Nusa Dua, 14. Oktober 2018 Vizekanzler Olaf Scholz wird Opfer eines «Nager-Gates». Hungrige Tiere gelangen in den in Indonesien geparkten Regierungsflieger. Er muss per Linie mit seiner Entourage von der IWF-Tagung zurückfliegen. Andere Delegationsteilnehmer lässt er zurück, was für Ärger sorgt. Hungrige Nagetiere haben in Indonesien den Regierungsflieger «Konrad Adenauer» lahmgelegt und Finanzminister Olaf Scholz zu […]

Nusa Dua, 14. Oktober 2018

Vizekanzler Olaf Scholz wird Opfer eines «Nager-Gates». Hungrige Tiere gelangen in den in Indonesien geparkten Regierungsflieger. Er muss per Linie mit seiner Entourage von der IWF-Tagung zurückfliegen. Andere Delegationsteilnehmer lässt er zurück, was für Ärger sorgt.

Hungrige Nagetiere haben in Indonesien den Regierungsflieger «Konrad Adenauer» lahmgelegt und Finanzminister Olaf Scholz zu einer kleinen Odyssee bei der Rückreise gezwungen. Scholz landete am Sonntagmorgen nach einem 22-stündigen Flug mit Umsteigen in Hongkong und Zürich in Berlin-Tegel. Er war am Mittwoch wegen der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) auf die indonesische Insel Bali gereist. Aus noch unbekannten Gründen gelangten aber Nagetiere, wohl Mäuse, in den geparkten Airbus «Konrad Adenauer» und knabberten wichtige Elektrokabel an.

Für Unverständnis sorgte, dass Vizekanzler Scholz (SPD) Hals über Kopf mit seinen Leibwächtern, zwei Staatssekretären, dem Chefsprecher und weiteren Mitgliedern der engsten Entourage abreiste und zunächst übermittelt wurde, dass über den Vorfall nicht berichtet werden solle. Scholz wollte wegen der mit Spannung erwarteten Landtagswahl in Bayern und Absprachebedarf in der SPD rechtzeitig zurück in Deutschland sein. Zurück blieben weitere Delegationsmitglieder und rund 20 mitgereiste Journalisten – ohne konkrete Informationen.

Eine Sprecherin der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums, die zuständig ist für die Regierungsflüge, sagte am Sonntag, dass der Airbus inzwischen nach Singapur gebracht werden konnte. Die Reparatur und weitere Checks würden dort fünf Tage in Anspruch nehmen – somit hängt die «Konrad Adenauer» wohl bis Donnerstag in Asien fest.

Die Mannschaft der Flugbereitschaft staunte nicht schlecht, als sie am Samstag den Flieger startklar zur Rückreise von Scholz machen wollte. Die Nagetiere hatten offensichtlich wichtige Kabel hinter den Abdeckungen angeknabbert. Der ganze Airbus muss nun auch mit Spezialstoffen von möglichen weiteren Nagern befreit werden.

Intern wurde nach der überstürzten Scholz-Abreise zerknirscht Bedauern geäußert und mitgeteilt, dass man die Lage besser hätte händeln können. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war zum Beispiel im April 2010 auf einer Rückreise aus den USA, als es aufgrund von Sperrungen im europäischen Luftraum wegen der Asche eines isländischen Vulkans zu Problemen kam. Merkel setzte sich persönlich für eine vernünftige Rückreise aller Delegationsmitglieder und Journalisten ein. Man musste in Lissabon und in Rom Station machen, Merkel blieb bis kurz vor Deutschland nah an der Delegation und den mitreisenden Journalisten, die per Bus weitertransportiert wurden. 

Um den ersten Flug nach Hongkong zu erwischen, konnte Scholz auch nicht mehr die Abschluss-Pressekonferenz mit Bundesbankpräsident Jens Weidmann bestreiten, der etwas ratlos im Medienzentrum saß und fragte, ob man den Termin abhalten wolle. So saß Weidmann schließlich allein auf dem Podium. Er betonte, dass er bei der IWF-Tagung mit rund 30 000 Teilnehmern trotz eingetrübter Konjunkturaussichten eine Aufhellung mit Blick auf einen drohenden Handelskrieg gesehen habe. So lasse die Einigung von US-Präsident Donald Trump auf ein neues Nafta-Handelsabkommen mit Mexiko und Kanada «das unkontrollierte Eskalationsszenario etwas unwahrscheinlicher erscheinen».

Weidmann sagte zum Abschluss zu den mit Scholz auf dem Hinflug mitgereisten Journalisten und den restlichen auf Bali verbliebenen Delegationsmitgliedern: «Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Buchung Ihrer Flüge.» Die Deutsche Botschaft warf anschließend vor Ort ihr ganzes Organisationstalent in die Waagschale. Wegen der vielen abreisenden Teilnehmer waren aber kaum Flüge zu ergattern, so dass die meisten noch bis Sonntag auf Bali festhingen. Bei der Mitnahme im Regierungsflieger zahlen Journalisten ihre Flüge immer selbst – die Preise orientieren sich dabei in etwa an denen der Lufthansa. 

Kurzzeitig wurde noch überlegt, auf den Rückflug des amtierenden Bundesratspräsidenten, Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), zu warten, der mit dem zweiten für solch lange Strecken geeigneten A340 der Flugbereitschaft im nahen Australien weilt. Aber dessen Rückreise war erst für Dienstag geplant. Schließlich buchte die Reisestelle des Finanzministeriums Scholz und seine Leute zügig auf den Linienflug um – und war schon auf dem Weg zum Flughafen, bevor der verbliebene Rest bei der IWF-Tagung informiert wurde.

Immerhin konnte Scholz aber ein Versprechen einlösen, hieß es aus der Delegation. Er nahm zwei THW-Mitarbeiter, die nach dem jüngsten verheerenden Erdbeben und Tsunami Stromgeneratoren nach Indonesien gebracht hatten, auf dem Linienflug mit zurück nach Deutschland. Er hatte ihnen zugesagt, sie im Regierungsflieger mit zurückzunehmen. Aber da konnte er noch nichts vom drohenden «Nager-Gate» wissen.