Sinkende Ticketpreise, steigendes Angebot: Die Bundesregierung will mit geeigneten Maßnahmen den deutschen Luftverkehr wieder wettbewerbsfähig aufstellen und die Standortkosten senken. Die Details.

Eigentlich hätte es eine gute Idee für den nächsten Asterix-Comic sein können: Asterix und die Steuer des Ikarus. Mit folgender Einleitung: „Wir befinden uns im Jahr 2025. In ganz Europa schwingt sich die Luftfahrt nach wirtschaftlich schwierigen Corona-Jahren wieder zu neuen Höhenflügen auf. In ganz Europa? Nein! Ein von Unbeugsamen bevölkerter Staat hört nicht auf, der ökonomischen Vernunft Widerstand zu leisten und eine ganze Branche auszusaugen.“

Doch dieser Idee fehlt fortan der auf einer wahren Begebenheit basierende Hintergrund. Dennoch atmet die deutsche Verkehrsluftfahrt auf. Denn der Koalitionsausschuss der Bundesregierung hat gestern Abend beschlossen, die Luftverkehrsteuer zum 1. Juli 2026 wieder auf das Niveau von vor dem 1. Mai 2024 zu senken. Allein hier beträgt das Entlastungsvolumen 350 Millionen Euro pro Jahr.

Mehr noch: Die Flugsicherungskosten sollen bis 2029 um mehr als zehn Prozent reduziert und die Luftsicherheitskosten durch Prozess- und Effizienzsteigerungen gesenkt werden. Auf eine nationale Power-to-Liquid-Quote wird verzichtet; hier sollen künftig nur noch europäische Mindeststandards gelten. So erhofft sich die Bundesregierung eine Stärkung der Konnektivität in und aus Deutschland heraus

Deutschland verliert europaweit an Boden

Tatsächlich ist Deutschland in den vergangenen Jahren luftfahrtpolitisch einen ganz eigenen, nicht unbedingt besseren Weg gegangen. Statt alles zu unternehmen, um der wirtschaftlich so wichtigen Verkehrsluftfahrt nach der Krise unter die Arme zu greifen und sie zu fördern, haben die Entscheider in Berlin den Wirtschaftszweig und die Verbraucher immer stärker zur Kasse gebeten.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat errechnet, dass sich die staatlichen Standortkosten hierzulande seit 2019 mehr als verdoppelt haben. Die Folge: Im aktuellen Winterflugplan erreiche das Sitzplatzangebot an den deutschen Flughäfen nur 87 Prozent des Niveaus von 2019. In den übrigen europäischen Ländern werde dagegen so viel geflogen wie nie zuvor: Die Fluggesellschaften würden ihr Angebot außerhalb Deutschlands in den kommenden Monaten um sechs Prozent auf 113 Prozent von 2019 ausbauen.

Luftverkehrsteuer: Wie wichtig ist die Koalitionsentscheidung?

Umso erfreulicher deshalb das Gegensteuern von Merz und Co.: „Die Bundesregierung hat Wort gehalten und der jahrelang weiter steigenden Kostenspirale bei Steuern und Gebühren für Luftverkehr ab Deutschland ein Ende gesetzt. Das ist ein wichtiges Signal“, sagt BDL-Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Lang. „In Summe sind die Maßnahmen geeignet, die Anbindung des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu stärken. Damit Deutschland am anhaltenden Boom des Luftverkehrs in Europa teilhaben kann, sind in den kommenden Jahren aber noch weitere Schritte erforderlich.“

Zuversicht herrscht auch beim Flughafenverband ADV. „Mit der Rücknahme der jüngsten Luftverkehrsteuererhöhung zum 1. Juli 2026 sowie einem umfassenden Maßnahmenpaket zur Senkung von Gebühren und staatlich verursachten Kosten adressiert die Bundesregierung zentrale Wettbewerbsnachteile.“ Der Luftverkehr in Deutschland stehe seit Jahren unter massivem Druck. „Vor allem die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten von über vier Milliarden Euro haben zur Verlagerung von Flugzeugen und zur Aufgabe von Strecken geführt“, ruft ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel mahnend in Erinnerung.

ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel Bild: Flughafenverband ADV

In den vergangenen zehn Jahren habe Deutschland rund 200 Strecken und 40 nonstop erreichbare Ziele verloren. „Wenn wir wieder mehr Verbindungen von und nach Deutschland sehen wollen, braucht es genau das, was Bundeskanzler Friedrich Merz nach dem Koalitionsausschuss angekündigt hat: Eine umfassende Standortstrategie für Flughäfen und Airlines“, so Beisel weiter.

Kleine Airports werden entlastet

Vorerst schüren jedoch schon kleine Schritte Hoffnung: So hat sich der Haushaltsausschuss in der vergangenen Nacht auf die Übernahme der Flugsicherungskosten für kleinere Flughäfen in Höhe von 50 Millionen Euro für das Jahr 2026 verständigt. „Damit haben binnen weniger Stunden zwei zentrale Gremien – der Koalitionsausschuss und der Haushaltsausschuss – wegweisende Entscheidungen zur Stabilisierung des Luftverkehrs getroffen“, lobt Beisel.

Die Flugsicherung an kleineren Flugplätzen wird, anders als an den großen Verkehrsflughäfen, nicht durch die Deutsche Flugsicherung (DFS) durchgeführt. Diese hoheitliche Aufgabe muss in Deutschland von den Regionalflughäfen eigenständig organisiert und finanziert werden. Ohne die Fortführung der Kostenübernahme durch den Bund wäre es zu einer Verzerrung des europäischen Wettbewerbs gekommen.