22.01.2016 Dauerstreiks, Jobgipfel und nun eine zweite Schlichtung. Der Weg zum Tariffrieden bei der Lufthansa ist steinig. Doch dem neuen Schlichter Matthias Platzeck ist es gelungen, die größten Brocken abzuräumen. Frankfurt/Main (dpa) – «Schlichten und Schweigen» – mit diesem Motto hat Matthias Platzeck bei der Lufthansa einen ersten großen Erfolg erzielt. In einem dreitägigen Marathon erreichten […]

22.01.2016

Dauerstreiks, Jobgipfel und nun eine zweite Schlichtung. Der Weg zum Tariffrieden bei der Lufthansa ist steinig. Doch dem neuen Schlichter Matthias Platzeck ist es gelungen, die größten Brocken abzuräumen.

Frankfurt/Main (dpa) – «Schlichten und Schweigen» – mit diesem Motto hat Matthias Platzeck bei der Lufthansa einen ersten großen Erfolg erzielt. In einem dreitägigen Marathon erreichten die Kontrahenten Lufthansa und die Flugbegleitergewerkschaft Ufo zwar noch keine endgültige Einigung, aber Meilensteine in zentralen Tariffragen für rund 19 000 Flugbegleiter. Bis zum Sommer hat der frühere Ministerpräsident von Brandenburg nun Zeit, noch die letzten Probleme aus der Welt zu schaffen.

Wie lange sind Streiks nun ausgeschlossen?

Die Flugbegleiter dürfen wegen der vereinbarten Friedenspflicht zur Schlichtung bis zum 30. Juni 2016 nicht streiken. Das Bodenpersonal besitzt einen gültigen Verdi-Tarifvertrag sogar bis Ende 2017. Anders ist die Situation bei der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), die seit April 2014 schon 13 Streiks organisiert hat und dies auch jederzeit wieder tun könnte. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen haben die Piloten aber für unzulässige Ziele gestreikt. Die VC will dazu eine juristische Klärung und hat mit Lufthansa wieder Verhandlungen aufgenommen.

Was ist für die Flugbegleiter genau vereinbart worden?

Komplett in trockenen Tüchern ist bislang nur der Gehaltstarifvertrag mit 3000 Euro Einmalzahlung für 2015 und 2,2 Prozent Steigerung in diesem Jahr. Der Vertrag läuft aber bereits zum 30. September aus, so dass schon im Herbst mit neuen Verhandlungen zu rechnen ist. Weit wichtiger ist die grundsätzliche Übereinkunft zu den Übergangs- und Betriebsrenten, bei der aber noch etliche Details offen geblieben sind. Über sie soll zunächst bis zum 15. Februar verhandelt werden. Im Zweifelsfall gehen die Probleme aber auch in die Platzeck-Schlichtung.

Kann das Ganze also noch scheitern?

Eindeutig ja. Bei Ufo herrscht immer noch großes Misstrauen, dass Lufthansa sich «Hintertürchen» offenhalten könnte. Werden die noch offenen Renten-Details nicht im beiderseitigen Einverständnis geklärt, kippt der erreichte Kompromiss. Außerdem steht die ganze Vereinbarung unter dem Vorbehalt, dass die Ufo-Mitglieder ihr in einer erneuten Urabstimmung zustimmen müssten.

Werden die Flugbegleiter mit dem neuen System besser oder schlechter als bislang gestellt?

Das kann man derzeit noch nicht genau sagen, weil beide Seiten zu Details schweigen. Klar ist, dass Lufthansa künftig nicht mehr die Betriebsrenten in ihrer Höhe garantiert, sondern nur noch fest definierte Beiträge einzahlt. Wie hoch die genau sind und welche Zinsentwicklung bei den Beispielrechnungen zugrunde liegt, ist bislang nicht bekannt. Das für langfristige Geldanlagen sehr wichtige Zinsrisiko tragen aber künftig die einzelnen Flugbegleiter. Positiv ist für sie, dass nicht abgerufene Leistungen aus der Übergangsversorgung nun auf die Betriebsrente angerechnet werden können. Wer also länger als bis 55 fliegt, bekommt später eine höhere Betriebsrente.

Und um was wird es noch in der Schlichtung gehen?

Es gibt eine lange Liste von Problemen zur Arbeitsorganisation der Flugbegleiter, die sogenannte Agenda Kabine. Über sie soll ebenso geredet werden wie über die nächste Gehaltsrunde ab dem 1. Oktober 2016 und die möglicherweise bilateral nicht gelösten Details zu den Rentenfragen. Neben der Schlichtung gibt es zudem Gespräche über die Arbeitsbedingungen bei der teils im Ausland angesiedelten Billigtochter Eurowings und über Wechselmöglichkeiten innerhalb der Lufthansa-Gesellschaften. Ufo will beispielsweise Eurowings-Kräften den späteren Wechsel zur Lufthansa-Mutter offen halten.

Welche Rolle spielt Schlichter Matthias Platzeck?

Offenbar eine heilsame. Die aktuelle Vereinbarung ist unter seinem Vorsitz in einem dreitägigen Verhandlungs-Marathon erreicht worden, der offiziell als Vorgespräch zur Schlichtung galt. Dabei war klar, dass Ufo keine lange Friedenspflicht akzeptieren würde, wenn nicht die Rentenfrage zumindest in Grundzügen vorab geklärt ist. Platzeck soll in den Gesprächen sehr besonnen und ausgleichend gewirkt haben. Zusammen mit dem Linken-Politiker Bodo Ramelow hatte er bereits im vergangenen Jahr den ähnlich vertrackten Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn AG gelöst.

Christian Ebner, dpa