München Flugsimulator-Enthusiasten dürfen sich freuen: In der Welt der DCS-Reihe hat sich in letzter Zeit einiges getan. Vor wenigen Tagen veröffentlichten die Entwickler Neugikeiten, die jeden Teil dieser Reihe betreffen. So zum Beispiel geht „Combined Arms“ in die offene Betaphase und steht zum Vorverkauf bereit (wer es im Vorverkauf bestellt, kann an der Betaphase teilnehmen). […]

München

Flugsimulator-Enthusiasten dürfen sich freuen: In der Welt der DCS-Reihe hat sich in letzter Zeit einiges getan. Vor wenigen Tagen veröffentlichten die Entwickler Neugikeiten, die jeden Teil dieser Reihe betreffen.

So zum Beispiel geht „Combined Arms“ in die offene Betaphase und steht zum Vorverkauf bereit (wer es im Vorverkauf bestellt, kann an der Betaphase teilnehmen). Zudem erhält „DCS World“ das Update 1.2.0, die „P-51D Mustang“ geht in die nächste Beta-Runde, und „A-10C Warthog“ sowie „KA-50 Black Shark 2“ werden ebenfalls auf Version 1.2.0 gehoben.

Die DCS-Reihe

Freunde der zivilen Flugsimluation könnten sich nun fragen, was es mit dieser „DCS-Reihe“ auf sich hat und warum sie das möglicherweise auch interessieren könnte.

„DCS“ steht für Digital Combat Simulator. Diese Reihe besteht aus mehreren Modulen, die allesamt zueinander kompatibel sind. Man kann also im Mehrspielermodus gegeneinander antreten oder Missionen in Zusammenarbeit absolvieren. Im Vordergrund stehen hier die drei folgendenen Modelle:

Der KA-50 Blakshark (NATO: „Hokum“). Quelle: Eagle Dynamics

Der KA-50 ist ein leichter russischer Kampfhubschrauber. Simuliert wird er derzeit auf dem Ausrüstungsstand der 80er Jahre. Die Tatsache, dass es ein russisches Modell ist, und dass die Flugunterstützung durch Computer zwar vorhanden ist, aber eher dünn ausfällt, sorgt für einige Abwechslung beim Flug. Auch die Anwendung der Waffensysteme verlangt dem Piloten sehr viel fliegerisches Können ab. Wer es besonders originalgetreu mag, kann die Cockpitbeschriftungen auf kyrillisch umstellen; die Sprachausgabe des Bordcomputers ist dann ebenfalls russisch. Dann empfiehlt sich ein besonders intensives Studium des 534-seitigen Handbuches. Das Handbuch erklärt übrigens nur das KA-50 Modul.

Die A-10 Warthog. Quelle: Eagle Dynamics

Wesentlich bekannter als der KA-50 dürfte die A-10 sein. Sie ist ein Erdkampfflugzeug der US-amerikanischen Streitkräfte. Simuliert wird hier die recht aktuelle „C“ Version. Völlig im Gegensatz zum KA-50, der immer für eine Überraschung (mit folgender Bruchlandung) gut ist, fliegt die A-10 extrem gutmütig und verzeiht fast alle Fehler. Man hat aber auch genug neben dem eigentlichen Flug zu tun: Das Cockpit ist hochgradig computerisiert. Hier gönnt man sich dann auch 672 Seiten Handbuch. Falls die Dicke des Handbuches ein Maß für Qualität ist, sieht das wohl ganz gut aus. Die Grundlagen werden seit diesem Modul auch sehr anschaulich von einem Fluglehrer im Cockpit erklärt. Sehr hilfreich ist, dass die Schalter in der Reihenfolge aufleuchten, in der man sie betätigen muss. Das gab es für den KA-50 noch nicht.

Die P-51D Mustang. Quelle: Eagle Dynamics

Dieses Modell ist ein Klassiker, der einem breiten Publikum von diversen Flugshows her bekannt sein dürfte. Das Modul befindet sich noch im Beta-Stadium, weswegen noch nicht so sehr viel darüber bekannt ist. Der Hersteller verspricht jedoch Einiges. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Das Programm soll in der Startsequenz tatsächlich jede Zündung in jedem einzelnen Zylinder des Motors simulieren…

 

Komplexität

Wie anhand der genannten Flugmodelle ersichtlich ist, handelt es sich hier um eine Simulation aus dem militärischen Bereich. Doch auch wenn Kampfeinsätze naturgemäß eine wichtige Rolle spielen, sind die Programme meilenweit von „Ballerspielen“ entfernt. Der Hersteller bezeichnet sie als „High Fidelity Simulations“. Das heißt, die Flugmodelle sind technisch extrem anspruchsvoll und simulieren ihr Vorbild bis in kleinste Details. So sind nahezu alle Schalter und Knöpfe, die sich in der Realität in den Cockpits befinden, auch tatsächlich „klickbar“ und mit ihren tatsächlichen Funktionen belegt. Das geht so weit, dass man sogar die Wischgeschwindigkeit des Scheibenwischers verstellen kann.

Es gibt jedoch nicht nur viele bunte Knöpfe, die man drücken kann – auch Systeme, die sonst eher rudimentär nachgebildet werden, sind hier im Detail nachkonstruiert. Als Beispiel ist hier die schematische Darstellung der Hydrauliksysteme des KA-50 zu sehen:

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Das Hydrauliksystem. Quelle: Eagle Dynamics

Um die Übersichtlichkeit zu wahren, wird hier darauf verzichtet, die Liste mit den Bezeichnungen aller Systeme aufzuführen. Alles hier abgebildete hat in der Simulation tatsächlich auch eine Funktion. Und was kompliziert ist, kann auch leicht kaputtgehen. Hier hat der Hobbypilot ausreichend Gelegenheit, sein Können zu zeigen. Es gibt spezielle Missionen, bei denen – ganz ohne Kämpfe – Ausfälle simuliert werden und man sich dann darin üben kann, den Helikopter in möglichst wenigen Teilen zurück zum Boden zu bringen. Eine Landung auf der Landebahn ist dann eher Teil der Kür.

Es gäbe noch viele weitere Beispiele, um die Komplexität der Simulation zu belegen. Etwa 15 einzelne Arbeitsschritte sind nötig, um den Hubschrauber überhaupt zu starten. Weiter unten ist ein Video zu finden, das diesen Vorgang zeigt. Jedoch werden nicht nur die Feinheiten der Technik unter der Haube der Modelle originalgetreu dargestellt. Natürlich ist die gesamte Flugphysik gleichermaßen liebevoll gestaltet. Möglich wurde das unter anderem deswegen, weil Eagle Dynamics zum Beispiel im Falle des KA-50 die original-Konstruktionspläne zur Verfügung gestellt bekam. Die Programmierfirma stammt nämlich aus Moskau und hatte sich lange Zeit auf Simulatoren für das Militär (östlich wie westlich) spezialisiert. Die DCS-Reihe (und vorher die LockOn-Reihe) scheint der kommerzielle Ableger dieser Tätigkeiten zu sein. Bei allem militärischen Hintergrund: Durch die Komplexität und Simulationstiefe dürften Simulatorfans auch ganz ohne Kampfeinsätze durchaus auf ihre Kosten kommen.

Die Startprozedur des KA-50. Quelle: Youtube/Eagle Dynamics

 

Die „Welt“ des DCS

Eagle Dynamics verfolgt mit seinen kommerziellen Simulationen eine Strategie, jedes Flugmodell als eigenes Modul auf den Markt zu bringen. Dabei kann jedes Modul für sich alleine verwendet werden, oder im Mehrspielermodus mit den anderen Modulen zusammenarbeiten. Da es hier häufig größere Updates gibt (bald soll die Wüste von Nevada als weiteres Einsatzgebiet hinzukommen) und die Sache bei steigender Modulanzahl unübersichtlich wird, lassen sich die Teile unter einem gemeinsamen Interface vereinen. Dieses Interface nennt sich „DCS World“ und verwaltet sozusagen die Simulationsmodule. Momentan ist dessen Funktion aber noch sehr rudimentär. Auto-Updater oder Online-Shops sind angeblich in Arbeit.

 

Für Taktik-Tüftler

Mit dem Modul „Combined Arms“ verfolgt der Hersteller einen für Flugsimulationen recht ungewöhnlichen Ansatz. Da es sich um eine militärische Simulation handelt, gibt es logischerweise auch computergesteuerte Mitspieler – und Gegner. Auf dem Schlachtfeld tummelt sich alles, was sich der Hobbysoldat so wünscht: Fußtruppen, Bodenfahrzeuge, Schiffe, Hubschrauber, Flugzeuge. Normalerweise werden diese vom Computer gesteuert, und vorprogrammierte Ereignisse halten die Spielwelt am Leben. Dieses „Leben“ wirkt aber mitunter sehr dröge und leider nicht unbedingt realitätsnah. Vor allem reagieren die künstlich intelligenten Einheiten oft alles andere als intelligent. Vor den ersten Patches bewegten sie sich eher wie eine Modelleisenbahn und wichen nicht einmal aus, wenn sie beschossen wurden. Das hat sich zwar gebessert, aber es gibt durchaus noch Luft nach oben. Combined Arms kann hier aber eine Lücke schließen.

Da bisher nur einem kleinen Tester-Kreis mehr als einige Vorankündigungen bekannt sind, kann man sich hier nur auf das verlassen, was die Programmierer sagen. Ihnen zufolge soll man hier in mehrere Rollen schlüpfen können. Entweder, man steuert in einer taktischen Übersichtskarte sämtliche Geschicke auf dem Spielfeld und hat sozusagen die komplette Kontrolle. Oder man geht näher an das Geschehen heran und betätigt sich als so genannter Forward Air Controller. Diese beziehen in der Realität üblicherweise knapp hinter der Front Stellung und weisen die Flugzeuge oder Hubschrauber per Funk oder Laser auf ihre Ziele ein. Schließlich soll man aber auch direkt Hand anlegen und sich ans Steuer eines Panzers setzen können. Alles wohlgemerkt innerhalb der Flugsimulation. So könnte man vielleicht versuchen, als Gegenspieler einiger menschlicher Piloten die eigene Flugabwehr in sinnvolle Positionen zu bringen und ihnen so den Tag zu verderben. Möglicherweise kann man sich dann selbst in die Fahrzeuge „hineinbeamen“, bei denen die Action gerade stattfindet.

 

Nur ein Ballerspiel?

Flugsimulator-Fans, die sich bisher eher mit dem FSX oder X-Plane beschäftigt haben, könnten sich von dem militärischen Hintergrund der DCS-Reihe eher abgeschreckt fühlen. DCS fehlt auch bislang eine jenseits des Gefechtsfeldes lebendige Umweltsimulation. Zwar sind Wettereffekte und Tageszeiten überzeugend dargestellt, aber davon abgesehen wirkt die Umgebung manchmal etwas arg statisch. Immerhin sind alle vorhandenen Flughäfen mit den korrekten Funkfeuern und Funkfrequenzen ausgestattet – dieser Teil der Avionik funktioniert ebenfalls vollständig. Trotzdem ist es nicht möglich, die ganze Welt zu umrunden und echte Flugrouten nachzufliegen, da das Einsatzgebiet räumlich begrenzt ist. Dennoch bietet die Serie gerade auf der technischen und fliegerischen Seite sehr viel, vermutlich im Detail sogar um einiges mehr als die indirekte (weil zivile) Konkurrenz. Deswegen und wegen des durchaus sehr fairen Preises der Module (30-40 USD) ist sie durchaus einen „Seitensprung“ wert.

 

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