Lufthansa schrumpft sich fit
Frankfurt am Main Im harten Konkurrenzkampf des Luftverkehrs konzentriert sich Lufthansa auf ihr Kerngeschäft. Um neue Flugzeuge bezahlen zu können will sie profitable Tochterunternehmen abstoßen. Der Umbau des Lufthansa-Konzerns geht mit hohem Tempo voran. Unter Führung des 2011 angetretenen Vorstandschefs Christoph Franz will sich Europas größte Fluggesellschaft gesund schrumpfen und aufs Kerngeschäft konzentrieren. Harte Zeiten […]
Frankfurt am Main
Im harten Konkurrenzkampf des Luftverkehrs konzentriert sich Lufthansa auf ihr Kerngeschäft. Um neue Flugzeuge bezahlen zu können will sie profitable Tochterunternehmen abstoßen.
Der Umbau des Lufthansa-Konzerns geht mit hohem Tempo voran. Unter Führung des 2011 angetretenen Vorstandschefs Christoph Franz will sich Europas größte Fluggesellschaft gesund schrumpfen und aufs Kerngeschäft konzentrieren. Harte Zeiten für die Unternehmensteile, die nicht direkt mit dem Fliegen zu tun haben: Die Catering-Tochter LSG Sky Chefs und der Computerdienstleister IT Services mit zusammen rund 33 000 Mitarbeitern stehen zum Verkauf, obwohl sie zuletzt durchaus Gewinnbeiträge geliefert haben.
Der Grund für die Pläne ist dann auch weniger fehlende Profitabilität, sondern finanzielle Vorsicht für die kommenden Jahre. Maue Ergebnisaussichten treffen auf gigantische Investitionen von rund 20 Milliarden Euro in neue Flugzeuge und Innenausstattungen älterer Jets. Gerade beim Komfort in der lukrativen Business-Klasse muss Lufthansa gegenüber vielen Langstrecken-Konkurrenten mächtig aufholen. Symbole dafür sind die neuen Großraumflieger vom Airbus-Typ A 380 und die jüngste Version des Boeing-Jumbos 747, die Lufthansa als erste Passagier-Linie der Welt in die Flotte genommen hat.
Die Verschuldung des Konzerns werde ansteigen, kündigte Franz in Washington beim ersten Linienflug einer 747-8 an, ohne Planzahlen zu nennen. Mit 4,5 Milliarden Euro Netto-Kreditschulden inklusive der Pensionslasten gilt die Lufthansa im Vergleich zu ihren europäischen Mitbewerbern noch als sehr solide finanziert, zumal ihr der Großteil ihrer Flugzeuge tatsächlich selbst gehört. Experten verweisen zudem regelmäßig auf erhebliche Bilanzreserven. Von dauerhaften Verlustbringern wie der britischen bmi und Jade Cargo hat sich Lufthansa bereits getrennt.
Angesichts der kommenden Belastungen sei der angestrebte Verkauf der peripheren Betriebsteile richtig, stützt Analyst Jürgen Pieper von der Privatbank Metzler den Schrumpf-Kurs. Vor allem die LSG sei ein «natürlicher Verkaufskandidat», der für die Marke Lufthansa keine Rolle spiele. In den vergangenen Jahren habe der Vorstand den Bordverpflegungs-Weltmarktführer auf gesunde Füße gestellt. «Ein tolles Geschäft ist das aber trotzdem nicht.» Auch für die Beibehaltung des IT-Dienstleisters im Konzern spreche wenig. Für beide Firmen hatten sich schon früher Spezialisten interessiert.
Die Belegschaft will unter dem großen Schirm der Lufthansa mit ihrem gewachsenen Tarifgefüge bleiben. «Das Tafelsilber kann man nur einmal verkaufen», warnt Verdi-Sekretär Gerold Schaub. Die erneuten Verkaufspläne hätten auch Rückwirkungen auf aktuelle Verhandlungen bei der LSG. «Die Leute sind nicht zu Sparbeiträgen bereit, wenn die Firma ohnehin weiterverkauft wird.» Die Gewerkschaft werde versuchen, die Jobs zu sichern und einen tarifvertraglichen Begleitschutz für den eventuellen Verkauf zu gestalten.
Bei den verbliebenen Flugtöchtern ist Austrian Airlines (AUA) längst noch nicht so schlank wie die schöne und profitable Schwester Swiss. Lufthansa will die Ex-Staatsairline aus Österreich aus den roten Zahlen fliegen, verspricht Vorstand Carsten Spohr. «Wären wir nicht überzeugt, dass die AUA den Turnaround schafft, hätten wir alle Chancen gehabt, die AUA fallenzulassen», sagte er dem «Standard».
Nach dem Vorbild der Swiss-Sanierung überträgt die Mutter Lufthansa den Flugbetrieb der AUA zum 1. Juli auf eine Regionaltochter, die Tyrolean Airways. Dort gilt der komfortable AUA-Tarifvertrag für das fliegende Personal nicht mehr, Piloten und Flugbegleiter müssen künftig für das gleiche Geld länger arbeiten und auf automatische Gehaltserhöhungen verzichten. 341 von rund 3000 betroffenen Beschäftigten wollten den erzwungenen Schwenk nicht mitmachen und haben bis zum Wochenende gekündigt, was AUA einmalig rund 100 Millionen Euro kosten wird.
AUA sieht ihren Flugbetrieb nach dem Aderlass aber nicht in Gefahr und will für den Sommer alle Reserven inklusive des Einsatzes von Management-Piloten mobilisieren. Letzte Lücken will man mit Lufthansa-Maschinen und Crews stopfen und im kommenden Jahr neue Leute einstellen, kündigte das Unternehmen in Wien an. Bereits im nächsten Jahr werde man Gewinn einfliegen.
Ein ähnliches Szenario droht einem Teil der Belegschaft bei der Mutter, wenn in den laufenden Tarifverhandlungen für Cockpit und Kabine keine einvernehmlichen Einigungen gelingen. Klar ist bereits, dass der dezentrale Europaverkehr von Lufthansa und Germanwings mit 90 Airbus-Jets in der neuen Einheit «Direct4U» zusammengefasst wird. Das kann durchaus mit niedrigeren Tarifbedingungen einhergehen: Bei den Stewardessen gilt der niedrigere Germanwings-Vertrag als Ziel. Dienstleistungen am Boden ließen sich über Fremdfirmen einkaufen.
Quelle: Christian Ebner, dpa