Berlin, 28. Oktober 2017 Air Berlin ist Geschichte. Die zweitgrößte Fluggesellschaft wickelt am Freitagabend die letzten Flüge ab. Viele Mitarbeiter sind noch im Unklaren, wie es mit ihnen weitergeht. Nach fast vier Jahrzehnten hat Air Berlin ihren Flugbetrieb eingestellt. Die offiziell letzte Maschine der insolventen Fluggesellschaft, eine Airbus A320, landete am Freitagabend um 23.45 Uhr […]

Berlin, 28. Oktober 2017

Air Berlin ist Geschichte. Die zweitgrößte Fluggesellschaft wickelt am Freitagabend die letzten Flüge ab. Viele Mitarbeiter sind noch im Unklaren, wie es mit ihnen weitergeht.

Nach fast vier Jahrzehnten hat Air Berlin ihren Flugbetrieb eingestellt. Die offiziell letzte Maschine der insolventen Fluggesellschaft, eine Airbus A320, landete am Freitagabend um 23.45 Uhr aus München kommend auf dem Flughafen Berlin-Tegel. An Bord des Flugzeugs mit der Flugnummer AB 6210 war auch der langjährige Unternehmenschef Joachim Hunold.

Air Berlin war nach Lufthansa bisher die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft. Hochverschuldet musste sie Mitte August Insolvenz anmelden. Der Flugbetrieb konnte dank eines Überbrückungskredites des Bundes über 150 Millionen Euro noch einige Wochen aufrechterhalten werden.

Die Airline hatte sich vor ihrer letzten geplanten Landung von ihren Kunden verabschiedet. „Air Berlin bedankt sich an diesem traurigen Tag bei allen Mitarbeitern, Partnern und Passagieren, die uns über die vielen Jahre ihr Herz und ihre Treue geschenkt haben“, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Von heute auf morgen fallen nun rund 250 Flüge aus dem Angebot.

So viele Flüge hatte die Fluggesellschaft zuletzt im Durchschnitt noch täglich im Programm, wie ein Unternehmenssprecher auf Anfrage mitteilte. Vor dem Insolvenzantrag Mitte August seien es täglich etwa 450 gewesen. Seit ihrem Erstflug 1979 habe die Airline mehr als eine halbe Milliarde Passagiere befördert, teilte Air Berlin mit.

Die letzte Maschine wurde in Berlin-Tegel von vielen bisherigen Mitarbeitern, Bodenpersonal und Schaulustigen auf der Besuchertribüne erwartet. Die Flughafen-Feuerwehr empfing die Maschine mit Wasserfontänen. Vor dem Abflug in München und nach dem Ausrollen in Berlin hielt die Crew aus einem Fenster des Cockpits eine Fahne mit dem Emblem von Air Berlin und den Worten «sagt Tschüss». Auf anderen Flughäfen wie Düsseldorf und Hamburg gab es für die letzten Flüge ähnliche emotionale Aktionen.

Air Berlin – die nach Lufthansa bisher zweitgrößte deutsche Fluglinie – hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Nun wird der Konzern zerschlagen.

Die Lufthansa will die beiden Töchter Niki und LGW sowie weitere 20 Jets übernehmen, sofern die Kartellbehörden zustimmen. Niki und LGW sind nicht insolvent und fliegen weiter. Über die Übernahme weiterer Unternehmensteile wird auch mit der britischen Fluggesellschaft Easyjet und dem Ferienflieger Condor verhandelt.

Der Generalbevollmächtigte im Insolvenzverfahren bei Air Berlin, Frank Kebekus, sagte im ZDF-„Morgenmagazin“, er hoffe, „dass wir da in den nächsten Tagen Vollzug melden können“. Trotz der ungewissen Zukunft vieler Beschäftigter sehe er auch für die nicht übernommenen Mitarbeiter gute Chancen. „Wir gehen davon aus, dass wir 70 bis 80 Prozent der Arbeitsplätze überleiten können.“

Bis zu 3000 Mitarbeiter sollen bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterkommen. Davon sollen rund 1700 Mitarbeiter mit Niki und LGW direkt übernommen werden, auf die anderen 1300 Stellen können sich Interessenten bewerben.

Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit kritisierte, statt eines geregelten Übergangs gebe es für viele Mitarbeiter nur die Möglichkeit, sich erneut „auf ihre eigenen Jobs, aber zu schlechteren Konditionen“ zu bewerben. „Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.“ Mit der Eurowings einigte sich die Gewerkschaft am Freitag gleichzeitig auf einen Tarifvertrag über die Einstellungsbedingungen für die Einzelbewerber.

Ähnliche Verträge hatten bereits die Gewerkschaften Verdi und Ufo für das Kabinenpersonal unterzeichnet. Die Verträge regeln nur die Standards bei individuellen Einstellungen und sind nicht mit einem regulären Betriebsübergang zu verwechseln.

Nach einem Bericht der Zeitung „B.Z.“ (Samstag) hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) die Lufthansa, Easyjet und die NRW-Landesregierung in Briefen um Unterstützung für eine Transfergesellschaft gebeten, in der vorübergehend 1200 Verwaltungsmitarbeiter von Air Berlin unterkommen sollen.

Namentlich die Lufthansa habe „als Käufer und führende Gesellschaft des deutschen Luftverkehrs eine moralische Verpflichtung“, auch für das Bodenpersonal von Air Berlin Verantwortung zu übernehmen, zitiert das Blatt aus Müllers Schreiben. Zuvor waren Gespräche zwischen mehreren Bundesländern und dem Bund zur Gründung einer großen Auffanggesellschaft für bis zu 4000 Beschäftigte gescheitert.

Die Air-Berlin-Technik soll von der Berliner Logistikfirma Zeitfracht und der Wartungsfirma Nayak gekauft werden. Rund 300 Mitarbeiter werden übernommen, für weitere 550 soll es eine Auffanggesellschaft geben. Ein Betriebsübergang aller Mitarbeiter ist nach Ansicht von Kebekus nicht realistisch.

Die Berliner Flughäfen erwarten nach dem Ende von Air Berlin vorübergehend weniger Passagiere. Der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg, Engelbert Lütke Daldrup, geht davon aus, „dass in wenigen Wochen alle Slots vergeben sein werden und der Berliner Flughafen dadurch auf Dauer keine Delle im Wachstum haben wird“. Für Langstreckenverbindungen von und nach Berlin werde es aber erst einmal schwieriger.