02.12.2016 Ist am Frankfurter Flughafen nur der neue Kunde König? So sehen es zumindest die alteingesessenen Fluggesellschaften. Dem Billigflieger Ryanair werde trotz abgesenkter Rabatte der rote Teppich ausgerollt. Frankfurt/Main (dpa) – Am Frankfurter Flughafen rumort es. Die Altkunden sind sauer auf den Betreiber Fraport, der mit Rabatten neue Airlines anlocken will. Vor allem seit der Billigflieger Ryanair […]

02.12.2016

Ist am Frankfurter Flughafen nur der neue Kunde König? So sehen es zumindest die alteingesessenen Fluggesellschaften. Dem Billigflieger Ryanair werde trotz abgesenkter Rabatte der rote Teppich ausgerollt.

Frankfurt/Main (dpa) – Am Frankfurter Flughafen rumort es. Die Altkunden sind sauer auf den Betreiber Fraport, der mit Rabatten neue Airlines anlocken will. Vor allem seit der Billigflieger Ryanair auf die Avancen eingegangen ist, sind Lufthansa und Co. auf dem Kriegspfad. Daran kann auch der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) nichts ändern, der die geplanten Anreize zwar abgemildert hat, aber dennoch von lärmgeplagten Anwohnern für mehr Flugverkehr verantwortlich gemacht werden wird.

Warum ändert die Fraport überhaupt ihre Entgelte?

Weil ihre Kosten steigen und weil sie es sich als Monopolist auch leisten kann. Die Entgelte sind keine am freien Markt entwickelten Preise, sondern Gebühren, die vom Land Hessen als Aufsichtsbehörde genehmigt werden müssen, sobald der Flughafenbetreiber höhere Kosten nachweist. Die Fluggesellschaften kritisieren die Frankfurter Sätze schon lange als viel zu hoch, zumal andere Großflughäfen ihre Gebühren in letzter Zeit gesenkt haben. Auf der anderen Seite verdient der MDax-Konzern Fraport mit den Verkehrsdienstleistungen kaum noch Geld und muss zusätzliche Passagiere in die Terminals locken, um dort die Umsätze der Shops zu steigern, an denen er beteiligt ist. Der Großkunde Lufthansa bringt zwar über 60 Prozent der Passagiere nach Frankfurt, wächst aber seit Jahren kaum noch.

Werden tatsächlich mehr Flugzeuge Frankfurt ansteuern?

Das ist zumindest das erklärte Ziel der neuen Gebührenstaffel. Mit Ryanair drängt ein potenter Anbieter auf den noch schwach besetzten Billigfliegermarkt im wohlhabenden und bevölkerungsreichen Rhein-Main-Gebiet. Bislang sind am Frankfurter Flughafen mit rund 61 Millionen Passagieren nur 4 Prozent dem Billigsegment zuzurechnen, nämlich die Gesellschaften Vueling und Wow Air. Fraport-Chef Stefan Schulte hält 10 Prozent wie in München für realistisch. Dazu könnte auch die Lufthansa beitragen, wenn sie wie angekündigt ihre Billigtochter Eurowings an ihr größtes Drehkreuz holt.

Steigt mit der neuen Entgeltordnung die Gesamtzahl der Passagiere 2017 – und wird der Flughafen lauter?

Diese Frage lässt sich natürlich erst in einem Jahr beantworten. Und selbst wenn die Fraport neue Airlines anlockt, der Flughafen könnte im Gegenzug ja auch Kunden verlieren. Die Gleichung «Mehr Passagiere gleich mehr Lärm» stimmt auch nicht uneingeschränkt, etwa wenn die Fluggesellschaften größere oder leisere Maschinen einsetzen. So war in den vergangenen Jahren die Zahl der Passagiere am Flughafen gestiegen – bei weniger Flugbewegungen.

Was hat Ryanair vor?

Eine Menge. Die Airline stationiert in Frankfurt im März zunächst nur zwei Maschinen, die zusammen vier Flüge pro Tag absolvieren. Die ersten Ziele sind Mallorca, Alicante und Malaga in Spanien sowie das portugiesische Faro. Anfänglich erwartet Ryanair lediglich 400 000 Passagiere pro Jahr. Zum nächsten Winter soll das Flugangebot aber schon deutlich wachsen, schließlich wollen die Brexit-geschädigten Iren ausschließlich auf dem Kontinent wachsen und bekommen nahezu jede Woche ein neues Flugzeug geliefert. In Berlin sei man innerhalb von drei Jahren von 400 000 auf 5,4 Millionen Passagiere gewachsen, sagt Marketingchef David O’Brien. Er sehe keinen Grund, warum das in Frankfurt anders sein sollte. Das muss kein Netto-Zuwachs sein, weil Ryanair zunächst nur Ziele anfliegt, die auch von anderen Gesellschaften bedient werden. Eine Verdrängung schwächerer Anbieter wie zum Beispiel Air Berlin scheint hier möglich.

Ein grüner Minister genehmigt einen Antrag, der Anreize für mehr Fluggäste und neue Verbindungen schafft. Wie geht denn sowas?

Als Bekenntnis für einen wachsenden Flughafen möchte Al-Wazir die genehmigte Gebührenstaffel nicht verstanden wissen. Sein Ministerium handele als Genehmigungsbehörde, betont er. «Wir haben zu prüfen, ob es mit dem Gesetz vereinbar ist.» Dabei spielten auch die Sozialstandards einzelner Airlines keine Rolle, hatte er jüngst im Landtag betont. «Ryanair ist gewiss kein Arbeitgeber, wie ich ihn mir wünsche», erklärte Al-Wazir. «Aber ein Verkehrsflughafen steht allen zugelassenen Luftfahrtunternehmen offen.»

Christian Ebner und Andrea Löbbecke, dpa