Die Hipster-Metropole Portland liebt ihren «Roten Teppich» am Flughafen. Er ist eigentlich blaugrün und hat eine riesige Fangemeinde. Nun wird er ersetzt. Es gibt Proteste, Trauer, Souvenirs und Selfies. Portland (dpa) – Emma Pelett spricht vielen Mitmenschen in Portland aus dem Herzen. «Ich bin ein großer Fan des Teppichs. Das leuchtende Grün ist nicht zu […]

Die Hipster-Metropole Portland liebt ihren «Roten Teppich» am Flughafen. Er ist eigentlich blaugrün und hat eine riesige Fangemeinde. Nun wird er ersetzt. Es gibt Proteste, Trauer, Souvenirs und Selfies.

Portland (dpa) – Emma Pelett spricht vielen Mitmenschen in Portland aus dem Herzen. «Ich bin ein großer Fan des Teppichs. Das leuchtende Grün ist nicht zu übersehen. Man landet hier und weiß sofort, dass man Zuhause angekommen ist.» Die 26-jährige Geschäftsfrau zählt zu der riesigen Fangemeinde des Flughafenteppichs der Hipster-Metropole im nordwestlichen US-Staat Oregon. «Die Leute sind von einem fast 30 Jahre alten, abgewetzten Teppich wie besessen. Das ist Portland, wir sind gerne etwas schräg», sagt Pelett.

Die ungewöhnliche Love-Story hat nun aber einen Knacks. Der in den 1980er Jahren verlegte petrolfarbene Teppichboden mit blauen Linien und roten und lila Vierecken fliegt raus. «Es ist an der Zeit», meint Flughafensprecherin Kama Simonds. Stellenweise seien schon die Fäden zu sehen. Über 15 Millionen Reisende laufen jedes Jahr durch den Flughafen.

2013 kündigten die Flughafenbetreiber den Rauswurf an. Für 13 Millionen Dollar soll eine Fläche von zehn Fußballfeldern neu ausgelegt werden. Im Januar wurde das erste Stück herausgerissen, bis November soll die Renovierung laufen. «Wir waren etwas überrascht», sagt Simonds über die Flut von Liebes- und Trauerbekundungen, Protesten und Beschwerden in den letzten Monaten. Die «Süddeutsche Zeitung» schrieb am Dienstag: «Abgewetzt macht glücklich.»

Tausende Menschen haben ihre Füße auf dem ikonischen Teppichboden geknipst. Eine Facebook-Seite mit zig «Foot-Selfies» hat schon mehr als 13 400 Likes. Auf Twitter unter dem Schlagwort «pdxcarpet» (PDX ist das Flughafenkürzel und «carpet» heißt Teppich) posten Fans ihre Tätowierungen im Stil des geometrischen Musters. Längst ist das Teppich-Design auch auf T-Shirts, Socken, Kaffeetassen, Taschen und Bierflaschenetiketten zu finden.

Die Designer ließen sich damals von dem Flughafentower-Blick auf die Landebahnen und Lichter inspirieren. Das neue Muster auf einem grünen Untergrund mit bunten Punkten ist weniger gradlinig. Es hat gelbe und blaue Bögen und rote Streifen. «Einige sehen darin die gebogene Überdachung vor dem Flughafen, andere sehen Schafe und Natur», meint Sprecherin Simonds. «Manche Leute fotografieren schon den neuen Teppich, es gibt auch schon T-Shirts mit dem Muster.»

Doch Portland hält dem alten PDX-Teppich die Treue. Er soll weiterleben. Gut erhaltene Stücke will die Flughafenleitung recyceln. 32 Firmen machten bei einem Wettbewerb um die Resteverwertung mit. Vier bekamen kürzlich den Zuschlag, darunter auch der alteingesessene Familienbetrieb City Liquidators. Emma Pelett ist dort die Teppich-Fachfrau, in wenigen Wochen rechnet sie mit den ersten Stücken. Sie bekomme jetzt schon tägliche Anrufe und E-Mails, erzählt Pelett. «Eine Frau will ihr Segelboot damit auslegen, ein Typ möchte seinen VW-Bus dekorieren. Alle wollen ein Stück Geschichte bewahren.» Die Firma will bezogene Stühle, Kissen, Fußableger, kleine Teppiche, Taschen und Kofferanhänger verkaufen.

«So eine Teppichliebe gibt’s nur in Portland», davon ist Pelett überzeugt. «Wir lieben es, anders zu sein.» Die einst verschlafene Stadt lockt jetzt eine bunte Mischung von Hipstern, Tech-Arbeitern, Kaffeeröstern, Bierbrauern, Ökobauern und Künstlern an. Auch die Flughafenleitung kehrt nichts unter den Teppich. «Uns macht die Geschichte Spaß», versichert Sprecherin Simonds. Und sie macht gleich ein bisschen Werbung: «Ab Juni gibt es erstmals Direktflüge von Frankfurt nach Portland. Schaut euch doch den alten Teppich an, so lange es ihn noch gibt.»