Ob in einem alten Mercury oder auf dem Sozius einer knatternden MZ: Wer auf Kuba authentisch unterwegs sein will, der nimmt ein Colectivo – und kommt für wenig Geld viel herum. Havanna (dpa/tmn) – Jeder hat seinen Oldie-Traum auf Kuba. Wer erstmals nach Havanna kommt, sitzt vielleicht stolz im glänzenden Cabrio Classico aus vorrevolutionären Zeiten, […]

Ob in einem alten Mercury oder auf dem Sozius einer knatternden MZ: Wer auf Kuba authentisch unterwegs sein will, der nimmt ein Colectivo – und kommt für wenig Geld viel herum.

Havanna (dpa/tmn) – Jeder hat seinen Oldie-Traum auf Kuba. Wer erstmals nach Havanna kommt, sitzt vielleicht stolz im glänzenden Cabrio Classico aus vorrevolutionären Zeiten, genießt den Blick auf die Karibik und die Plätze der Revolution und lauscht dabei den Schilderungen des Zigarre schmauchenden Chauffeurs.

Doch wer etwas Erfahrung hat und es authentisch mag, reist in Routentaxis – den sogenannten Colectivos – durch Havanna, andere Städte oder über das Land. Pferdekutschen rollen in vielen Dörfern, im Osten knattern Motorrad-Taxis. Für Ausländer ist das billig.

Wie funktioniert ein Colectivo-Taxi? Es ist im Prinzip wie ein Bus und fährt eine bestimmte Route – in einer Stadt, aber auch zwischen Städten. Einen Haltepunkt zu finden, ist nicht immer einfach – denn gekennzeichnet sind sie in der Regel nicht, so Gioacchino Cinquegrani vom Cubanischen Fremdenverkehrsbüro in Berlin. «Wenn mehrere Leute an der Straße warten, und es ist dort keine Bushaltestelle, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dort Colectivos halten.»

Doch auch so kann man die Taxis herauswinken. Wenn noch Plätze frei sind, halten sie an. Wer zwischen zwei Haltestellen aussteigen will, muss das dem Fahrer nur sagen. Die alten Fahrzeuge haben in der Regel ein Taxizeichen. Ihre Routen führen hauptsächlich über Hauptstraßen, fügt Cinquegrani an.

Für den Fahrpreis gilt ein fester Tarif. Kubaner zahlen in ihrer nationalen Währung, dem kubanischen Peso. Touristen, die sonst für die meisten Ausgaben die Devisenwährung CUC (konvertibler Peso) brauchen, dürfen das auch.

Es ist ein heißer November-Tag in Havanna. Ein Tourist winkt in der San Lazaro nahe des Hotels «Deauville». Ein blauer Mercury stoppt. «Linea y Paseo», sagt der Ausländer. Der Fahrer nickt. Fünf Kunden sitzen nun drin. Zwei Fensterkurbeln fehlen, eine Scheibe hat einen Sprung. Die Chauffeure dieser betagten Routentaxis, die ihr Gefährt oft mieten, verdienen meist viel mehr als Fabrikarbeiter oder Lehrer, aber weniger als ihre Kollegen in den Classicos, die vor vielen Hotels auf Touristen warten. Eine Stunde für vier Personen kostet in diesen blitzenden Cabrio-Oldies umgerechnet rund 35 Euro.

Unser Mercury steckt vor dem «Habana Libre», dem früheren «Hilton», kurz im Stau. Im Verkehrsgewusel fährt auch ein roter Havanna-Tour-Bus mit vollem Sonnendeck. Kameras klicken. Ein Tag in dem Bus kostet zehn CUC – knapp neun Euro.

Nach knapp fünf Kilometern stoppt der Mercury an der Kreuzung Linea und Avenida Paseo. Der Deutsche steigt aus, reicht dem Fahrer einen 10-Peso-Schein in der Landeswährung – das sind umgerechnet 40 Cent. Dann spaziert er zum nahen John Lennon Park, später in ein nahes Café. Und zurück? Warum nicht in einem Dodge oder Pontiac. Ein schönes Erlebnis zwischen palavernden und gestikulierenden Cubanos.

Nur über den Tisch ziehen lassen sollten sich Touristen nicht. Martin Staub, Geschäftsführer eines örtlichen Leihradanbieters, rät: «Am besten beim Einsteigen den Preis klarmachen.» Etliche Kunden des Saarbrückers fahren seinen Angaben zufolge nach ihrer E-Bike-Tour in einem Oldie zurück ins Hotel.

In Havanna rollen inzwischen auch knallgelbe Kleinbusse – «Taxi ruteros» – mit kühlender Klimaanlage. Aus Lautsprechern dröhnt oft Reggaeton. Kubanischer Luxus für fünf Peso, etwa 20 Cent. Doch häufig lange Wartezeiten in sengender Sonne schmälern das Vergnügen.

Szenenwechsel: Ein Studebaker-Taxi stoppt am Parque Central, als Bernd Herrmann winkt. Der Tourismusmanager lässt sich gern in Oldies von seinem Büro im historischen Edificio Bacardi zu seiner Wohnung fahren. «Glück gehabt», sagt er. «Ja, es gibt kaum noch Studebaker», betont Fahrer Joan. Eine Fahrt im Oldie-Taxi zum Airport kostet wie im staatlichen Toyota 25 CUC, umgerechnet 22 Euro.

Auch Veteranen aus Deutschland wie VW Käfer oder Opel Rekord – mit und ohne Taxi-Schild – haben auf der sozialistischen Insel ihre Fans. Und es geht auch auf zwei Rädern: Unzählige MZ-Motorräder aus Sachsen tuckern als Moto-Taxis über die Straßen in Santiago de Cuba. Und selbst Pizza-Lieferservices nutzen MZs – auch in Havanna.

Info-Kasten: Kuba

Anreise: Von mehreren deutschen Flughäfen gibt es Direktflüge nach Kuba. Für die Einreise benötigen Touristen aus Deutschland einen noch mindestens sechs Monate gültigen Reisepass und eine Touristenkarte für 30 Tage. Die gibt es in Reisebüros, bei der kubanischen Botschaft und auch bei den meisten Airlines beim Einchecken.

Reisezeit: Ganzjährig, von Juni bis November Wirbelstürme möglich.

Geld: 1 Euro entspricht rund 1,15 CUC (Stand: 14. Januar 2019), der Devisenwährung des Landes. Ein CUC (konvertibler Peso) entspricht 24 kubanischen Pesos, auch moneda nacional (mn) genannt.

Tipp: Viele private Taxis in Havanna starten am Parque de la Fraternidad neben dem Capitolio, ebenso kleine und große Busse.

Informationen: Fremdenverkehrsbüro, Botschaft Kubas, Stavangerstraße 20, 10439 Berlin (Tel.: 030/4471 9658, E-Mail: info@cubainfo.de).