Vom Oldtimer in die Limousine: Bundeswehr testet A400M

07.11.2014 Später und teurer als geplant: Der A400M gilt als Symbol für die Probleme bei großen Rüstungsprojekten der Bundeswehr. Hersteller Airbus wehrt sich nun gegen das Negativ-Image – pünktlich zur Auslieferung an die Bundeswehr. Sevilla (dpa) – Die Ohrenstöpsel brauchen Bundeswehrsoldaten nicht mehr, wenn sie künftig in ihre Einsatzgebiete fliegen. Der A400M startet verhältnismäßig leise, […]
07.11.2014
Später und teurer als geplant: Der A400M gilt als Symbol für die Probleme bei großen Rüstungsprojekten der Bundeswehr. Hersteller Airbus wehrt sich nun gegen das Negativ-Image – pünktlich zur Auslieferung an die Bundeswehr.
Sevilla (dpa) – Die Ohrenstöpsel brauchen Bundeswehrsoldaten nicht mehr, wenn sie künftig in ihre Einsatzgebiete fliegen. Der A400M startet verhältnismäßig leise, aber sehr steil in den stark bewölkten Himmel über der spanischen Metropole Sevilla. Mit einer Neigung von 19 Grad hebt das künftige Transportflugzeug der Bundeswehr ab. «Das sind zwei Prozent mehr, als das, was die Transall unter besten Bedingungen kann», sagt der Airbus-Testpilot Thomas Wilhelm ein bisschen stolz.
Mit der Transall C-160 fliegt die Luftwaffe seit fast 50 Jahren. Die Maschinen sind in internationalen Einsätzen weltweit sehr gefragt, weil sie auch auf unebenem Gelände landen können – etwa mitten in der Wüste. Deswegen hat die Bundeswehr sie nach Afghanistan oder nach Mali geschickt. Aktuell sind Transall-Maschinen an der Ebola-Luftbrücke in Westafrika beteiligt.
Aber die Oldtimer der Luftwaffe sind auch anfällig für Pannen. Zuletzt fielen gleich zwei Maschinen hintereinander aus, die Militär-Ausbilder in den Irak bringen sollten. Mit dem A400M soll das nicht mehr so schnell passieren. «Das sind zwei Generationen Unterschied», sagt Wilhelm dazu bei einem Testflug mit Journalisten. Der Pilot war selbst 18 Jahre lang mit der Transall unterwegs. «Das ist wie der Unterschied zwischen einem Auto aus den 60er Jahren und einem Wagen der heutigen Zeit.»
Der A400M ist deutlich größer und leistungsfähiger als die Transall. In den Rumpf passt mehr als doppelt so viel Material, auch Hubschrauber und Panzer. 116 Passagiere können deutlich komfortabler befördert werden. Die Sitze sind zwar nicht Businessclass, aber ermöglichen anders als in der Transall eine einigermaßen natürliche Sitzposition und sind mit Kopfstütze ausgestattet. Ein zivilisatorischer Fortschritt ist außerdem die Toilettenkabine – in der Transall gab es nur eine Klappe in der Bordwand mit Vorhang.
Die Bundesregierung hat insgesamt 53 Exemplare bestellt. Das erste wird seit Ende Oktober von der Luftwaffe am Standort der Endmontage in Sevilla getestet. Ende November soll es offiziell übergeben und an den Fliegerhorst im niedersächsischen Wunstorf überführt werden.
Der A400M ist aber nicht nur ein modernes Transportflugzeug. Er ist auch ein Symbol für die Probleme bei deutschen Rüstungsprojekten. Vier Jahre ist die Auslieferung in Verzug. Der Stückpreis ist laut Verteidigungsministerium im Laufe der Jahre von 124,79 Millionen Euro auf 175,31 Millionen Euro gestiegen.
Airbus will aber nun nicht mehr als Sündenbock dastehen und versucht das Negativ-Image des A400M aufzupolieren. «Das ist alles übertrieben», sagt der Vertriebschef von Airbus Defence and Space, Christian Scherer. «Der A400M ist kein schwarzes Schaf.»
Der Airbus-Vorstandschef Thomas Enders machte seinem Ärger über das A400M-Bashing kürzlich in einem «Cicero»-Interview noch deutlicher Luft: «Wir werden uns nicht noch einmal in die Tasche lügen und von Regierungen zu Programmvereinbarungen drängen lassen, wenn die zugrundeliegenden Termine und Budgets von vornherein unrealistisch sind», sagte er. «So einen Vertrag wie beim A400M unterschreiben wir nie wieder, so viel steht fest.»
Wann der erste A400M in einen Bundeswehr-Einsatz starten wird, ist noch offen. Bei Airbus heißt es, eigentlich wäre das schon im Dezember möglich. Die Luftwaffe will sich aber etwas Zeit lassen und zunächst einmal mit dem neuen Flieger trainieren. Die französischen Luftwaffe, die im August vergangenen Jahres ihren ersten A400M erhielt, war nicht so zögerlich. Schon nach vier Monaten startete die erste Maschine nach Mali.
Michael Fischer, dpa