugesagt. Notwendig sei aber eine beschleunigte und tiefgreifende Restrukturierung. Geht Prock-Schauer weit genug?

Dazu schweigt die Staatsairline aus Abu Dhabi bisher. Sie hat in Deutschland plötzlich selbst zu kämpfen. Denn das Luftfahrtbundesamt hat die gemeinsamen Flüge Etihads mit Air Berlin für den Winterflugplan auf den Prüfstand gestellt. Der Lufthansa-Konkurrent verhandelt mit der Behörde über 30 Flüge. Die zusammen genutzten «Codesharing»-Flüge sind ein wichtiger Baustein in der Kooperation von Etihad und Air Berlin. Fallen sie weg, könnte bei Air Berlin die Auslastung weiter sinken. Und bei Etihad die Freude an dem Bündnis.

Burkhard Fraune, dpa