Flughafenseelsorge in Stuttgart: Hilfe zwischen Kummer, Chaos und Katastrophen
Seelsorger am Flughafen Stuttgart helfen Reisenden, Beschäftigten und Einsatzkräften – von Notlagen bis zu kuriosen Vorfällen.
Ob gestresste Urlauber oder erschöpfte Einsatzkräfte – am Flughafen Stuttgart stehen Seelsorger bereit, um zu helfen. Matthias Hiller und Sabine Löw begleiten mit einem Team von Ehrenamtlichen die Menschen am Airport – oft dort, wo es sonst niemand tut.
Zwar bedeutet der Ferienbeginn in Baden-Württemberg einen Anstieg des Passagieraufkommens, doch Flughafenseelsorger Matthias Hiller weist darauf hin, dass andere Reisezeiten oft noch intensiver sind – etwa zu Beginn der Pfingstferien. Dann reisen viele Familien in den vorgezogenen Sommerurlaub, und der Flughafen ist besonders ausgelastet.
Gleichzeitig hat die Seelsorge nicht nur die Reisenden im Blick. Sie ist auch für rund 10.000 Beschäftigte des Flughafens sowie etwa 700 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und Sanitätsdiensten zuständig. Für viele dieser Menschen ist die Unterstützung durch die Seelsorge gerade in emotional herausfordernden Momenten wichtig – unabhängig vom Reisekalender.
Wann wird das Seelsorge-Team am Flughafen Stuttgart aktiv?
Die Bandbreite der Situationen, in denen das Seelsorge-Team aktiv wird, ist groß. Da ist etwa der ältere Mann, der beim Zoll daran gehindert wird, Käse aus einem Nicht-EU-Land einzuführen – und den Tränen nahe ist. Oder der völlig aufgelöste Fluggast, der bei einer Polizeikontrolle unter Drogenschmuggelverdacht steht und Unterstützung durch eine nicht-uniformierte, ruhige Begleitung braucht.
Die Seelsorge übernimmt oft dort, wo Behörden oder Personal nicht mehr weiterwissen – schlicht, weil ihnen die Zeit oder der Spielraum fehlt. Ob seelische Notlagen, praktische Probleme oder Sprachbarrieren: Hiller und Löw helfen gemeinsam mit ihren Ehrenamtlichen unbürokratisch weiter.
Ankunft ohne Anschluss
Besonders im Frühjahr sind viele Saisonarbeitskräfte aus Georgien, der Türkei und weiteren Ländern in Stuttgart gelandet, um in der Region Obst zu ernten oder Spargel zu stechen. Wenn der versprochene Shuttlebus nicht kommt oder das Handy kein Roaming hat, stranden sie buchstäblich auf dem Flughafen.
In solchen Momenten greift das Seelsorge-Netzwerk. Das Team organisiert Verbindungen, stellt Kommunikationshilfe bereit und gibt den Menschen Orientierung. Auch Flüchtende, die mit Asylwunsch am Flughafen ankommen, erhalten Unterstützung. So landete etwa an einem Sonntag eine Gruppe aus Afghanistan – 13 Personen, darunter nur ein achtjähriger Junge mit rudimentären Englischkenntnissen. Der Weg zur Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe wäre für sie allein kaum machbar gewesen.
Erfahrene Helfer, einfühlsamer Einsatz
Das Team um Hiller und Löw wird von 35 Ehrenamtlichen unterstützt – viele davon mit jahrelanger Erfahrung im Umgang mit Notlagen am Flughafen. Wenn ein Reisender seinen Pass beim Check-in vermisst oder das Gate nicht findet, übernehmen die Ehrenamtlichen die Begleitung, während das Flughafenpersonal den regulären Betrieb weiterführen muss.
Die Motivation dahinter ist klar: „Wir möchten dem Miteinander im Flughafen guttun – und den Menschen spüren lassen, dass sie wertvoll sind“, so das Credo der Seelsorge. Dabei spielt weder Religion, Herkunft noch Aufenthaltsstatus eine Rolle. Es zählt der Mensch.
Zwischen Flip-Flop und Feuerwehr
Nicht selten sind auch kuriose Vorfälle Teil des Alltags. Ein junger Mann kehrte nach einem feuchtfröhlichen Junggesellenabschied auf Mallorca zurück – in Boxershorts, einem einzelnen Flip-Flop, ohne Pass, Geld oder Handy. Die Seelsorge nahm Kontakt zur Mutter auf und sorgte dafür, dass der Heimweg mit Würde über die Bühne ging.
Bei medizinischen Notlandungen – etwa wenn ein Passagier während des Flugs einen schweren gesundheitlichen Vorfall erleidet – treffen sich die Seelsorger direkt am Flugzeug mit den Einsatzkräften. Sie kümmern sich um Angehörige, klären Fragen zur Weiterreise oder Krankenhauswahl und stehen auch den Rettungskräften für Nachgespräche zur Verfügung.
Menschlichkeit im Terminal
Die Flughafenseelsorge am Flughafen Stuttgart ist längst zu einem festen Bestandteil der Notfallstrukturen geworden. Zwischen Duty-Free-Shops, Sicherheitskontrollen und Abflughallen steht sie für etwas, das dort sonst selten Platz findet: Zeit, Zuhören und Zuwendung. Ob bei Kummer, Chaos oder Katastrophen – Matthias Hiller, Sabine Löw und ihr Team zeigen, dass Kirche auch mitten im Flughafentrubel da ist. Leise, zuverlässig, menschlich.
